Von Korrelationen und Kausalitäten
18. April 2008
Der mathematische Statistiker Professor Rainer Dahlhaus von der Heidelberger Ruprecht-Karls-Universität untersucht bestimmte Zusammenhänge innerhalb von Datenmengen
Statistiken, sie begegnen uns in vielen Bereichen des heutigen Lebens. Ob bei Bundestagswahlen oder Börsenkursen, und selbst aus dem täglichen Wetterbericht sind sie nicht mehr wegzudenken. Dem mathematischen Statistiker Professor Rainer Dahlhaus vom Institut für Angewandte Mathematik der Heidelberger Ruprecht-Karls-Universität geht es jedoch weniger um die einfache Auswertung der erhobenen Daten: "Mit Volkszählungen oder anderen ähnlichen Projekten habe ich nichts zu tun", hält er sogleich fest. Rainer Dahlhaus und seine Arbeitsgruppe entwickeln nämlich Methoden, um bestimmte Zusammenhänge innerhalb der Datenmengen überhaupt zu entdecken.
"Man kann nicht von einer Korrelation auf eine Kausalität schließen", nennt der Mathematikprofessor eine wichtige Voraussetzung für seine Arbeiten und hat sogleich ein passendes Beispiel zur Hand: "In ländlichen Regionen kann man bestimmt eine Korrelation zwischen der Zahl der Neugeborenen und der Anzahl der Störche in verschiedenen Dörfern finden." Die Korrelation von Störchen und Geburten bedeutet natürlich nicht, dass Störche etwas mit der Geburt zu tun haben. Vielmehr ist die Größe des Dorfes die erklärende Größe: Hat ein Dorf viele Dächer, kommen tendenziell mehr Störche. Und mit der Anzahl der Häuser steigt auch die Anzahl der Geburten. Die Anzahl der Häuser ist also für einen Statistiker die erklärende Größe im Hintergrund. Trotzdem ist sie immer noch nicht kausal: "Wie wir alle wissen, reicht es nicht ein Haus zu bauen, wenn man ein Kind haben will", erklärt der Statistiker augenzwinkernd.
"Derartige scheinbare Zusammenhänge gibt es in vielen statistischen Untersuchungen, und unsere Aufgabe ist es nun herauszufinden, was man überhaupt aus solchen Daten schließen kann", erläutert Rainer Dahlhaus seine Arbeitsweise. Dafür hat er sich auf die Untersuchung so genannter Zeitreihen spezialisiert. Hierbei wird die zeitliche Abfolge bestimmter, scheinbar zusammenhängender Ereignisse betrachtet. Wird beispielsweise ein schlechter Schlaf auf eine Depression zurückgeführt, so muss in den Zeitreihen der Beginn der Depression vor dem Beginn des schlechten Schlafes liegen. Denn die Ursache muss vor der Wirkung liegen. Ist dem nicht so, so besteht kein Zusammenhang zwischen Depression und Schlaf. Vielmehr könnte ein weiterer bisher nicht bekannter Faktor Depression und Schlafverhalten ausgelöst haben.
Um derartige Kausalitäten zu erkennen, verwendet Rainer Dahlhaus Methoden wie die so genannte Granger-Kausalität. Clive Granger erhielt 2003 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für seine Arbeiten. Bei der Granger-Kausalität geht es darum, aus mehreren Zeitreihen eine weitere vorherzusagen. Für die Zeitreihenuntersuchungen von Rainer Dahlhaus bedeutet dies, Kausalitäten zu überprüfen, indem er eine der Zeitreihen weg lässt und schaut, ob sich dann bei den anderen Zeitreihen etwas verändert. Passiert nichts mit den verbleibenden Zeitreihen, so ist keine Kausalität zwischen den Ereignissen vorhanden. Verändern sich aber die verbleibenden Zeitreihen, so besteht Kausalität. Was so einfach klingt, ist komplexe Mathematik, bei der Hochleistungsrechner zum Einsatz kommen.
Anwendung finden die Zeitreihenanalysen von Rainer Dahlhaus beispielsweise bei Erkrankungen wie der Fibromyalgie. Hier fand der Statistiker in einer gemeinsamen Studie mit dem Universitätsklinikum heraus, dass die so genannte Selbstwirksamkeit, also das Gefühl des Patienten, wie er mit seiner Erkrankung gerade umgehen kann, eine große Rolle bei der Schmerztherapie spielt. Denn oft steht die Selbstwirksamkeit am Anfang einer Kette von Reaktionen wie Schmerz oder Depression. Die bei diesen Untersuchungen verwendeten Methoden sind universell und kommen auch bei ganz anderen Anwendungen zum Einsatz – zum Beispiel in der Hirnforschung oder bei einer Analyse der Schadstoffbelastung in der Luft.
