Asthma und Raucherlunge: Trockene Atemwege spielen eine Schlüsselrolle
1. April 2008
Wissenschaftlerteam aus Heidelberg und USA weist im Tiermodell erstmals gemeinsamen Mechanismus mit Lungenschäden bei Mukoviszidose nach
Trockene Atemwege spielen nicht nur eine zentrale Rolle bei der Entstehung der angeborenen Lungenerkrankung Mukoviszidose, sondern wahrscheinlich auch bei den viel häufigeren erworbenen, sogenannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen wie dem Asthma bronchiale und der Raucherlunge. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler am Universitätsklinikum Heidelberg unter Leitung von Privatdozent Dr. Marcus Mall vom Heidelberger Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin und Dr. Richard Boucher von der University of North Carolina, Chapel Hill. Im Tiermodell wiesen sie erstmals nach, dass eine mangelhafte Befeuchtung der Atemwegsoberflächen zu Lungenveränderungen führt, die für die chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen typisch sind.
Damit gibt es einen neuen Ansatzpunkt für die Behandlung dieser Erkrankungen, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO als weltweit vierthäufigste Todesursache geführt werden. Für ihre Behandlung steht derzeit keine kausale Therapie zur Verfügung stehen; es können lediglich Symptome wie Atemnot und Sauerstoffmangel behandelt werden. Die Ergebnisse der Studie wurden im "American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine" in der Ausgabe vom 1. April 2008 veröffentlicht.
Mukviszidose-Gen lässt die Lunge austrocknen und verdickt den Schleim
Bei der Erbkrankheit Mukosviszidose, an der in Deutschland rund 8.000 Menschen leiden, führt ein fehlerhaftes Gen dazu, dass der Salz- und Wassertransport der Schleimhäute in Lunge, Darm und anderen Organen verändert und dadurch die Zusammensetzung von Sekreten verändert ist.
Mit Hilfe eines von ihm entwickelten Mausmodells gelang es Dr. Mall, den direkten Zusammenhang zwischen fehlerhaftem Gen und Entstehung der Lungenerkrankung nachzuweisen: Bestimmte Natrium-Kanäle, die in der Oberfläche von Atemwegszellen für die Resorption von Salz und Wasser verantwortlich sind, sind "hyperaktiv". Die Zellen absorbieren zuviel Flüssigkeit und die Atemwegsoberflächen trocknen aus. Hierdurch entsteht ein "trockener", zäher Schleim, der nicht abtransportiert werden kann; die Reinigung der Lunge von inhalierten Allergenen und Schadstoffen funktioniert nicht mehr. Eine Verstopfung der Atemwege mit Schleimpfropfen und eine chronische Lungenentzündung mit schweren Störungen der Atmung sind die Folgen.
Trockene Atemwege führen zur allergischen Entzündung und chronischer Bronchitis
Das Forscherteam aus Heidelberg und den USA hat nun erstmals den spontanen Verlauf der durch die Austrocknung der Atemwegsoberflächen verursachten Lungenerkrankung im Mausmodell von Geburt bis ins Erwachsenenalter untersucht. "Wir haben dabei Veränderungen gefunden, die nicht nur für die Mukoviszidose typisch sind, sondern auch für andere chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen wie Asthma, chronische Bronchitis und Emphysem", berichtet Dr. Mall, der als Oberarzt das Heidelberger Mukoviszidose-Zentrum und gleichzeitig ein Forschungsprogramm mit Hilfe eines Marie Curie Excellence Grant der Europäischen Union leitet.
