Neue Leitlinien für die Behandlung von chronischem Asthma?
8. Mai 2008
Nutzen des Entzündungshemmers Montelukast als Zusatztherapie belegt – Heidelberger Wissenschaftler veröffentlichen Literaturübersicht im renommierten britischen Fachjournal "Thorax"
Jugendliche und Erwachsene, die unter leichtem bis mittelschwerem chronischen Asthma leiden, können mit einer Kombination aus dem Asthmapräparat Montelukast und inhaliertem Kortison (ICS) besser behandelt werden als mit einer Kortison-Inhalation allein. Darüber hinaus hat die Einnahme von Montelukast, das die Gewebshormone und dadurch Entzündungen blockiert, weniger schwerwiegende Nebenwirkungen als die bislang empfohlene Standardtherapie mit sogenannten langwirksamen Beta-2-Mimetika.
Zu diesen wichtigen Ergebnissen ist eine Arbeitsgruppe von Dr. Stefanie Joos von der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung der Universitätsklinik Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Joachim Szecsenyi) durch die systematische Analyse klinischer Studien mit diesen Mitteln zur Asthmatherapie gelangt. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und dient als Grundlage für die Empfehlung des Institutes an den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zur Erstattung von Medikamenten.
Asthma zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland: Rund 10 Prozent aller Kinder und 5 Prozent der Erwachsenen sind mehr oder minder betroffen. Eine herausragende Rolle bei der Auslösung der Erkrankung spielen Gewebshormone in den Atemwegen, so genannte Leukotriene, die eine Verengung der Bronchien und entzündliche Reaktionen hervorrufen. Montelukast blockiert die Wirkung der Leukotriene und hemmt ihre entzündungsfördernde Aktivität. In den meisten Ländern Europas ist es bislang das einzige zugelassene Medikament mit diesem Wirkprinzip.
Kombinationstherapie mit Montelukast verringert Asthmabeschwerden
Die Heidelberger Studie fand nun im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche heraus, dass Montelukast, zusätzlich zu inhalativen Kortikosteroiden (ICS) verabreicht, für Asthmatiker deutliche Vorteile gegenüber einer ICS-Monotherapie bringt.
Kortikosteroide sind dem körpereigenen Hormon Cortisol ähnlich und hemmen Entzündungen und Allergien. "Unter der Kombinationstherapie hatten die Patienten 20 Prozent mehr asthmafreie Tage als unter der alleinigen Therapie mit den inhalierten Kortisonsubstanzen", berichtet Dr. Stefanie Joos. Nächtliches Erwachen aufgrund Atemnot trat weniger häufig auf, und auch plötzliche Verschlimmerungen des Asthmas waren seltener. Die Lebensqualität der Asthma-Patienten war bei beiden Behandlungsvarianten allerdings vergleichbar. Bei den Nebenwirkungen waren keine relevanten Unterschiede festzustellen.
Montelukast versus Salmeterol: Neue Perspektive durch günstigeres Nebenwirkungsprofil
Eine völlig neue Perspektive in der Behandlung von chronischem Asthma ergibt die Literaturübersicht der Heidelberger Wissenschaftler in einem für den Patienten besonders wichtigen Punkt - den Nebenwirkungen: Die Arbeitsgruppe von Dr. Stefanie Joos verglich dabei Montelukast mit Salmeterol, einem langwirkenden Beta-2-Mimetikum, das in den offiziellen therapeutischen Leitlinien als Zusatztherapie der 1. Wahl empfohlen wird. Beide Präparate wurden jeweils mit inhalativen Steroiden kombiniert. Der Vergleich kommt zu einem deutlichen Ergebnis: "Montelukast weist zwar eine geringere Wirksamkeit auf, dafür sind im Langzeitverlauf schwerwiegende Nebenwirkungen seltener", resümiert Dr. Stefanie Joos.
Auffällig in einem Teil der untersuchten Daten war vor allem die erhöhte Zahl schwerwiegender Nebenwirkungen bei Patienten, die Beta-2-Mimetika eingenommen hatten. Damit, so folgern die Heidelberger Wissenschaftler, müssen die Leitlinien möglicherweise neu diskutiert werden, um zu klären, ob eine Änderung der derzeitigen Behandlungsempfehlungen erforderlich ist. Schon jetzt, stellen die Autoren fest, bietet Montelukast aufgrund des günstigeren Nebenwirkungsprofils eine Behandlungsalternative für Asthmapatienten an, deren Asthma mit ICS allein nicht ausreichend kontrolliert ist. Allerdings sind zusätzliche Studien der Versorgungsforschung notwendig, um den Einsatz von Montelukast in der Routineversorgung unter Einbeziehung von Kosten-Nutzen-Analysen längerfristig zu evaluieren.
