Pilotprojekt: Energiesparende Lagerung biologischer Materialien
20. April 2012
Zwischenbericht bestätigt Trockenlagerung als Alternative zu Kühlschränken
In der molekularbiologischen und biomedizinischen Forschung müssen regelmäßig Materialproben biologischen Materials, beispielweise DNA oder Gewebeproben, gelagert werden. Die herkömmliche Kryolagerung, also die Aufbewahrung im tiefkalten Zustand, ist mit hohem Energieverbrauch und damit mit hohen Kosten verbunden. Seit 2010 wird an der Ruperto Carola in einem Pilotprojekt ein neuartiges Verfahren als energiesparende Alternative erprobt, indem die biologischen Proben bei Raumtemperatur gelagert werden. Eine Zwischenevaluation hat nun ergeben, dass die neue Technologie in den meisten Fällen die gleiche Qualität gewährleistet wie das bisherige Tiefkühlverfahren.
Im Rahmen des Pilotprojekts untersuchen Wissenschaftler aus den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Ralf Bartenschlager, Dr. Johannes Backs, Dr. Christian Sutter und Dr. Katrin Hinderhofer in der Medizin und der Genetik die Anwendbarkeit und die Zuverlässigkeit des neuen Verfahrens. Dabei werden unterschiedliche Materialproben zur Anwendung in verschiedenen Versuchsmethoden parallel tiefgekühlt und bei Raumtemperatur eingelagert. Monatlich werden Proben beider Lagersysteme entnommen, aufgetaut bzw. hydriert und in Experimenten eingesetzt. Es konnte nun gezeigt werden, dass die Wiederverwendbarkeit der Proben unter beiden Lagerbedingungen in nahezu gleichem Maße gewährleistet ist: Die bei einer Lagerung unvermeidlichen leichten Qualitätsverluste waren bei der Trockenlagerung fast die gleichen wie bei den eingefrorenen Präparaten. Das Projekt ist zunächst auf einen Zeitraum von zwei Jahren von August 2010 bis September 2012 ausgelegt, da diese Zeitspanne eine realistische Lagerungsdauer für Laborarbeiten darstellt. Darüber hinaus ist eine Nachverfolgungszeit bis zu fünf Jahren eingeplant, um auch Dauerproben beurteilen zu können. Der Energiebeauftragte der Ruperto Carola, Vladimir Slednev, wird die Zwischenergebnisse der Studie in Kürze mit einer Publikation innerhalb der Universität vorstellen.
Das Pilotprojekt ist hervorgegangen aus einem Ideenwettbewerb, den die Ruperto Carola im Rahmen der Energiesparkampagne „Schalt Dich ein!“ im Jahr 2009 durchgeführt hat. Ein entsprechender Vorschlag war dabei mit dem ersten Preis ausgezeichnet worden. Die Systeme zur Trockenlagerung, die eine US-amerikanische Biotechnologie-Firma anbietet, basieren auf der molekularen Stabilisierung der biologischen Proben. Der Bedarf für Neuanschaffungen zur Lagerung von Präparaten an der Universität steigt aufgrund der Wachstumsdynamik im Bereich der Lebenswissenschaften kontinuierlich. Eine Reduktion oder teilweise Ersetzung der Tiefkühlgeräte – an der Universität Heidelberg sind etwa hundert davon in Betrieb – birgt ein enormes Einsparpotenzial sowohl im Hinblick auf die Energiekosten als auch auf den CO2-Ausstoß. Der amerikanische Anbieter arbeitet derzeit daran, den Einsatzbereich der neuen Lagerungstechnologie auf ein größeres Spektrum, etwa Proteine, und größere Mengen von biologischen Proben zu erweitern. Interessierten Wissenschaftler, die sich über das Verfahren informieren oder sich dem Pilotprojekt anschließen möchten, steht der Energiebeauftragte Vladimir Slednev zur Verfügung. Ziel ist es, die Einsatzbereiche und den Bekanntheitsgrad der Trockenlagerung zu steigern, um die innovative, umweltfreundliche Technologie somit Schritt für Schritt zu etablieren.