Bereichsbild

Dr. Andreas Büttner - Einblicke in studentische Forschung

Wie stirbt eigentlich ein Kaiser – und wo ist dies nachzulesen?

Das Mittelalter gilt trotz heftigem wissenschaftlichen Widerspruch Vielen noch immer als eher dunkle Epoche. Das Gros der Bevölkerung fristete ein Leben in bitterer Armut. Die schlechte medizinische Versorgung und die miserablen hygienischen Verhältnisse machten den Tod zum allgegenwärtigen Begleiter der Menschen. Wie fühlte es sich da an, wenn man auch noch überzeugt war, dass auf der anderen Seite schon ein jähzorniger Gott nur darauf wartete, die frisch Verstorbenen zur Läuterung ihrer sündhaften Seelen ins Fegefeuer zu stoßen? Voller Hoffnung richtete das Volk seine Augen auf die gesellschaftlichen Eliten der Zeit. Kaiser und König sollten den Weg weisen und beispielhaft einen Tod sterben, der Gott am Tag des Jüngsten Gerichts gnädig zu stimmen vermochte. So entwickelte sich bald ein fester Regelkanon eines „guten Todes“ – der als ars moriendi, als Kunst des richtigen Sterbens, Verbreitung fand.

Letztere verlangte, dass der Tod des Herrschers nicht plötzlich eintrat, damit er sich entsprechend vorbereiten konnte. So blieb Zeit für letzte Gebete und Beichten. Der Empfang der Sterbesakramente wappnete ihn für den letzten Kampf mit dem Teufel und seinen Dämonen, die nach mittelalterlicher Vorstellung noch am Sterbebett versuchten, der gläubigen Seele habhaft zu werden. Ein Herrscher empfahl sich bei entsprechender Finanzkraft zusätzlich durch Almosen und Schenkungen an Kirchen und Klöster der Gnade Gottes. Die Gottesdiener sollten im Gegenzug Fürbitte leisten und stellvertretend für den Verstorbenen Buße tun. So viel zur Theorie eines „guten Todes“ - wie verhielt es sich aber in der Realität?

Wirft man einen Blick in die mittelalterlichen Quellen, so wird vor allem eines klar: die Berichte könnten widersprüchlicher kaum sein. Dies gilt zumindest immer dann, wenn das Urteil der Nachwelt über den verblichenen Herrscher gemischt ausfällt. Besonders deutlich wird dies am Beispiel des umstrittenen Stauferkaisers Friedrich II. Während er den einen als größter unter den Fürsten galt, sahen andere in ihm den Antichristen und einen ketzerischen Kirchenfeind. Bemerkenswert ist dabei, dass sich die unterschiedlichen Werturteile auch in den Berichten zu seinem Tod wiederfinden. Unterstützer überliefern einen friedlichen – einen „guten Tod“. Die Gegner hingegen zeichnen das Bild eines Leidenden, der unter großen Qualen aus dem Leben tritt. Dies war im Mittelalter die himmlische Strafe für ein sündhaftes und lasterhaftes Leben.

Ein historischer Erkenntnisgewinn gestaltet sich angesichts des Widerspruchs in den Quellen schwierig – nicht jedoch unmöglich. Sie dürfen einfach nicht als historische Tatsachenberichte gedeutet werden. Sie protokollieren den Herrschertod nicht. Vielmehr überliefern sie uns ein Ideal herrscherlichen Sterbens – oder eben das Gegenteil. Am Ende jedenfalls blieb auch der Herrscher nur ein sündiger Mensch, der auf die Gnade Gottes und die Erlangung des Seelenheils hoffte.

 

Zurück zur Übersicht "Einblicke in studentische Forschung"

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 11.11.2015
zum Seitenanfang/up