Siegel der Universität Heidelberg
Bild / picture

Ausgleichskonto als Schuldenbremse

11. Januar 2008

In einem FAZ-Beitrag plädiert Prof. Dr. Lars P. Feld für strengere Regeln beim Schuldenmachen – Der Heidelberger Finanzwissenschaftler berät die Föderalismuskommission II, die Mitte Januar ihre Verhandlungen fortführt

1,5 Billionen Euro betrug 2006 der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushalts in Deutschland, das waren 67,5 % des Bruttoinlandsprodukts – und jede Sekunde steigt die Staatsverschuldung um weitere 539 Euro an. Um dem Einhalt zu gebieten, unternehmen in diesen Tagen Bund und Länder erneut einen Versuch, diese Entwicklung zu bremsen. Die Föderalismuskommission II hat den Auftrag, bis zum Jahresende einen entsprechenden Vorschlag auszuarbeiten. In einem ausführlichen Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hat der Heidelberger Finanzwissenschaftler Professor Lars Feld, der als Sachverständiger der Kommission zur Seite steht, jetzt seine Vorstellungen einer Schuldenbremse formuliert. Er orientiert sich dabei unter anderem am Schweizer Modell.

Die dort 2001 beschlossene und 2003 installierte Schuldenbremse verpflichtet nämlich die Eidgenossenschaft, Einnahmen und Ausgaben über den Konjunkturzyklus hinweg im Gleichgewicht zu halten. Überschüsse und Defizite werden in einem gesondert geführten Ausgleichskonto verbucht und im Verlaufe mehrerer Jahre durch Kürzung oder Aufstockung der für Ausgaben vorgesehenen Mittel ausgeglichen. Laut Lars Feld, der eine Orientierung Deutschlands an dieser Maßnahme für sinnvoll hält, stellt ein solches Ausgleichskonto das "formale Gewissen der Haushaltspolitik" dar, da "nun nicht lediglich die Zinszahlungen zu tätigen sind, sondern auch Tilgungen über das Ausgleichskonto vorgenommen werden müssen". Damit ist diese Regelung strenger als die Konjunkturausgleichsrücklage des Stabilitätsgesetzes, die in Deutschland den Bund nicht zu einem solchen Ausgleich verpflichtet.

Laut Feld müsse ein solches Ausgleichskonto in Deutschland freilich so ausgestattet sein, "dass die Politik unterjährig keine Wohltaten verteilen kann. Neue, im Laufe eines Haushaltsjahres hinzukommende Ausgabenpositionen sollten auch strukturell neu finanziert werden". Und weiter: "Das Ausgleichskonto ist lediglich dazu da, die Fehler, die in der Einschätzung der konjunkturellen Lage bei der Haushaltsaufstellung auftreten, im Haushaltsvollzug durch eine entsprechende Buchung zuzulassen und sie haushaltsrechtlich zwingend mit den zukünftigen Haushalten zu verbinden. Das Ausgleichskonto darf sich damit keineswegs zu einem neuen Schattenhaushalt entwickeln", heißt es in dem FAZ-Beitrag.

Ausnahmen von der Regel sehen Felds Ausführungen vor, allerdings nur auf extreme Situationen wie etwa den Fall einer tiefen Rezession oder einer schweren Naturkatastrophe beschränkt. Besondere Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer solchen Schuldenschranke in Deutschland seien dadurch gegeben, dass die Bundesländer zwar das Recht haben, über ihre Ausgaben selbst zu bestimmen, nicht aber über ihre Steuereinnahmen. Das wiederum lade Politiker – mit Blick auf den Wähler – dazu ein, Schulden zu machen. Lars Feld könnte sich hier "Sanktionsmechanismen" wie den "Zwang zur Erhöhung der Steuern" vorstellen, wenn Defizite im vorgegebenen Zeitraum nicht abgebaut werden. Letztlich liege, so der Heidelberger Finanzwissenschaftler, "der Schlüssel zur Lösung der Probleme" in einer "Einführung höherer Steuerautonomie für die Länder und einer stärkeren Eigenverantwortung für ihre Kreditmarktschulden."

Prof. Dr. Lars P. Feld, Jahrgang 1966, unterrichtet Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzwissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität  Heidelberg. Zugleich ist der unter anderem an der Universität St. Gallen ausgebildete Ökonom Gastprofessor am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium und als Sachverständiger für die Föderalismuskommission II ist er am politischen Prozess in beratender Funktion beteiligt.
Oliver Fink

Rückfragen von Journalisten bitte an:
Prof. Dr. Lars P. Feld
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Alfred-Weber-Institut
Grabengasse 14
69117 Heidelberg
Tel. 6221 543100
feld@uni-hd.de

Allgemeine Rückfragen von Journalisten auch an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

Irene Thewalt
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
Seitenbearbeiter: Email
zum Seitenanfang