Männer-Nieren nur für Männer?
8.
Juli
2008
Neue Analyse der Heidelberger "Collaborative Transplant Study": Männer und Frauen profitieren von gleichgeschlechtlicher Transplantation – Veröffentlichung im "Lancet"
Das Geschlecht von Spender und Empfänger spielt bei der Nierentransplantation eine größere Rolle als bisher angenommen. Weibliche Spendernieren arbeiten bei Männern – mangels Masse – nicht so gut. Frauen haben ein höheres Risiko, eine männliche Spenderniere abzustoßen. Daher sollte in Zukunft das Geschlecht bei der Zuteilung von Spenderorganen mehr berücksichtigt werden, fordern Wissenschaftler aus Basel und Heidelberg.
Diese Ergebnisse beruhen auf Auswertungen der "Collaborative Transplant Study", der weltweit größten Datenbank mit Langzeitergebnissen von Organtransplantationen unter Federführung von Professor Dr. Gerhard Opelz, Ärztlicher Direktor der Abteilung Transplantationsimmunologie am Institut für Immunologie des Universitätsklinikums Heidelberg. Die Wissenschaftler Professor Dr. Alois Gratwohl, Universitätsspital Basel, und Professor Opelz haben ihre Analyse im Fachmagazin "Lancet" veröffentlicht (Bd. 372, S. 49).
Daten von fast 200.000 Nierenempfängern analysiert
Die Forscher analysierten die Daten von nahezu 200.000 Organempfängern, denen zwischen 1985 und 2004 eine neue Niere transplantiert worden war. Insgesamt war die Transplantation einer weiblichen Niere seltener erfolgreich als die einer männlichen Niere. Dies wird darauf zurückgeführt, dass Frauen-Nieren auf Grund ihrer geringeren Größe weniger Nephronen – das sind die aktiven Bestandteile der Niere, die den Urin filtern – besitzen.
Immunologische Abstoßungsprobleme traten am häufigsten auf, wenn Frauen eine männliche Spenderniere erhalten hatten: Bei ihnen war das Risiko, dass das Organ wieder abgestoßen wurde, im ersten Jahr nach der Operation um elf Prozent höher als bei anderen Spender-Empfänger-Kombinationen. Und auch zwischen zwei und zehn Jahren nach der Operation lag das Risiko einer Abstoßung noch um 10 Prozent höher als in den übrigen Gruppen.
Abstoßung vermutlich durch das Y-Geschlechts-Chromosom bedingt
"Die höhere Abstoßungsrate ist aller Wahrscheinlichkeit durch das geschlechtsspezifische Y-Chromosom der Männer begründet", erklärt Professor Opelz. Künftig sollte deshalb auch das Geschlecht berücksichtigt werden, wenn eine Entscheidung über die Vergabe eines Organs an einen Patienten getroffen wird.
Allerdings wird das höhere Risiko der Abstoßung bei Frauen durch den Mehr-Nephronen-Effekt einer männlichen Niere wieder teilweise kompensiert, so dass weibliche Empfänger männlicher Nieren im Durchschnitt nicht wesentlich schlechtere Gesamtergebnisse aufweisen.
Sollen Nieren künftig geschlechtsspezifisch vergeben werden?
Zuteilung eines Organs übernimmt für deutsche Patienten – im Austausch mit fünf weiteren europäischen Staaten – der Computer der Organvermittlungszentrale Eurotransplant. Spendernieren werden nach Kriterien (Wartezeit, Verträglichkeit etc.) vergeben, die von Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer festgelegt worden sind. Das Computerprogramm ist eine Entwicklung der Heidelberger Immunologen.
Immunfunktionen, die mit dem Y-Chromosom zusammenhängen und zur Abstoßung von Organen führen können, sollten in Zukunft genauer untersucht werden, betont Connie L. Davis, Nierenexpertin an der Universität Washington in Seattle (USA) im Editorial im "Lancet". Eine Empfehlung, nur gleichgeschlechtliche Organe zu transplantieren, sei allerdings derzeit nicht angebracht, denn langfristig sei der Erfolg auch bei unterschiedlichem Geschlecht von Spender und Empfänger gut, sagt Davis.