Rückfragen bitte an:
Professor Dr. Rainer Dahlhaus
Institut für Angewandte Mathematik
Im Neuenheimer Feld 294, 69120 Heidelberg
Tel. 06221 544989
dahlhaus@statlab.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
http://www.uni-heidelberg.de/presse
Irene Thewalt
Tel. 06221 542310, Fax 542317
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
"Man kann nicht von einer Korrelation auf eine Kausalität schließen", nennt der Mathematikprofessor eine wichtige Voraussetzung für seine Arbeiten und hat sogleich ein passendes Beispiel zur Hand: "In ländlichen Regionen kann man bestimmt eine Korrelation zwischen der Zahl der Neugeborenen und der Anzahl der Störche in verschiedenen Dörfern finden." Die Korrelation von Störchen und Geburten bedeutet natürlich nicht, dass Störche etwas mit der Geburt zu tun haben. Vielmehr ist die Größe des Dorfes die erklärende Größe: Hat ein Dorf viele Dächer, kommen tendenziell mehr Störche. Und mit der Anzahl der Häuser steigt auch die Anzahl der Geburten. Die Anzahl der Häuser ist also für einen Statistiker die erklärende Größe im Hintergrund. Trotzdem ist sie immer noch nicht kausal: "Wie wir alle wissen, reicht es nicht ein Haus zu bauen, wenn man ein Kind haben will", erklärt der Statistiker augenzwinkernd.
"Derartige scheinbare Zusammenhänge gibt es in vielen statistischen Untersuchungen, und unsere Aufgabe ist es nun herauszufinden, was man überhaupt aus solchen Daten schließen kann", erläutert Rainer Dahlhaus seine Arbeitsweise. Dafür hat er sich auf die Untersuchung so genannter Zeitreihen spezialisiert. Hierbei wird die zeitliche Abfolge bestimmter, scheinbar zusammenhängender Ereignisse betrachtet. Wird beispielsweise ein schlechter Schlaf auf eine Depression zurückgeführt, so muss in den Zeitreihen der Beginn der Depression vor dem Beginn des schlechten Schlafes liegen. Denn die Ursache muss vor der Wirkung liegen. Ist dem nicht so, so besteht kein Zusammenhang zwischen Depression und Schlaf. Vielmehr könnte ein weiterer bisher nicht bekannter Faktor Depression und Schlafverhalten ausgelöst haben.
Um derartige Kausalitäten zu erkennen, verwendet Rainer Dahlhaus Methoden wie die so genannte Granger-Kausalität. Clive Granger erhielt 2003 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für seine Arbeiten. Bei der Granger-Kausalität geht es darum, aus mehreren Zeitreihen eine weitere vorherzusagen. Für die Zeitreihenuntersuchungen von Rainer Dahlhaus bedeutet dies, Kausalitäten zu überprüfen, indem er eine der Zeitreihen weg lässt und schaut, ob sich dann bei den anderen Zeitreihen etwas verändert. Passiert nichts mit den verbleibenden Zeitreihen, so ist keine Kausalität zwischen den Ereignissen vorhanden. Verändern sich aber die verbleibenden Zeitreihen, so besteht Kausalität. Was so einfach klingt, ist komplexe Mathematik, bei der Hochleistungsrechner zum Einsatz kommen.
Anwendung finden die Zeitreihenanalysen von Rainer Dahlhaus beispielsweise bei Erkrankungen wie der Fibromyalgie. Hier fand der Statistiker in einer gemeinsamen Studie mit dem Universitätsklinikum heraus, dass die so genannte Selbstwirksamkeit, also das Gefühl des Patienten, wie er mit seiner Erkrankung gerade umgehen kann, eine große Rolle bei der Schmerztherapie spielt. Denn oft steht die Selbstwirksamkeit am Anfang einer Kette von Reaktionen wie Schmerz oder Depression. Die bei diesen Untersuchungen verwendeten Methoden sind universell und kommen auch bei ganz anderen Anwendungen zum Einsatz – zum Beispiel in der Hirnforschung oder bei einer Analyse der Schadstoffbelastung in der Luft.
Stefan Zeeh
Rückfragen bitte an:
Professor Dr. Rainer Dahlhaus
Institut für Angewandte Mathematik
Im Neuenheimer Feld 294, 69120 Heidelberg
Tel. 06221 544989
dahlhaus@statlab.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
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michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
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Irene Thewalt
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