Bereichsbild

Dr. Andreas Büttner - Einblicke in studentische Forschung

Die Universität Heidelberg im Streit

Die Politik als Schlichter im Mittelalter

In der mittelalterlichen Universität Heidelberg ging es heftig zur Sache: Beleidigungen, Störungen des Unterrichts, ja sogar Verweisungen aus der Universität bestimmten den Alltag der Professoren und Studenten. Der Grund hierfür: Philosophische Grundpositionen in der Erkenntnistheorie. Was wir heute für banale Meinungsverschiedenheiten in einer pluralistischen Gesellschaft mit Meinungsfreiheit halten, brachte die Menschen damals zur Weißglut und zu Ketzereivorwürfen. Dabei ging es um die Frage nach der Bedeutung der Universalbegriffe basierend auf der Lehre des Aristoteles, will heißen: Sind Begriffe Abstraktionen von den realen Gegenständen und vermitteln reale Gemeinsamkeiten und Eigenschaften dieser realen Gegenstände oder sind sie willkürliche Bezeichnungen, die über diese realen Gegenstände praktisch nichts aussagen und zum Erkenntnisgewinn unbrauchbar sind?

Der an der Universität traditionell gelehrte neue Weg (der Nominalismus) vertrat letztere Auffassung und tat alles dagegen, den alten Weg (den Realismus, der die erste Auffassung vertrat) zuzulassen, bis hin zur Bildung von Komitees, die gegen den alten Weg vorgehen sollten. So verfuhr sich die Universität in Streitereien und kam ins Stocken, sodass Pfalzgraf Friedrich I. eingreifen musste: Durch seine Universitätsreformen von 1452 zwang er die Universität, beide Wege offiziell zuzulassen. Dem musste die Universität beipflichten; Versuche, die alten Strukturen zu behalten, wenn einige Neuerungen wie die Pflicht, dass jeder Student in ein Bücherexemplar bei der Vorlesung hineinschauen können musste, scheiterten. Der Pfalzgraf verpflichtete beide Wege zu einem friedlichen, ungestörten Nebeneinander. Dennoch stellten Geschichtswissenschaftler fest, dass der Streit zwischen beiden Wegen keineswegs beendet war, sondern Anhänger des einen Weges den Unterricht des anderen störten, dem anderen die Studenten abwarben und erworbene Leistungen im jeweils anderen Weg nicht anerkannten. Erst circa 100 Jahre später wurden beide Bursen, Wohnhäuser für die Studenten, zusammengelegt. Der Streit dauert mindestens bis 1500 an. Der Einfluss des Pfalzgrafen scheint also durchaus beschränkt gewesen zu sein: Wenn er auch stark genug war, die offizielle Erlaubnis beider Wege durchzusetzen, obwohl sich die Universität dagegen wehrte, konnte er die weiteren Streitereien nicht verhindern.

(Niamh Sulzbach)

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Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 20.11.2019
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