Arbeitsvorhaben Prof. Dr. Vera Nünning
Die Bedeutung von Literatur für die Ausprägung von kognitiven Fähigkeiten, Empathie und Perspektivenübernahme
Das Projekt möchte eine Brücke schlagen zwischen Literaturwissenschaft und Neurobiologie: Es geht um die Frage, inwiefern die Lektüre fiktionaler Erzählliteratur zur Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten, Empathie und Perspektivenübernahme beitragen kann. Erzählliteratur, so die grundlegende Hypothese, bietet Leser/innen die einzigartige Möglichkeit, an konkreten Situationen nachzuvollziehen, welche Faktoren Handlungen bedingen: Intentionen, Emotionen und Bewusstseinsprozesse werden einsehbar. In dem Projekt soll überprüft werden, inwiefern literarische Strategien dazu beitragen, Prozesse der Perspektivenübernahme und der Modifikation von Persönlichkeitstheorien zu initiieren. In vier Arbeitsschritten werden folgende Ziele verfolgt: Erstens soll ein literaturwissenschaftliches Modell von Erzählverfahren erarbeitet werden, die sich besonders zur Ausprägung von 'Theory of Mind' und Empathie eignen. Zweitens sollen auf Basis dieses Modells in Literatur dargestellte Verstehensprozesse analysiert werden. Drittens soll ein empirisches Testverfahren zur Überprüfung der Hypothesen entwickelt und durchgeführt werden. Viertens sollen anhand der literarischen 'case studies' Thesen zu verschiedenen Arten von Empathie und 'Theory of Mind' überprüft und ergänzt werden. Längerfristige Anwendungsperspektiven liegen u.a. im Bereich des Unterrichts: aufgrund der Ergebnisse des Projekts können Werke ermittelt werden, die besonders zur Ausprägung von 'social cognition' beitragen.