So führen zu trockene Atemwege bei jungen Mäusen zu einer allergischen Atemwegsentzündung - gekennzeichnet durch das vermehrte Auftreten spezifischer weißer Blutzellen, der eosinophilen Granulozyten - die typischerweise bei Asthma beobachtet wird, einer Erkrankung, von der in Deutschland etwa jedes zehnte Kind betroffen ist. Bei erwachsenen Mäusen entsteht allmählich eine chronische Bronchitis (mit neutrophilen Granulozyten), die mit einem Emphysem einhergeht, d.h. der Zerstörung der kleinen Lungenbläschen, die bei der Atmung für den Austausch von Sauerstoff zwischen der Atemluft und dem Blut verantwortlich sind. Diese Veränderungen sind typisch für die Raucherlunge.
Bessere Befeuchtung durch Hemmung der Natriumkanäle?
Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass zu trockene Atemwegsoberflächen eine Schlüsselrolle in der Entstehung chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen spielen könnten. Eine Therapie, so Dr. Mall, könnte deshalb an diesem Mechanismus ansetzen. Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine verbesserte Befeuchtung der Atemwege und damit der Reinigungsfunktion der Lunge, beispielsweise durch Hemmung der Natrium-Kanäle in den Atemwegszellen, eine erfolgreiche Strategie zur Behandlung chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen unterschiedlicher Ursachen darstellen könnte. Ob diese neue therapeutische Strategie erfolgreich ist, will die Heidelberger Arbeitsgruppe nun zunächst im Tiermodell überprüfen.
Literatur:
Mall MA, Harkema JR, Trojanek JB, Treis D, Livraghi A, Schubert S, Zhou Z, Kreda SM, Tilley SL, Hudson EJ, O'Neal WK, Boucher RC.: Development of chronic bronchitis and emphysema in beta-epithelial Na+ channel-overexpressing mice. Am J Respir Crit Care Med Vol 177. pp 1-13, 2008
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden.)
Ansprechpartner:
PD Dr. med. Marcus Mall
Oberarzt und Leiter Mukoviszidose-Zentrum
Leiter der Nachwuchsgruppe Zystische Fibrose/
Chronische Atemwegserkrankungen (EU)
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Im Neuenheimer Feld 153
D-69120 Heidelberg
Tel.: 06221/56 8840
Fax: 06221/56 8806
E-Mail: Marcus.Mall@med.uni-heidelberg.de
Weitere Information im Internet:
Forschergruppe PD Dr. Marcus Mall:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Forschergruppe-Zystische-Fibrose-Chronische-Atemwegserkrankungen.100620.0.html
Pressemitteilung 137/05 "Mukoviszidose: Von der Genmutation zum Lungenleiden" (21. Juli 2005):
www.idw-online.de/pages/de/news122230
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36
Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Damit gibt es einen neuen Ansatzpunkt für die Behandlung dieser Erkrankungen, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO als weltweit vierthäufigste Todesursache geführt werden. Für ihre Behandlung steht derzeit keine kausale Therapie zur Verfügung stehen; es können lediglich Symptome wie Atemnot und Sauerstoffmangel behandelt werden. Die Ergebnisse der Studie wurden im "American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine" in der Ausgabe vom 1. April 2008 veröffentlicht.
Mukviszidose-Gen lässt die Lunge austrocknen und verdickt den Schleim
Bei der Erbkrankheit Mukosviszidose, an der in Deutschland rund 8.000 Menschen leiden, führt ein fehlerhaftes Gen dazu, dass der Salz- und Wassertransport der Schleimhäute in Lunge, Darm und anderen Organen verändert und dadurch die Zusammensetzung von Sekreten verändert ist.
Mit Hilfe eines von ihm entwickelten Mausmodells gelang es Dr. Mall, den direkten Zusammenhang zwischen fehlerhaftem Gen und Entstehung der Lungenerkrankung nachzuweisen: Bestimmte Natrium-Kanäle, die in der Oberfläche von Atemwegszellen für die Resorption von Salz und Wasser verantwortlich sind, sind "hyperaktiv". Die Zellen absorbieren zuviel Flüssigkeit und die Atemwegsoberflächen trocknen aus. Hierdurch entsteht ein "trockener", zäher Schleim, der nicht abtransportiert werden kann; die Reinigung der Lunge von inhalierten Allergenen und Schadstoffen funktioniert nicht mehr. Eine Verstopfung der Atemwege mit Schleimpfropfen und eine chronische Lungenentzündung mit schweren Störungen der Atmung sind die Folgen.
