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T. Bauer, S. Trump, N. Ishaque, L. Thürmann, L. Gu, M. Bauer, M. Bieg, Z. Gu, D. Weichenhan, J.P. Mallm, S. Röder, G. Herberth, E. Takada, O. Mücke, M. Winter, K.M. Junge, K. Grützmann, U. Rolle‐Kampczyk, Q. Wang, C. Lawerenz, M. Borte, T. Polte, M. Schlesner, M. Schanne, S. Wiemann, C. Geörg, H.G. Stunnenberg, C. Plass, K. Rippe, J. Mizuguchi, C. Herrmann, R. Eils, and I. Lehmann: Molecular Systems Biology (published online 24 March 2016), doi: 10.15252/msb.20156520

 
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Rauchen während der Schwangerschaft hinterlässt Spuren im Erbgut des Kindes

5. April 2016

Studie zeigt erstmals Veränderungen epigenetischer Verstärker-Regionen und deren Bedeutung für spätere Erkrankungen des Kindes

Aschenbecher

Foto: André Künzelmann, UFZ

Wenn Mütter während der Schwangerschaft rauchen, beeinflussen sie damit nachhaltig die epigenetische Programmierung des Erbguts ihres noch ungeborenen Kindes. Das kann zu einem erhöhten Risiko von Lungenerkrankungen führen. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig sowie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg und der Universität Heidelberg haben herausgefunden, dass diese Veränderungen nicht auf einzelne DNA-Regionen begrenzt sind. Sie konnten zum ersten Mal zeigen, dass eine Belastung durch Tabakrauch auch epigenetische Veränderungen in Verstärkern der Genregulation, sogenannten Enhancern, hervorruft, wie UFZ-Umweltimmunologin Dr. Irina Lehman erläutert. Diese deregulierten Enhancer verteilen sich über das gesamte Erbgut. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachjournal „Molecular Systems Biology“ veröffentlicht.

Die Daten zu diesen Forschungen stammen aus der epidemiologischen Studie „Lebensstil und Umweltfaktoren und deren Einfluss auf das Neugeborenen-Allergierisiko“ (LiNA). In dem Projekt gehen die Wissenschaftler der Frage nach, welche Umweltfaktoren während der Schwangerschaft einen negativen Einfluss auf die Gesundheit von Kindern haben können. Seit 2006 begleiten UFZ-Forscher in Kooperation mit dem Städtischen Klinikum St. Georg in Leipzig 622 Mütter und deren Kinder. Für ihre aktuelle Arbeit hat das Wissenschaftlerteam zwei Gruppen von Mutter-Kind-Paaren aus der LiNA-Studie betrachtet. Untersucht wurden Mütter, die während der Schwangerschaft geraucht haben, und andere, die keiner Belastung durch Tabakrauch ausgesetzt waren.

Gemeinsam mit den Genomforschern um Prof. Dr. Roland Eils, der im DKFZ und an der Universität Heidelberg tätig ist, haben die Wissenschaftler sowohl das Epigenom der Mütter als auch das der Kinder in den Blick genommen. Sie wollten herausfinden, ob sich bei den Raucher-Familien epigenetische Veränderungen nachweisen lassen, die bei Nichtraucher-Familien nicht auftreten – und welche Folgen das für die Gesundheit der Kinder haben könnte. Nachgewiesen werden konnten sie sowohl bei den rauchenden Müttern als auch im Nabelschnurblut der neugeborenen Kinder. Die Veränderungen treten also schon im Mutterleib auf und beeinflussen die Genregulation des noch ungeborenen Kindes.

Die Forscher haben festgestellt, dass durch das Rauchen besonders häufig sogenannte Enhancer-Regionen im Erbgut beeinflusst werden. Dabei handelt es sich um DNA-Abschnitte, die eines oder gleich mehrere Gene zu bestimmten Zeitpunkten aktivieren. Wenn eine Enhancer-Region von den Wirkungen des Rauchens betroffen ist, kann dies nach den Worten von Dr. Lehmann zu einer Fehlregulierung von gleich mehreren Genen führen. In ihrer Arbeit zeigen die Wissenschaftler ein Beispiel für die Folgen eines fehlregulierten Enhancers: Das sogenannte Enzym JNK2 ist an der Entstehung von Entzündungsreaktionen beteiligt. Wird nun der Enhancer beeinflusst, der JNK2 aktiviert, kann dies das Risiko für Lungenerkrankungen im späteren Leben der Kinder erhöhen.

Gleichzeitig haben die Forscher festgestellt, dass die zur Geburt im Nabelschnurblut beobachteten epigenetischen Effekte auch noch mehrere Jahre danach nachweisbar sind. Ob das langfristige Auswirkungen der Rauchbelastung vor der Geburt sind, lässt sich dabei aber nicht zweifelsfrei sagen. Dr. Lehmann verweist darauf, dass Kinder, die vor der Geburt schon mit Tabakrauch belastet sind, dies meist auch später werden. Die anhaltende Belastung durch Zigarettenrauch könnte deshalb ein Grund für die von den Forschern beobachtete Stabilität der epigenetischen Veränderungen sein.

In ihrer Analyse haben die Wissenschaftler mehr als 400 Enhancer ausgemacht, die vom Tabakrauch betroffen waren. Diese regulieren Gene, die unter anderem bei Diabetes, Fettleibigkeit oder sogar Krebs eine Rolle spielen. „Durch diese Entdeckung beginnen wir jetzt, die Mechanismen zu verstehen, die dazu führen, dass das Rauchen zu so unterschiedlichen Krankheiten führen kann“, so Prof. Eils.

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 06.04.2016
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