Hochbetagte finden Erfüllung im Engagement für andere Menschen
20. März 2014
Für Hochbetagte in Deutschland ist die Sorge für und um andere Menschen ein zentrales Daseinsmerkmal, das auch maßgeblich zu ihrer Lebensqualität beiträgt. Das ist eines der Ergebnisse der „Generali Hochaltrigenstudie“, die das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg konzipiert und durchgeführt hat. Drei von vier Senioren im Alter von 85 Jahren und älter geben an, Freude und Erfüllung in tiefgehenden Begegnungen mit anderen Menschen zu finden. 44 Prozent sind davon überzeugt, dass ihre Lebenserfahrung eine Hilfe für nachfolgende Generationen bedeuten kann. „Die Überzeugung, aktiver Teil der Gesellschaft zu sein, das eigene Wissen weitergeben und somit in nachfolgenden Generationen fortleben zu können, ist für Hochaltrige existentiell“, sagt Prof. Dr. Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie.
Für die Studie wurden in einem repräsentativen Querschnitt 400 Senioren im Alter von 85 bis 99 Jahren in biografischen Interviews zu den Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftlicher Teilhabe befragt. Der zweite Teil der Befragung richtete sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kommunen, Kirchen, Vereinen, Organisationen und Verbänden. Ziel der Untersuchung sollte es nach Angaben der Initiatoren sein, das „defizitäre Altersbild der Generation 85plus zu korrigieren“.
Fast drei Viertel der befragten Hochaltrigen beschäftigen sich intensiv mit dem Schicksal nachfolgender Generationen, mehr als zwei Drittel unterstützen Nachbarn im Alltag und mehr als jeder Zweite gibt Wissen an Jüngere weiter. Auch innerhalb der Familie bringen sich die Hochbetagten ein: 85 Prozent beschäftigen sich mit dem Lebensweg jüngerer Familienmitglieder, knapp zwei Drittel unterstützen Angehörige im Alltag, fast die Hälfte hilft ihrer Familie finanziell. Thema der Studie waren auch die Rahmenbedingungen, die die gesellschaftliche Einbindung der Hochaltrigen fördern. Dazu gehören insbesondere der Wunsch nach mehr Vertrauen sowie nach motivierenden und inspirierenden Altersbildern in Politik und Medien. Wichtig erscheint auch eine ausreichende Mobilität durch eine altersfreundliche Verkehrsgestaltung.
Die Bereitschaft der Hochaltrigen, für andere da zu sein, wird von gesellschaftlichen Einrichtungen offenbar nur selten abgerufen. Mit 77 Prozent gab die große Mehrheit der Befragten an, dass bisher keine Initiativen unternommen wurden, um Hochaltrige für eine aktive Teilhabe zu gewinnen. Bei 82 Prozent ist dies auch in naher Zukunft nicht in Planung. Nach einem Fazit der Initiatoren dieser Studie herrscht in Städten und Gemeinden in Sachen Demografiefestigkeit „absoluter Nachholbedarf“. Die Gesellschaft müsse sich auf die wachsende Zahl Hochbetagter besser einstellen, Angebote der Teilhabe schaffen und sicherstellen, dass diese auch von sehr alten Menschen erreicht und genutzt werden könnten.
Die Studie wurde initiiert vom Generali Zukunftsfonds, der sich unter dem Leitbild „Der demografische Wandel – unsere gemeinsame Herausforderung“ der Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vor allem der Älteren in Deutschland widmet. Sie ergänzt die „Generali Altersstudie 2013“, die sich mit der Lebenswelt der 65- bis 85-Jährigen beschäftigt. Gefördert wurde die Untersuchung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.