Krisengeschichte(n) :
„Krise“ als Leitbegriff und Erzählmuster in kulturwissenschaftlicher Perspektive
Interdisziplinäres Symposion im Karl Jaspers Centre Heidelberg vom 23. bis 25. Juli 2009
Krisen – sie bezeichnen das, was eigentlich undenkbar ist oder es zumindest sein soll: Krisenhafte und katastrophale Geschehnisse werden als scheinbar unvermittelt und unvorhersehbar wahrgenommen. Zugleich wird ihnen mit festen sprachlichen Mustern begegnet und in der Kommunikation ein logischer Ablauf sowie eine Zielgerichtetheit unterstellt. Es ist die Verknüpfung von situativer Offenheit und narrativer Gebundenheit, die Verbindung von Ereignis und Struktur, die den Terminus der Krise in den Kulturwissenschaften zu einem „Grundbegriff“ des wissenschaftlichen Forschens macht.
Obwohl „die Krise“ in den Geschichtswissenschaften der siebziger und achtziger Jahre schon als „ausdiskutiert“ galt, ist in jüngster Zeit wieder ein neues, starkes Interesse an diesem Thema zu greifen. Die Tagung „Krisengeschichte(n)“ fragt, inwieweit der Terminus „Krise“ in der aktuellen kulturwissenschaftlichen und transdiziplinären Forschungsdebatte als Leitbegriff taugt, wie er über konkrete, aus dem je eigenen Material entwickelte Vorstellungen hinaus „intersubjektiv“ definiert werden kann und welche Implikationen und Prämissen eine Forschungsrichtung setzt, die die „Krise“ in den Mittelpunkt ihrer Analyse- und Erklärungsraster rückt.
Das Programm der Tagung teilt sich in zwei grundlegende Blöcke: Einerseits wird ein Blick in fünf Nachbardisziplinen geworfen, in Psychologie, Ökonomie, Soziologie, Ethnologie und Literaturwissenschaft. Ihre Definitionen und Modelle von „Krise“ sind für einen kulturhistorischen Zugriff auf das Thema besonders vielversprechend. Andererseits soll an empirischen Studien aus den Geschichtswissenschaften überprüft und reflektiert werden, inwiefern der Fokus auf Krisen die wissenschaftlichen Aussagen und Ergebnisse präfiguriert und damit zu spezifischen Darstellungszielen und Werturteilen – der Verfallsgeschichte oder der Katharsis etwa – verleitet.
Veranstalter:
Dr. Carla Meyer, Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde
Prof. Dr. Katja Patzel-Mattern, Historisches Seminar
Dr. Gerrit Jasper Schenk, Cluster of Excellence „Asia and Europe in a Global Context“, Junior Research Group „Cultures of Disaster”