Trockene Atemwege führen zur allergischen Entzündung und chronischer Bronchitis
Das Forscherteam aus Heidelberg und den USA hat nun erstmals den spontanen Verlauf der durch die Austrocknung der Atemwegsoberflächen verursachten Lungenerkrankung im Mausmodell von Geburt bis ins Erwachsenenalter untersucht. "Wir haben dabei Veränderungen gefunden, die nicht nur für die Mukoviszidose typisch sind, sondern auch für andere chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen wie Asthma, chronische Bronchitis und Emphysem", berichtet Dr. Mall, der als Oberarzt das Heidelberger Mukoviszidose-Zentrum und gleichzeitig ein Forschungsprogramm mit Hilfe eines Marie Curie Excellence Grant der Europäischen Union leitet.
So führen zu trockene Atemwege bei jungen Mäusen zu einer allergischen Atemwegsentzündung - gekennzeichnet durch das vermehrte Auftreten spezifischer weißer Blutzellen, der eosinophilen Granulozyten - die typischerweise bei Asthma beobachtet wird, einer Erkrankung, von der in Deutschland etwa jedes zehnte Kind betroffen ist. Bei erwachsenen Mäusen entsteht allmählich eine chronische Bronchitis (mit neutrophilen Granulozyten), die mit einem Emphysem einhergeht, d.h. der Zerstörung der kleinen Lungenbläschen, die bei der Atmung für den Austausch von Sauerstoff zwischen der Atemluft und dem Blut verantwortlich sind. Diese Veränderungen sind typisch für die Raucherlunge.
Bessere Befeuchtung durch Hemmung der Natriumkanäle?
Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass zu trockene Atemwegsoberflächen eine Schlüsselrolle in der Entstehung chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen spielen könnten. Eine Therapie, so Dr. Mall, könnte deshalb an diesem Mechanismus ansetzen. Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine verbesserte Befeuchtung der Atemwege und damit der Reinigungsfunktion der Lunge, beispielsweise durch Hemmung der Natrium-Kanäle in den Atemwegszellen, eine erfolgreiche Strategie zur Behandlung chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen unterschiedlicher Ursachen darstellen könnte. Ob diese neue therapeutische Strategie erfolgreich ist, will die Heidelberger Arbeitsgruppe nun zunächst im Tiermodell überprüfen.
Literatur:
Mall MA, Harkema JR, Trojanek JB, Treis D, Livraghi A, Schubert S, Zhou Z, Kreda SM, Tilley SL, Hudson EJ, O'Neal WK, Boucher RC.: Development of chronic bronchitis and emphysema in beta-epithelial Na+ channel-overexpressing mice. Am J Respir Crit Care Med Vol 177. pp 1-13, 2008
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden.)
Ansprechpartner:
PD Dr. med. Marcus Mall
Oberarzt und Leiter Mukoviszidose-Zentrum
Leiter der Nachwuchsgruppe Zystische Fibrose/
Chronische Atemwegserkrankungen (EU)
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Im Neuenheimer Feld 153
D-69120 Heidelberg
Tel.: 06221/56 8840
Fax: 06221/56 8806
E-Mail: Marcus.Mall@med.uni-heidelberg.de
Weitere Information im Internet:
Forschergruppe PD Dr. Marcus Mall:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Forschergruppe-Zystische-Fibrose-Chronische-Atemwegserkrankungen.100620.0.html
Pressemitteilung 137/05 "Mukoviszidose: Von der Genmutation zum Lungenleiden" (21. Juli 2005):
www.idw-online.de/pages/de/news122230
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36
Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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