Die Abwägung zwischen der geringeren Wirksamkeit von Montelukast und dem günstigeren Nebenwirkungsprofil im Vergleich zu den langwirksamen Beta-2-Mimetika muss der Arzt im Einzelfall gemeinsam mit seinem Patienten vornehmen.
Zusammenarbeit der Heidelberger Wissenschaftler mit dem IQWiG
Die systematische Literaturrecherche der Heidelberger Wissenschaftler entstand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln. Aufgabe des IQWiG ist es, durch das Erstellen von Empfehlungen den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) in der Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben zu unterstützen. Das Institut gibt für systematische Übersichtsarbeiten bestimmte Methoden vor, die international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin folgen.
Dabei stehen Kriterien im Vordergrund, die für Patienten von besonderer Bedeutung sind. In der Heidelberger Untersuchung richtete sich das Augenmerk unter anderem auf die Asthma-Symptome, auf Lebensqualität, Erhalt der Fähigkeit zur Teilnahme am Alltags- und Berufsleben, Vermeidung von Nebenwirkungen, Vermeidung schwerer Exazerbationen und Krankenhausaufnahme. Der in "Thorax" publizierte Artikel ist eine der ersten internationalen Veröffentlichungen, die aus einer Nutzenbewertung des IQWiG hervorgeht.
Die Recherche wurde in den einschlägigen Datenbanken Medline, Embase und Central durchgeführt. Weitere Datenquellen waren Literaturverzeichnisse relevanter Sekundärpublikationen, Studienregister, öffentlich zugängliche Zulassungsunterlagen sowie bislang unveröffentlichte Daten der Hersteller der untersuchten Medikamente. Insgesamt konnten 13 randomisierte, kontrollierte Studien ausgewertet werden. Die Ergebnisse des Artikels beziehen sich nur auf Erwachsene und Jugendliche, nicht jedoch auf Kinder – hier muss die Datenlage gesondert betrachtet werden.
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden.)
Ansprechpartnerin:
Dr. med. Stefanie Joos
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Universitätsklinikum Heidelberg
Abteilung Allgemeinmedizin u. Versorgungsforschung
Voßstrasse 2
69115 Heidelberg
Tel 06221 – 56 6263
Fax 06221 – 56 1972
E-Mail: stefanie.joos@med.uni-heidelberg.de
www.allgemeinmedizin.uni-hd.de
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 – 56 45 36
Fax: 06221 – 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Zu diesen wichtigen Ergebnissen ist eine Arbeitsgruppe von Dr. Stefanie Joos von der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung der Universitätsklinik Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Joachim Szecsenyi) durch die systematische Analyse klinischer Studien mit diesen Mitteln zur Asthmatherapie gelangt. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und dient als Grundlage für die Empfehlung des Institutes an den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zur Erstattung von Medikamenten.
Asthma zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland: Rund 10 Prozent aller Kinder und 5 Prozent der Erwachsenen sind mehr oder minder betroffen. Eine herausragende Rolle bei der Auslösung der Erkrankung spielen Gewebshormone in den Atemwegen, so genannte Leukotriene, die eine Verengung der Bronchien und entzündliche Reaktionen hervorrufen. Montelukast blockiert die Wirkung der Leukotriene und hemmt ihre entzündungsfördernde Aktivität. In den meisten Ländern Europas ist es bislang das einzige zugelassene Medikament mit diesem Wirkprinzip.
Kombinationstherapie mit Montelukast verringert Asthmabeschwerden
Die Heidelberger Studie fand nun im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche heraus, dass Montelukast, zusätzlich zu inhalativen Kortikosteroiden (ICS) verabreicht, für Asthmatiker deutliche Vorteile gegenüber einer ICS-Monotherapie bringt.
Kortikosteroide sind dem körpereigenen Hormon Cortisol ähnlich und hemmen Entzündungen und Allergien. "Unter der Kombinationstherapie hatten die Patienten 20 Prozent mehr asthmafreie Tage als unter der alleinigen Therapie mit den inhalierten Kortisonsubstanzen", berichtet Dr. Stefanie Joos. Nächtliches Erwachen aufgrund Atemnot trat weniger häufig auf, und auch plötzliche Verschlimmerungen des Asthmas waren seltener. Die Lebensqualität der Asthma-Patienten war bei beiden Behandlungsvarianten allerdings vergleichbar. Bei den Nebenwirkungen waren keine relevanten Unterschiede festzustellen.
