„Ruperto Carola 3/09“: Die geheimnisvolle Welt von Sippar
Heidelberger Forschungsmagazin mit Themen aus Keilschriftforschung, Physik und Medizin – Interdisziplinäre Forschung zum Thema „Menschenwürde am Lebensende“
Über „Texte aus einer vergangenen Welt“ berichtet das Forschungsmagazin „Ruperto Carola 3/09“: In Heidelberg erforscht Markus Hilgert die geheimnisvolle Bibliothek von Sippar. Ob diese tatsächlich eine „Tempelbibliothek“ war, ist wissenschaftlich umstritten. Unzweifelhaft aber ist, dass es sich um eine einzigartige Sammlung keilschriftlicher Manuskripte handelt. In Heidelberg erfolgt zurzeit die Erstedition des faszinierenden Hortes babylonischer Gelehrsamkeit. Erst wenn alle Manuskripte übersetzt sind, wird es möglich sein, die wahre Bedeutung des Schatzes aus einer lange vergangenen Welt zu verstehen.
Die moderne Physik beschäftigt sich mit einer ebenso großen wie grundlegenden Frage: Wie entsteht aus unbelebter Materie Leben? Betrachtet man den Grundstoff allen Lebens, das Erbmolekül Desoxyribonukleinsäure (DNS), ist es auf den ersten Blick nicht mehr als eine Ansammlung von Molekülen, die sich zu einer langen Kette zusammengeschlossen haben und in dieser Ordnung eine biologische Funktion erfüllen. Auf den zweiten Blick aber zeigt sich, dass sich die geordnete Struktur erstaunlich schnell in eine ungeordnete Struktur umwandeln kann – ohne dabei an Funktionalität zu verlieren. Die oft verblüffenden Prinzipien des Lebens zu verstehen, ist eine Herausforderung, der sich Heidelberger Physiker gemeinsam mit Biologen und Mathematikern gestellt haben. Über diese Forschungsarbeiten informiert Dieter W. Heermann.
Um „Neue Fragen am Ende des Lebens“ geht es in dem Beitrag von Michael Anderheiden. Bis heute steckt die wissenschaftliche Aufarbeitung der Lebensphase „Sterben“ in den Kinderschuhen. Die Heidelberger Forschergruppe „Menschenwürde am Lebensende“ will dies ändern. Wissenschaftler der unterschiedlichsten Fachbereiche haben sich unter dem Dach des Marsilius-Kollegs zusammengeschlossen, um das Thema in seiner gesamten wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Breite zu erfassen. Ihr Ziel ist ein Handbuch „Menschenwürdig Sterben“, dessen Anspruch nicht allein darin besteht, eine übergreifende theoretische Grundlage zu schaffen, sondern auch eine verunsicherte Öffentlichkeit über eine sich dramatisch ändernde lebensweltliche Lage aufzuklären.
Neue Kontrastmittel erlauben eine präzisere Diagnose der Multiplen Sklerose. Unter der Überschrift „Das bessere Bild“ berichtet darüber Martin Bendszus. Seit rund 15 Jahren gibt es Medikamente, mit denen das Fortschreiten der Multiplen Sklerose hinausgezögert werden kann. Dies gelingt umso besser, je früher die schwere entzündliche Erkrankung des Nervensystems erkannt wird. Ein wichtiges Instrument zur Diagnose ist die Magnetresonanztomographie, ein moderndes bildgebendes Verfahren, das die folgenschweren Veränderungen im zentralen Nervensystem sichtbar macht. Neue Kontrastmittel versprechen, die für die Multiple Sklerose charakteristischen Veränderungen noch früher und eindeutiger zu charakterisieren. Das bessere Bild ist die Voraussetzung für eine rasch einsetzende Behandlung.
Die Behandlung von Tumoren der Bauchspeicheldrüse ist schwierig, und es bedarf noch immer neuer Strategien. Eine große Studie, die sogenannte CapRi-Studie, in den vergangenen Jahren die Wirksamkeit eines neuen kombinierten Therapieverfahrens im Anschluss an die Operation geprüft. Die Ergebnisse waren so ermutigend, dass die Studie fortgesetzt wird: Die aktuelle CapRi-II-Studie untersucht, welchen Anteil einzelne Therapiekomponenten am Behandlungsergebnis haben. Das Zukunftsziel ist, die Therapie des Tumorleidens zu optimieren und die Heilungsaussichten der betroffenen Menschen entscheidend zu verbessern. Das kombinierte Verfahren zur Therapie von Tumoren der Bauchspeicheldrüse erläutern Thilo Hackert und Markus Büchler.
Ein Kurzbericht von Jörg Peltzer befasst sich unter der Überschrift „Der Brief des Kaisers“ mit „Rang und Ordnung im Spätmittelalter“. Die hierarchisch organisierten Gesellschaften des vormodernen Europa durchliefen im Spätmittelalter (1200 bis 1500) eine Phase enormer Dynamik. Dies betraf auch und gerade den Hochadel. Neue fürstliche Eliten formierten sich und strukturierten nachhaltig die politisch-sozialen Ordnungen. Diese Prozesse sind, obgleich als Phänomen erkannt, bislang nicht eingehend erforscht. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem European Research Council (ERC) geförderte Gruppe „Rang und Ordnung/ RANK“ untersucht die Formierung und Visualisierung fürstlichen Rangs im spätmittelalterlichen Europa in vergleichender und interdisziplinärer Perspektive.
Welche Rolle nehmen Personifikationen in der Bild- und Schriftkultur der Frühen Neuzeit ein? Mit dieser Frage beschäftigt sich seit dem Jahr 2008 eine der vier im Rahmen der Exzellenzinitiative neu eingerichteten Nachwuchsgruppen im „Transcultural Studies Program“ der Universität Heidelberg. Das „Prinzip Personifikation“ muss für die Frühe Neuzeit als zentrale Denkfigur gedeutet werden; ihre Konstanten und Brüche werden derzeit in fünf Teilprojekten untersucht. Sie stecken den Zeitraum vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit und die Spannweite vom europäischen Kontinent bis nach Südamerika ab. Cornelia Logemann präsentiert die Forschungsarbeiten in dem Kurzbereicht „Neues Leben für alte Bilder. Personifikationen im Wandel der Zeiten und Kulturen“.
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