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Justitia lässt sich auf die Finger schauen

9. Februar 2008

Gericht und Universität Heidelberg starten ein gemeinsames Forschungsprojekt: Wie funktioniert die Justiz? – Was sollte verbessert werden?

Heidelberger Richter lassen sich ab sofort von Psychologen, Juristen und Soziologen auf die Finger schauen. Zu welchem Zeitpunkt bildet sich ein Richter seine Meinung? Welche Bedeutung haben Schöffen? Sind die schwarzen Roben noch zeitgemäß? Das sind nur einige der Fragen, mit denen sich das Forschungsprojekt "Justiz" von Landgericht und Universität Heidelberg beschäftigen wird.

Mit Spannung erwartet Landgerichtspräsident Michael Lotz die ersten Ergebnisse. Er hatte die Idee für das interdisziplinäre Projekt. Welche Lehren können die Richter aus den neuesten Erkenntnissen der Wahrnehmungsforschung ziehen? Sollten nach dem Beispiel der Handelskammern mehr Sachverständige auch auf der Richterbank Platz nehmen? Antworten auf solche Fragen könnten durchaus Auswirkungen auf die alltägliche Arbeit haben. Nicht zuletzt geht es Lotz darum, die Qualität der Rechtsprechung trotz des Personalabbaus zu erhalten oder sogar zu verbessern. Erst letztes Jahr wurden beim Landgericht zwei von 26 Richterstellen gestrichen.

Das Justizministerium unterstütze das ehrgeizige Projekt, sagt Lotz. Und auch die Universität hat ein großes Interesse an dem Forschungsvorhaben. Bei den Juristen und Soziologen sind jeweils zwei Professoren, bei den Psychologen sogar drei Professoren beteiligt. Das Gebiet bietet eine Fülle von Themen – nicht zuletzt auch für die Abschlussarbeit von Diplomanden und Doktoranden. Und selbst die Richterschaft, die sonst vor allem ihre Unabhängigkeit betont, ist begeistert. Bereits jetzt haben sich viele Kollegen von Lotz freiwillig gemeldet, um an den wissenschaftlichen Befragungen, Versuchsabläufen und rechtsvergleichenden Studien mitzuwirken.

Die beiden Professoren der juristischen Fakultät, die in das Projekt eingebunden sind, heißen Burkhard Hess und Dieter Dölling. In einer ersten Phase des auf mehrere Jahre angelegten Forschungsvorhabens geht es um das große Thema "Streiterledigung – Verhandlung, Vergleich, Entscheidung". Wie wird das Wissen von Sachverständigen in die Verhandlung eingeführt, wo gibt es hier Verbesserungsmöglichkeiten? Und inwieweit sollten Laienrichter bei der Entscheidungsfindung eingebunden werden? Das sind laut Dölling zwei wichtige Fragestellungen. In einer zweiten Phase wird es um die Organisation und die Ausstattung der Justiz gehen.

Noch befindet sich das Projekt im Anfangsstadium. Zunächst wurden die Themen festgelegt. Zuerst geht es darum, die geeigneten wissenschaftlichen Methoden zu suchen. Dölling erhofft sich von dem Projekt verfeinerte Erkenntnisse darüber, wie die Justiz in der Praxis funktioniert. Sicherlich ließen sich auch die einen oder anderen Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Dölling erklärte: "Die Justiz arbeitet sicherlich grundsätzlich gut, es gibt aber immer Optimierungsmöglichkeiten."
Holger Buchwald
© Rhein-Neckar-Zeitung

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