Eröffnung des Sonderforschungsbereichs „Materiale Textkulturen“
Festakt in der Alten Universität mit Wissenschaftsministerin Theresia Bauer
Foto: Philipp Rothe
Der Sonderforschungsbereich (SFB) 933 „Materiale Textkulturen“ der Universität Heidelberg ist am Freitag, 3. Februar 2012, in Anwesenheit der baden-württembergischen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer offiziell eröffnet worden. Rektor Prof. Dr. Bernhard Eitel, Rektor der Ruperto Carola, sprach zum Auftakt des Festaktes in der Aula der Alten Universität. Im Anschluss erläuterte der Sprecher des neuen SFB, Prof. Dr. Markus Hilgert vom Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients, die wissenschaftliche Arbeit des Sonderforschungsbereichs. Nach dem Grußwort der Wissenschaftsministerin hielt Prof. Dr. Hans Ulrich Gumbrecht den Festvortrag. Der Literaturwissenschaftler von der Stanford University (USA) sprach zum Thema „,Objektive Sensibilität‘. Über die epistemologischen Herausforderungen einer aristotelischen Gegenwart.“
Fotos: Philipp Rothe
Der Sonderforschungsbereich „Materiale Textkulturen. Materialität und Präsenz des Geschriebenen in non-typographischen Gesellschaften“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. An dem wissenschaftlichen Großprojekt wirken rund 80 Forscherinnen und Forscher aus mehr als 20 Disziplinen mit. Sie untersuchen schrifttragende Artefakte aus Gesellschaften, in denen keine Verfahren der massenhaften Produktion von Geschriebenem verfügbar oder verbreitet sind. Der SFB hat zum 1. Juli 2011 seine Arbeit für einen Zeitraum von zunächst vier Jahren aufgenommen. Die an dem geisteswissenschaftlichen Verbund beteiligten Wissenschaftler befassen sich zum Beispiel mit religiösen Texten auf Rezitationsrollen im Alten Ägypten, mit in Keilschrift beschriebenen Tontafeln aus Mesopotamien, mit Schriftzeichen an mittelalterlichen Bauwerken oder buddhistischen Inschriften auf Steintafeln.
Quellen dieser Art werden im Rahmen der Forschungsarbeiten vor allem auf ihre materiale Präsenz in einem bestimmten Raum- und Handlungszusammenhang hin untersucht: Wo war Geschriebenes in welcher Form vorhanden und wer hatte Zugang dazu? Wie wurde an, mit oder infolge von diesem Geschriebenen gehandelt und inwieweit waren diese Praktiken der Rezeption durch die „Materialität“ und „Präsenz“ der schrifttragenden Artefakte beeinflusst? Die auf diese Weise ermittelten „materialen Textkulturen“ liefern wichtige neue Hinweise auf Bedeutungszuschreibungen an das Geschriebene in vergangenen und gegenwärtigen „non-typographischen“ Gesellschaften.
„Der Sonderforschungsbereich 933 ist in seiner fachlichen Zusammensetzung und seiner Thematik deutschlandweit einzigartig“, sagt Sprecher Prof. Dr. Markus Hilgert. „Es handelt sich um den ersten Sonderforschungsbereich überhaupt, der aus dem Fach Assyriologie hervorgegangen ist.“ Das „übergeordnete Anliegen“ charakterisiert der Heidelberger Wissenschaftler als einen „Brückenschlag der altertumswissenschaftlichen und mediävistischen Disziplinen zur kulturwissenschaftlichen Theoriebildung“. Der SFB wird von der DFG mit rund 10,3 Millionen Euro gefördert.