Kontakt:
Professor Dr. Gerhard Opelz
Ärztlicher Direktor
Abt. Transplantationsimmunologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 4013
E-Mail: gerhard.opelz@med.uni-heidelberg.de
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36
Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Diese Ergebnisse beruhen auf Auswertungen der "Collaborative Transplant Study", der weltweit größten Datenbank mit Langzeitergebnissen von Organtransplantationen unter Federführung von Professor Dr. Gerhard Opelz, Ärztlicher Direktor der Abteilung Transplantationsimmunologie am Institut für Immunologie des Universitätsklinikums Heidelberg. Die Wissenschaftler Professor Dr. Alois Gratwohl, Universitätsspital Basel, und Professor Opelz haben ihre Analyse im Fachmagazin "Lancet" veröffentlicht (Bd. 372, S. 49).
Daten von fast 200.000 Nierenempfängern analysiert
Die Forscher analysierten die Daten von nahezu 200.000 Organempfängern, denen zwischen 1985 und 2004 eine neue Niere transplantiert worden war. Insgesamt war die Transplantation einer weiblichen Niere seltener erfolgreich als die einer männlichen Niere. Dies wird darauf zurückgeführt, dass Frauen-Nieren auf Grund ihrer geringeren Größe weniger Nephronen – das sind die aktiven Bestandteile der Niere, die den Urin filtern – besitzen.
Immunologische Abstoßungsprobleme traten am häufigsten auf, wenn Frauen eine männliche Spenderniere erhalten hatten: Bei ihnen war das Risiko, dass das Organ wieder abgestoßen wurde, im ersten Jahr nach der Operation um elf Prozent höher als bei anderen Spender-Empfänger-Kombinationen. Und auch zwischen zwei und zehn Jahren nach der Operation lag das Risiko einer Abstoßung noch um 10 Prozent höher als in den übrigen Gruppen.
Abstoßung vermutlich durch das Y-Geschlechts-Chromosom bedingt
"Die höhere Abstoßungsrate ist aller Wahrscheinlichkeit durch das geschlechtsspezifische Y-Chromosom der Männer begründet", erklärt Professor Opelz. Künftig sollte deshalb auch das Geschlecht berücksichtigt werden, wenn eine Entscheidung über die Vergabe eines Organs an einen Patienten getroffen wird.
Allerdings wird das höhere Risiko der Abstoßung bei Frauen durch den Mehr-Nephronen-Effekt einer männlichen Niere wieder teilweise kompensiert, so dass weibliche Empfänger männlicher Nieren im Durchschnitt nicht wesentlich schlechtere Gesamtergebnisse aufweisen.
Sollen Nieren künftig geschlechtsspezifisch vergeben werden?
Zuteilung eines Organs übernimmt für deutsche Patienten – im Austausch mit fünf weiteren europäischen Staaten – der Computer der Organvermittlungszentrale Eurotransplant. Spendernieren werden nach Kriterien (Wartezeit, Verträglichkeit etc.) vergeben, die von Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer festgelegt worden sind. Das Computerprogramm ist eine Entwicklung der Heidelberger Immunologen.
Immunfunktionen, die mit dem Y-Chromosom zusammenhängen und zur Abstoßung von Organen führen können, sollten in Zukunft genauer untersucht werden, betont Connie L. Davis, Nierenexpertin an der Universität Washington in Seattle (USA) im Editorial im "Lancet". Eine Empfehlung, nur gleichgeschlechtliche Organe zu transplantieren, sei allerdings derzeit nicht angebracht, denn langfristig sei der Erfolg auch bei unterschiedlichem Geschlecht von Spender und Empfänger gut, sagt Davis.
Literatur:
Alois Gratwohl, Bernd Döhler, Martin Stern, Gerhard Opelz: H-Y as a minor histocompatibility antigen in kidney transplantation: a retrospective cohort study. The Lancet – Vol. 372, Issue 9632, 5 July 2008, Pages 49-53
Alois Gratwohl, Bernd Döhler, Martin Stern, Gerhard Opelz: H-Y as a minor histocompatibility antigen in kidney transplantation: a retrospective cohort study. The Lancet – Vol. 372, Issue 9632, 5 July 2008, Pages 49-53
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums
Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)
Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)
Kontakt:
Professor Dr. Gerhard Opelz
Ärztlicher Direktor
Abt. Transplantationsimmunologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 4013
E-Mail: gerhard.opelz@med.uni-heidelberg.de
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36
Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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