Montelukast versus Salmeterol: Neue Perspektive durch günstigeres Nebenwirkungsprofil
Eine völlig neue Perspektive in der Behandlung von chronischem Asthma ergibt die Literaturübersicht der Heidelberger Wissenschaftler in einem für den Patienten besonders wichtigen Punkt - den Nebenwirkungen: Die Arbeitsgruppe von Dr. Stefanie Joos verglich dabei Montelukast mit Salmeterol, einem langwirkenden Beta-2-Mimetikum, das in den offiziellen therapeutischen Leitlinien als Zusatztherapie der 1. Wahl empfohlen wird. Beide Präparate wurden jeweils mit inhalativen Steroiden kombiniert. Der Vergleich kommt zu einem deutlichen Ergebnis: "Montelukast weist zwar eine geringere Wirksamkeit auf, dafür sind im Langzeitverlauf schwerwiegende Nebenwirkungen seltener", resümiert Dr. Stefanie Joos.
Auffällig in einem Teil der untersuchten Daten war vor allem die erhöhte Zahl schwerwiegender Nebenwirkungen bei Patienten, die Beta-2-Mimetika eingenommen hatten. Damit, so folgern die Heidelberger Wissenschaftler, müssen die Leitlinien möglicherweise neu diskutiert werden, um zu klären, ob eine Änderung der derzeitigen Behandlungsempfehlungen erforderlich ist. Schon jetzt, stellen die Autoren fest, bietet Montelukast aufgrund des günstigeren Nebenwirkungsprofils eine Behandlungsalternative für Asthmapatienten an, deren Asthma mit ICS allein nicht ausreichend kontrolliert ist. Allerdings sind zusätzliche Studien der Versorgungsforschung notwendig, um den Einsatz von Montelukast in der Routineversorgung unter Einbeziehung von Kosten-Nutzen-Analysen längerfristig zu evaluieren.
Die Abwägung zwischen der geringeren Wirksamkeit von Montelukast und dem günstigeren Nebenwirkungsprofil im Vergleich zu den langwirksamen Beta-2-Mimetika muss der Arzt im Einzelfall gemeinsam mit seinem Patienten vornehmen.
Zusammenarbeit der Heidelberger Wissenschaftler mit dem IQWiG
Die systematische Literaturrecherche der Heidelberger Wissenschaftler entstand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln. Aufgabe des IQWiG ist es, durch das Erstellen von Empfehlungen den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) in der Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben zu unterstützen. Das Institut gibt für systematische Übersichtsarbeiten bestimmte Methoden vor, die international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin folgen.
Dabei stehen Kriterien im Vordergrund, die für Patienten von besonderer Bedeutung sind. In der Heidelberger Untersuchung richtete sich das Augenmerk unter anderem auf die Asthma-Symptome, auf Lebensqualität, Erhalt der Fähigkeit zur Teilnahme am Alltags- und Berufsleben, Vermeidung von Nebenwirkungen, Vermeidung schwerer Exazerbationen und Krankenhausaufnahme. Der in "Thorax" publizierte Artikel ist eine der ersten internationalen Veröffentlichungen, die aus einer Nutzenbewertung des IQWiG hervorgeht.
Die Recherche wurde in den einschlägigen Datenbanken Medline, Embase und Central durchgeführt. Weitere Datenquellen waren Literaturverzeichnisse relevanter Sekundärpublikationen, Studienregister, öffentlich zugängliche Zulassungsunterlagen sowie bislang unveröffentlichte Daten der Hersteller der untersuchten Medikamente. Insgesamt konnten 13 randomisierte, kontrollierte Studien ausgewertet werden. Die Ergebnisse des Artikels beziehen sich nur auf Erwachsene und Jugendliche, nicht jedoch auf Kinder – hier muss die Datenlage gesondert betrachtet werden.
Literatur:
S Joos, A Miksch, J Szecsenyi, B Wieseler, U Grouven, T Kaiser, and A Schneider: Montelukast as add-on therapy to inhaled corticosteroids in the treatment of mild to moderate asthma: a systematic review Thorax, May 2008; 63: 453 - 462.
S Joos, A Miksch, J Szecsenyi, B Wieseler, U Grouven, T Kaiser, and A Schneider: Montelukast as add-on therapy to inhaled corticosteroids in the treatment of mild to moderate asthma: a systematic review Thorax, May 2008; 63: 453 - 462.
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden.)
Ansprechpartnerin:
Dr. med. Stefanie Joos
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Universitätsklinikum Heidelberg
Abteilung Allgemeinmedizin u. Versorgungsforschung
Voßstrasse 2
69115 Heidelberg
Tel 06221 – 56 6263
Fax 06221 – 56 1972
E-Mail: stefanie.joos@med.uni-heidelberg.de
www.allgemeinmedizin.uni-hd.de
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 – 56 45 36
Fax: 06221 – 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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