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Dr. Andreas Büttner - Einblicke in studentische Forschung

Lesen und Arbeiten oder Langeweile und Nichtstun?

Wie adlige Mädchen im Mittelalter zu Hofdamen wurden

Ritterburgen, Turniere und vornehme Ritter, die ihre Angebetete vor dem Drachen retten: das Mittelalter wird auch heute noch gerne in Romanen und Filmen behandelt. Zum Leidwesen vieler Historiker werden dabei aber oftmals weit verbreitete Klischees bedient, die mit der historischen Wirklichkeit wenig bis nichts gemein haben. Ein solches Klischee konnte eine Studie nun widerlegen: Untersucht wurde, inwiefern man sich die Unterweisung adliger Mädchen am Hof vorstellen kann – und die Ergebnisse widersprechen dem Volksglaube nicht unerheblich!

Gestützt auf verschiedene Quellen fanden Historiker heraus, dass junge adlige Mädchen oftmals eine sehr umfangreiche Erziehung und Ausbildung genossen, um den späteren Anforderungen an eine Hofdame gerecht zu werden. Dazu gehörte zum einen gutes Benehmen nach den höfischen Idealen, denen zufolge eine Frau zum Beispiel demütig und schweigsam sein sollte. Auf der anderen Seite standen das Gebet, Arbeit und Lernen im Mittelpunkt: Mädchen lernten nicht nur zu lesen, sondern auch das Handwerken, Singen und Tanzen.

Uns sind heute verschiedene Werke überliefert, in denen mittelalterliche Autoren ausführlich von der Erziehung adliger Mädchen berichten. Darin sind Vorschriften und Vorschläge aufgelistet, die sich direkt an die Kinder, aber auch an ihre Erzieherinnen und Erzieher richten. Gäste freundlich empfangen, Tischsitten beachten, bescheiden sein – vieles könnte auch in der heutigen Zeit noch als Ideal angesehen werden. Dass darauf und auf viele weitere Einzelheiten offenbar viel Wert gelegt wurde, zeigt, dass adlige Mädchen eben nicht zwingend ein langweiliges und von Nichtstun geprägtes Leben hatten. Schon in der Lernphase war der Tagesablauf vollgepackt und auch die spätere Hofdame hatte so einiges zu tun. Ein erfülltes Leben mit Rollen und Aufgaben war also möglich – und das auch ohne obligatorischen Helden und Drachen.

(Philipp Kungl)

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Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 28.10.2014
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