Bereichsbild

Dr. Andreas Büttner - Einblicke in studentische Forschung

Eine Familie im Mittelalter

Was wir mit Jesus und Co. gemeinsam haben

‚Maria, Joseph und Jesus‘ – wenn wir diese Namen im ersten Moment hören, denken wir bestimmt nicht direkt an Gemeinsamkeiten mit unserer Familie. Wir leben in einer völlig anderen, von Diversität und Freiheit geprägten Welt, und das ist auch gut so. Als Familie gilt für uns nicht zwingend die Kombination ‚Mutter, Vater und Kind‘ sondern auch die unterschiedlichsten anderen Personenkonstellationen. Die Hauptsache ist doch das Gefühl, das man bei und für die Menschen empfindet, die man als seine Familie bezeichnet.

Also was hat diese Familie, die ‚heilige Familie‘, die zugegebenermaßen eine Aura von traditionellen, vielleicht auch überholten Werten umgibt mit der eigenen, modernen aber auch mit der mittelalterlichen Familie zu tun? Als ich anfing, mich mit einer Quelle aus dem Mittelalter, dem ‚Pseudo-Matthäusevangelium‘ zu beschäftigen, ging ich jedenfalls davon aus, nicht viel zu finden. Dieser Text, der sich mit bestimmten christlichen Episoden wie Geburt und Kindheit Jesu und folglich auch mit der Familie des Jesuskindes beschäftigt, wird doch wie weit verbreitet angenommen ein eher kühles, mittelalterliches Familienbild zeichnen, überspitzt gesagt, eine reine Zweckgemeinschaft, die versucht den damaligen wie auch heutigen Lesern die Lehren des Christentums näher zu bringen. Und ja, wenn man nach großen Gesten und ausdrucksstarken Emotionen sucht, wird man wohl enttäuscht. Doch was ist mit dem Jesuskind, welches trotz seiner ‚Allmächtigkeit‘ im Schoß der Mutter Schutz und Geborgenheit sucht? Sind es nicht auch in unserem Alltag die kleinen Worte oder Handlungen, die uns spüren lassen, wie jemand zu uns steht, wie familiär wir mit jemandem sind?

Am Ende verrät uns das ‚Pseudo-Matthäusevangelium‘ also, was alle Familien, durch alle Epochen und alle Länder gemeinsam haben, dass ihre Mitglieder sich – wohlgemerkt im besten Falle – gegenseitig respektieren, wertschätzen und sich Liebe entgegenbringen, sei es ausdrucksstark und laut oder eben ganz leise, wie ein Kind, das die Nähe zu seiner Mutter sucht.

(Eva Wolff)

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Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 20.11.2019
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