Der chemische Fingerabdruck von Weißwein
20. Juni 2016
Heidelberger Wissenschaftler entwickeln Testsystem zur Unterscheidung verschiedener Sorten
Foto: Shutterstock / Dasha Petrenko
Mit Hilfe eines Testsystems aus Sensorfeldern und fluoreszierenden Molekülen können unterschiedliche Weißweinsorten sicher voneinander unterschieden werden: Was bisher nur über sensorische Eigenschaften wie Geruch oder Geschmack und viel Erfahrung beim Testen der Weine möglich war, soll nun eine „chemische Zunge“ übernehmen. Wissenschaftlern der Universität Heidelberg ist es gelungen, mit einem speziell entwickelten Verfahren 13 verschiedene Sorten so in ihrer Zusammensetzung zu analysieren, dass anhand eines chemischen Fingerabdrucks eine eindeutige Sorten-Unterscheidung und zudem eine korrekte Zuordnung von insgesamt 51 verschiedenen Weinen möglich war – trotz einer nahezu unüberschaubaren Vielfalt von Inhaltsstoffen. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ veröffentlicht.
Aus Sicht der Chemie sind Weißweine eine Mischung aus verschiedenen Alkohol- und Zuckerarten, Säuren, Vitaminen, Nährstoffen und einer Fülle von sekundären Pflanzenstoffen wie Flavonoiden oder Tanninen. Für eine klassische chemische Analyse ist die Vielfalt der Inhaltsstoffe zu groß, so dass zumeist nur das Gemisch der Substanzen erfasst werden kann, die in größeren Mengen vorhanden oder einer spezifischen Methode zugänglich sind. „Weinanalysen auf chemischer Ebene zielen häufig darauf ab, unerlaubt hinzugefügte Substanzen zu identifizieren oder einzelne Inhaltsstoffe quantitativ zu bestimmen“, erläutert Prof. Dr. Uwe Bunz vom Organisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg. Seiner Arbeitsgruppe ist es nun gelungen, ein einfaches Testsystem zu entwickeln, mit dem eine objektive und zuverlässige Unterscheidung verschiedener Weinsorten möglich ist.
Die Heidelberger Wissenschaftler nutzen dazu Sensorfelder, die mit verschiedenen leuchtenden Molekülen ausgestattet werden. Zum Einsatz kommen dabei bestimmte Makromoleküle, die geladen und wasserlöslich sind. Diese Polymere mit der Bezeichnung Polyparaphenylenethinylene (PPE) leuchten, wenn sie mit Licht bestrahlt werden. Befinden sich jedoch organische Moleküle anderer Stoffe in der Nähe, hindern sie die PPEs am Leuchten, indem sie eine Anregungsenergie aufnehmen – je nach Inhaltsstoff geschieht dies unterschiedlich stark. Die Chemiker haben daher ein Sensorfeld mit vier unterschiedlichen Polyparaphenylenethinylenen sowie PPE-Komplexen ausgestattet. Jedes Element leuchtet damit auf charakteristische Art und Weise, die von der jeweiligen Zusammensetzung der Bestandteile – etwa Farbstoffe, Zucker oder Säuren – bestimmt wird.
„Wir erhalten so einen spezifischen chemischen Fingerabdruck jeder Weinsorte, der auf einem zuverlässigen Fluoreszenz-Reaktionsmuster beruht“, betont Prof. Bunz. Nach Angaben des Wissenschaftlers konnte jede der 13 getesteten Sorten anhand dieses spezifischen Fingerabdrucks bestimmt werden. Von den 52 zugeordneten Weinen wurde nur einer falsch klassifiziert, was einer Genauigkeit der Testmethode von 98 Prozent entspricht.