Bereichsbild
Kontakt

Prof. Dr. Markus Oberthaler

Kirchhoff-Institut für Physik
Tel. +49 6221 54-5170
markus.oberthaler@kip.uni-heidelberg.de

 
Weitere Informationen
SUCHE

Neue Methode zur Untersuchung von Antimaterie

14. August 2014

Physiker weisen kleinste Ablenkungen eines Antiprotonenstrahls nach

Mit Experimenten auf dem Gebiet der Antimaterie ist es Wissenschaftlern einer internationalen Kollaboration gelungen, einen Antiprotonenstrahl in seinem Verlauf minimal abzulenken und diese Abweichung – kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares – in einer Messung zu erfassen. Dabei konnte auch bestimmt werden, wie groß die elektromagnetische Kraft war, die zu dieser sehr kleinen Ablenkung geführt hat. „Präzise Untersuchungen dieser Art stellen für die Forschung angesichts der Schwierigkeit, Antimaterie herzustellen, eine große Herausforderung dar, eröffnen aber Wege, fundamentale Fragen zu grundlegenden Symmetrien in der Natur zu klären“, erläutert der Physiker Prof. Dr. Markus Oberthaler von der Universität Heidelberg, der mit seinem Team maßgeblich an den Arbeiten am Forschungszentrum CERN in Genf beteiligt war.

Die Untersuchungen wurden im Rahmen der AEgIS-Kollaboration am CERN durchgeführt. Zum Einsatz kam hier der Antiproton Decelerator. Dieser Antiprotonen-Entschleuniger – eine Art Speicherring – hat die Aufgabe, die mit einem Teilchenbeschleuniger erzeugten Antiprotonen abzubremsen und für Experimente verfügbar zu machen. In der beobachtbaren Welt ist Antimaterie deshalb sehr kurzlebig, weil sich beim Aufeinandertreffen eines Teilchen-Antiteilchen-Paares beide gegenseitig „vernichten“. Antimaterie und Materie zerstrahlen vollständig in kleinere Teilchen und Energie. Dieser Prozess wird als Annihilation bezeichnet.

Für ihre Untersuchungen nutzten die Wissenschaftler ein Verfahren namens Moiré-Deflektometrie. Dabei wurden zwei Gitter in einen Strahl von Antiprotonen gestellt. Ihre feinen Spalten waren so angeordnet, dass nur bestimmte Teilchen diese passieren konnten, wobei es dann zu einer minimalen Richtungsabweichung der Antiprotonen kam. Nach dem Passieren der Gitter wurden die Teilchen mit einem Emulsionsdetektor erfasst. Dabei handelt es sich um eine Art fotografischen Film, der Aufnahmen der Annihilation ermöglicht – also den Moment erfasst, bei dem Antimaterie und Materie aufeinander treffen und zerstrahlt werden.

„In künftigen Experimenten könnte diese Methode benutzt werden, um die Gravitation von Antiwasserstoff zu messen – eine Kraft, die deutlich kleiner ist als die elektromagnetische Kraft, die hier erfasst wurde“, erläutert Philippe Bräunig, der als Doktorand in der Arbeitsgruppe Synthetische Quantensysteme von Markus Oberthaler an den Forschungsarbeiten mitgewirkt hat. An den interdisziplinären Untersuchungen im Rahmen der AEgIS-Kollaboration waren Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich, Italien, Norwegen, Österreich, Russland, Tschechien und der Schweiz beteiligt. Die Ergebnisse wurden in „Nature Communications“ veröffentlicht.

Originalpublikation:
S. Aghion, O. Ahlén, C. Amsler, A. Ariga, T. Ariga, A. S. Belov, K. Berggren, G. Bonomi, P. Bräunig, J. Bremer, R. S. Brusa, L. Cabaret, C. Canali, R. Caravita, F. Castelli, G. Cerchiari, S. Cialdi, D. Comparat, G. Consolati, H. Derking et al.: A moiré deflectometer for antimatter. Nature Communications 5, 4538 (published online 28 July 2014), doi:10.1038/ncomms5538

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 14.08.2014
zum Seitenanfang/up