Bereichsbild

Arbeitsvorhaben Prof. Dr. Barbara Beßlich

Verrückte Erzähler? "Unzuverlässiges Erzählen" im medizinisch-psychologischen Kontext

 

Das Projekt verbindet erzähltheoretische Konzepte der Literaturwissenschaft mit psychologischmedizinischen Fragestellungen. Von "unzuverlässigem Erzählen" (UE) spricht man in der Narratologie, wenn die von einem ktiven Erzähler vermittelte Geschichte Widersprüche aufweist, die nicht auf Fehler des Autors zurückzuführen sind, sondern Zweifel an des Erzählers Kompetenz oder Glaubwürdigkeit wecken. Ein unzuverlässiger Erzähler erzählt innerhalb der Fiktionslogik nicht die Wahrheit; er fordert den Leser indirekt dazu auf, eine zweite Version der erzählten Geschichte zu rekonstruieren. Unzuverlässige Ich-Erzähler sind von ihren Autoren oft als Melancholiker, Heuchler, Hochstapler oder kriminelle Psychopathen konstruiert, die sich in einer Lebenskrise befinden u. erzählen, um etwas zu verschleiern oder sich zu rechtfertigen (etwa Humbert Humbert in Nabokovs "Lolita"). Diese Narrationen regulieren die Emotionen ihrer Erzähler in auffälliger Weise. Das Projekt von Prof. Barnow untersucht solche Emotionsregulationen mit einem dimensionalen Ansatz, der auch für mein Projekt relevant ist. Auch das UE erweist sich als ein graduelles Phänomen, bei dem sich nicht immer klar u. binär das Urteil (un-)zuverlässig fällen lässt. Vielmehr scheint es gewinnbringend, eine skalierende Typologie UEs zu erarbeiten, die kulturelle Kontexte berücksichtigt. In Kooperation mit dem Projekt von Prof. Holm-Hadulla soll nach der Wechselwirkung von Melancholie u. Kreativität im UE gefragt werden.

Seitenbearbeiter: Geschäftsstelle
Letzte Änderung: 23.05.2018
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