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Zum Tod von Prof. Dr. Rolf Rendtorff

14. April 2014

Der Heidelberger Theologe Prof. Dr. Rolf Rendtorff, der am 1. April 2014 im Alter von 88 Jahren verstorben ist, hatte von 1963 bis 1990 den Lehrstuhl für Alttestamentliche Theologie an der Ruperto Carola inne und war 1964/1965 Dekan der Theologischen Fakultät. Er gehörte zu den bekanntesten Vertretern deutscher Bibelwissenschaften. Sein Einsatz für den christlich-jüdischen Dialog hat bleibende Spuren hinterlassen. So war er unter anderem langjähriger Vizepräsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und engagierte sich für die Gründung der Hochschule für Jüdische Studien. Von 1970 bis 1972 wirkte Prof. Rendtorff als Rektor der Universität Heidelberg. Ein Nachruf von Prof. Dr. Johannes Eurich, Dekan der Theologischen Fakultät:

Von Johannes Eurich

Rendtorff Rolf

Foto: Universitätsarchiv

Prof. Dr. Rolf Rendtorff

​In der Nacht zum 1. April 2014 ist im Alter von 88 Jahren Rolf Rendtorff verstorben. Mit ihm verliert die Theologische Fakultät der Universität Heidelberg eines ihrer weltweit renommierten Mitglieder. Sein bewegtes Leben hat er in einer Autobiographie selbst dargestellt: Kontinuität im Widerspruch. Autobiographische Reflexionen (2007).

Am 10. Mai 1925 in Preetz/Schleswig-Holstein geboren studierte Rolf Rendtorff von 1945 bis 1950 in Kiel, Göttingen und Heidelberg evangelische Theologie. Er promovierte 1950 in Heidelberg bei Gerhard von Rad. 1953 habilitierte er sich in Göttingen für Altes Testament. Er wurde 1958 Professor für Altes Testament an der Kirchlichen Hochschule Berlin, der er 1962/63 als Rektor vorstand. 1963 wurde er zum ordentlichen Professor für Alttestamentliche Theologie an die Universität Heidelberg berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1990 in zahlreichen Funktionen wirkte. Unter anderem war er in den Jahren 1964/65 Dekan der Theologischen Fakultät; vom Januar 1970 bis November 1972 war Rolf Rendtorff Rektor der Universität Heidelberg. Als liberaler „Reformrektor“ versuchte er in den bewegten Zeiten der Studentenrevolte der 1968er und der APO zwischen der eher konservativen Professorenschaft und der radikale Veränderungen einfordernden Studentenschaft zu vermitteln, trat jedoch aufgrund von inneruniversitären Spannungen zurück. Als SPD-Vertreter bewarb er sich um das Amt eines Bundestagsabgeordneten, konnte den Wahlkreis Heidelberg aber nicht erobern.

Sein herausragendes wissenschaftliches Oeuvre ist sehr umfangreich und breit gefächert. Rendtorff hat zwei Lehrbücher verfasst: eine „Einführung in das Alte Testament“ (1983, 7. Aufl. 2007) sowie eine „Theologie des Alten Testaments“ (Bd. 1 1999, Bd. 2 2001). Seine zahlreichen Aufsätze liegen in drei Sammelbänden vor: „Gesammelte Studien zum Alten Testament“ (1975), „Kanon und Theologie. Vorarbeiten zu einer Theologie des Alten Testaments“ (1991); „Der Text in seiner Endgestalt. Schritte auf dem Weg zu einer Theologie des Alten Testaments“ (2001). Die meisten seiner Veröffentlichungen liegen auch in englischer Übertragung vor, zum Teil auch in italienischer und französischer Sprache. Seine Arbeiten haben trotz ihrer Weite aber doch zwei deutliche Schwerpunkte: zum einen die Tora, die gegen die klassische Quellenscheidung im Pentateuch primär in ihrer überlieferungsgeschichtlich gewachsenen kanonischen Endgestalt gelesen wird; hierin wiederum wird der priesterlichen Theologie eine besondere Aufmerksamkeit zuteil, unter anderem den Opfervorstellungen im Buch Leviticus.

Der zweite Schwerpunkt seines Lebenswerkes war der christlich-jüdische Dialog. Unermüdlich hat sich Rendtorff für die Wiedergewinnung Israels für die christliche Theologie eingesetzt, so zum Beispiel durch sein Engagement für die Gründung einer Zeitschrift „Kirche und Israel“; durch seine Initiativen für die Einrichtung und Durchführung des Projekts „Studium in Israel“, bei dem junge Theologinnen und Theologen für ein Jahr in Jerusalem in der Landessprache Hebräisch das Judentum studieren; durch die führende Arbeit in der EKD, vor allem aber durch zahlreiche Publikationen zum Verhältnis von Juden und Christen. Auch bei der Gründung der Hochschule für jüdische Studien in Heidelberg 1979 war Rolf Rendtorff sehr maßgeblich beteiligt.

„Langsam, ganz langsam wächst auch in Deutschland unter den Christen die Erkenntnis, dass unser Verhältnis zu den Juden und zum Judentum im Laufe der Kirchengeschichte in völlig falsche Bahnen geraten ist. Immer mehr beginnen zu begreifen, dass Christentum und Judentum nicht feindselige Antipoden sind, sondern daß sie ganz eng zusammengehören. Für Christen entsteht aus diesen Einsichten die Notwendigkeit zu einer sehr tiefgreifenden Neubesinnung über die Identität des Christentums und der Kirche angesichts des lebendigen Judentums, das die Wurzel bildet, aus dem das Christentum erwachsen ist.“ Mit diesen Sätzen leitete Rolf Rendtorff seinen 1998 erschienenen Sammelband mit Studien zum christlich-jüdischen Dialog ein; sie stehen aber auch wie ein Vermächtnis über dem Lebenswerk dieses Heidelberger Gelehrten, der langjähriger Vizepräsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft war und 2002 mit der Buber-Rosenzweig-Medaille des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit ausgezeichnet wurde.

Rolf Rendtorff war ein Gelehrter von betont internationalem Format, der durch seine sehr guten Sprachkenntnisse in Israel ebenso wie in den USA zu den bekannten Vertretern deutscher Wissenschaft zählt. Er hatte Gastprofessuren in Jerusalem, Pretoria, Chicago und Rom inne. Die drei Festschriften zu seinem 50., 65. und 75. Geburtstag legen ein beredtes Zeugnis von seiner weltweiten Reputation ab. Die Theologische Fakultät wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 10.04.2014
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