Der anthropogene Beitrag zum Klimawandel ist Realität
Wissenschaftler der Universität Heidelberg erforschen seit mehr als 40 Jahren auf dem Gebiet der Umweltphysik wichtige Teile des Klimasystems. Dabei geht es insbesondere auch um die Untersuchung der Variabilität des Klimas in Vergangenheit und Gegenwart sowie die differenzierte Betrachtung von natürlichen und anthropogenen Ursachen der Veränderungen. Auf der Basis der Ergebnisse ihrer jahrzehntelangen Forschungen wenden sich die Heidelberger Physiker gegen irreführende öffentliche Debatten, in denen eine Klimaerwärmung durch CO2 und der Beitrag des Menschen zum Klimawandel durch die von ihm verursachten Treibhausgas-Emissionen bestritten wird.
Foto: O. Eisen, 2005
In einem Artikel mit zugehörigem Interview haben die Badischen Neuesten Nachrichten in der Ausgabe vom 10.08.2010 den Ansichten von Horst-Joachim Lüdecke zum Klimawandel eine öffentliche Plattform gewährt. Herr Lüdecke, in Heidelberg wohnhafter pensionierter Professor für Physik und Informatik der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und Sprecher des privaten Vereins EIKE (Europäisches Institut für Klima und Energie e.V.), hat darin die durch anthropogene (d.h. vom Menschen verursachte) Treibhausgas-Emissionen bedingte Klimaerwärmung bestritten. Dies basiert auf irreführenden, den Ergebnissen unserer jahrzehntelangen Forschung im Bereich Umwelt und Klima widersprechenden Behauptungen, wie sie leider immer wieder in den Medien auftauchen. Das Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg sieht sich verpflichtet, diese Thesen öffentlich zurückzuweisen. Wir möchten darüber hinaus betonen, dass keinerlei Verbindung zwischen Herrn Lüdecke und der Universität Heidelberg besteht.
Herr Lüdecke bietet eine altbekannte Mischung von Argumenten auf, die im Kern besagt, dass es entweder gar keine Erwärmung gebe oder falls doch, diese nichts mit CO2 zu tun habe. Mitunter wird sogar bestritten, dass die Menschheit den CO2-Anstieg in der Atmosphäre verursacht. Wir weisen solche Argumente, die weder einzeln noch in der Summe stichhaltig sind, entschieden zurück. Da sie bereits vielfach widerlegt worden sind, verzichten wir hier auf eine detaillierte Diskussion und begnügen uns mit einer kurzen Essenz unserer Forschungsresultate.
Seit mehr als 40 Jahren werden an unserem Institut wichtige Teile des Klimasystems und seiner Veränderung durch industrielle Aktivitäten und natürliche Schwankungen untersucht. Die daraus hervorgehenden wissenschaftlichen Ergebnisse werden stets internationalen Begutachtungen unterzogen und in anerkannten Fachzeitschriften veröffentlicht. Unser Beitrag zur Klimaforschung ist hauptsächlich experimenteller Natur und beruht auf direkten Messungen in verschiedenen Umweltsystemen. So können wir beispielsweise den Anstieg des CO2-Gehaltes der Atmosphäre infolge des Eintrags von Kohlenstoff aus fossilen Brennstoffen unzweifelhaft nachweisen. Unsere Forschungen zum Strahlungstransport in der Atmosphäre zeigen klar, dass CO2 und andere Treibhausgase den Strahlungshaushalt der Erde in Richtung Erwärmung verändern. Die Tatsache der globalen Erwärmung zeigt sich unter anderem deutlich an den von uns ebenfalls untersuchten Gebirgsgletschern und polaren Eiskappen. Weitere Arbeitsgruppen am Institut für Umweltphysik betreiben Forschungen zum System Ozean, welches eine bedeutende Rolle im CO2- und Wärmehaushalt spielt. Die Expertise unseres Hauses umfasst insbesondere auch die Erforschung der Klimavariabilität der Vergangenheit und Gegenwart und betrachtet dabei differenziert sowohl natürliche als auch anthropogene Ursachen der Veränderungen. Wie in der unabhängigen Forschung üblich kommt es dabei notwendig zu kontroversen fachlichen Debatten über Teilaspekte des Klimasystems, wie etwa die Rolle natürlicher Schwankungen und ihrer Ursachen. Solche auf wissenschaftlich hohem Niveau geführten Diskussionen dürfen aber nicht als Infragestellung des gesamten, längst gut gefestigten Gebäudes der Klimaforschung missdeutet werden.
Wir halten es für unannehmbar, dass die Öffentlichkeit in der Debatte um den Klimawandel und geeignete Gegenmaßnahmen immer wieder durch extreme, sachlich unhaltbare und physikalischen Gesetzmäßigkeiten widersprechende Standpunkte in die Irre geführt wird. In der Diskussion um den Klimawandel ist weder Alarmismus im Sinne von Warnungen vor einer unmittelbar bevorstehenden "Klimakatastrophe" noch Verniedlichung oder gar Negierung des Problems hilfreich. Das Institut für Umweltphysik wird deshalb weiterhin bemüht sein, auch außerhalb der Fachliteratur, durch wissenschaftlich fundierte Stellungnahmen zur Versachlichung der Debatte beizutragen.
Prof. Dr. Werner Aeschbach-Hertig,
Institut für Umweltphysik
Heidelberg, 30.08.2010