Universitätsgeschichte im 21. Jahrhundert
19.
Juli
2008
Marsilius-Kolleg eröffnet – Rektor Eitel: „Zentraler Baustein der Volluniversität“ – Ministerin Schavan: „Exzellenzinitiative wird weitergehen“
Bundesministerin für Bildung und Forschung Dr. Annette Schavan beim Festvortrag zur Eröffnung des Marsilius-Kollegs
Foto: Friederike Hentschel
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„Die Kraft der Universität Heidelberg ist sichtbar“, sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan beim Festakt in der Alten Aula zur offiziellen Eröffnung des Marsilius-Kollegs, das zu den Exzellenzprojekten der Ruperto Carola gehört.
Schavan unterstrich, dass die Universität gegenwärtig eine „ungewöhnlich interessante Phase“ durchlaufe, in der sie ihre Geschichte im 21. Jahrhundert weiterschreiben müsse.
Rektor Bernhard Eitel betonte die herausragende Bedeutung des Marsilius-Kollegs, das dazu beitragen solle, die Ruperto Carola „für das 21. Jahrhundert fit und attraktiv zu machen“. Die neue Einrichtung sei „ein zentraler Baustein der Volluniversität“, die in die Lage versetzt werden müsse, auf die komplexen Herausforderungen der Zukunft angemessen zu reagieren. Dafür sei es unerlässlich, dass die Forschung schon in frühen Stadien der Entwicklungen einsetze.
Nach Eitel kommt es entscheidend auf den kontinuierlichen Dialog und den Face-to-face-Kontakt an. Gemeinsam und auf der Grundlage ihrer Fachkompetenz sollen die Vertreter der verschiedenen Wissenschaftskulturen – der Natur-, Geistes- oder Sozialwissenschaften – neue interdisziplinäre Projekte angehen und zukunftsträchtige Themenfelder erschließen. So kann sich die Universität immer wieder neu orientieren.
Für diese Kundschafterfunktion eignet sich die Struktur des Marsilius-Kollegs, das von zwei Direktoren geleitet wird: von dem Soziologen Wolfgang Schluchter und dem Virologen Hans-Georg Kräusslich. Schluchter führte aus, dass jetzt Fellows aus neun Heidelberger Disziplinen am Marsilius-Kolleg tätig sind, die zuerst die Barrieren zwischen ihren Wissenschaftssphären überwinden mussten. Dennoch wollen die Forscher an den traditionellen universitären Leitideen der Einheit von Forschung und Lehre, der Einheit von Lehrenden und Lernenden und der Einheit der Wissenschaft festhalten. Gerade für die Letztere stellen Expertenkulturen die größten Hindernisse dar. Dieser Zersplitterung will das Marsilius-Kolleg eine Vielfalt in der Einheit entgegensetzen.
Für Annette Schavan bedeutet Universitätsgeschichte im 21. Jahrhundert vor allem eine fortschreitende Internationalisierung, wie sie sich etwa im Bologna-Prozess zeigt, der auf vergleichbare Wissenschaft in Europa zielt. Diese Entwicklung schlägt auch auf die politische Ebene durch, weshalb der „Dialog zwischen Wissenschaft und Politik zwingend“ notwendig ist. Der Ministerin zufolge kommt kein G8-Gipfel mehr ohne wissenschaftliche Unterfütterung – etwa in Gestalt des Weltklimaberichts – aus. Und diese „Zuspitzung ist neu“. Nun wird Forschung der verschiedensten Bereiche strukturell in die Debatten einbezogen. Besonders die Exzellenzinitiative hat viel Dynamik in die Wissenschaftslandschaft gebracht. Dieser Wandel hat auch zu wichtigen Allianzen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geführt.
Schavan begrüßte die Intention des Marsilius-Kollegs, von der Vielheit der Disziplinen zur Vielfalt der Wissenschaft zu gelangen. Demnach muss nicht an jedem Wissenschaftsstandort jedes Fach angeboten werden, aber „bei kleinen Fächern müssen wir strategisch aufpassen“. Die Politikerin betonte die Wichtigkeit dieser Fächer, die nicht voreilig abgeschafft werden sollten.
Und „die Exzellenzinitiative wird weitergehen“, kündigte Schavan an – sie soll verstetigt werden. Deshalb gilt es, auch auf internationaler Ebene gute Ideen einzubringen. Denn „Deutschland ist ein starker Partner in Europa und in der Welt“.
Schließlich krönte Günter Blobel, Medizin-Nobelpreisträger des Jahres 1999 und Forscher an der Rockefeller University New York, die Veranstaltung mit der ersten Marsilius-Vorlesung zum Thema „Die Zelle als Kunstwerk“. Allerdings schickte er seiner Festrede den handfesten Vorschlag voraus, analog zu den USA in Deutschland „eine Art Superstiftung“ zu etablieren, welche die besten Wissenschaftler an den Universitäten hält und ihre Abwanderung zu außeruniversitären Forschungseinrichtungen verhindert.
Und dann war auch die Vorlesung ein wissenschaftliches Kunstwerk aus Verständlichkeit und so noch nicht gesehenen attraktiven Fotos und Filmsequenzen aus dem Universum der Zellen, die inzwischen vier Milliarden Jahre alt sind. Ohne größere Probleme wechselte Blobel von der Totalität der Naturgeschichte zur Ganzheit der Kulturgeschichte, die es zu bewahren gilt. Zum Beispiel im Falle Dresdens, wo Blobel den Wiederaufbau der Frauenkirche mit Nachdruck förderte. Die geplante Waldschlösschenbrücke jedenfalls, eine vierspurige „Güterbahnhofbrücke“, sei in diesem gewachsenen Ambiente „unverantwortlich“. Ein Tunnel hingegen wäre mit dem Welterbetitel vereinbar.
Rückfragen bitte an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
Irene Thewalt
Tel. 06221 542310, Fax 542317
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
Schavan unterstrich, dass die Universität gegenwärtig eine „ungewöhnlich interessante Phase“ durchlaufe, in der sie ihre Geschichte im 21. Jahrhundert weiterschreiben müsse.
Rektor Bernhard Eitel betonte die herausragende Bedeutung des Marsilius-Kollegs, das dazu beitragen solle, die Ruperto Carola „für das 21. Jahrhundert fit und attraktiv zu machen“. Die neue Einrichtung sei „ein zentraler Baustein der Volluniversität“, die in die Lage versetzt werden müsse, auf die komplexen Herausforderungen der Zukunft angemessen zu reagieren. Dafür sei es unerlässlich, dass die Forschung schon in frühen Stadien der Entwicklungen einsetze.
Nach Eitel kommt es entscheidend auf den kontinuierlichen Dialog und den Face-to-face-Kontakt an. Gemeinsam und auf der Grundlage ihrer Fachkompetenz sollen die Vertreter der verschiedenen Wissenschaftskulturen – der Natur-, Geistes- oder Sozialwissenschaften – neue interdisziplinäre Projekte angehen und zukunftsträchtige Themenfelder erschließen. So kann sich die Universität immer wieder neu orientieren.
Für diese Kundschafterfunktion eignet sich die Struktur des Marsilius-Kollegs, das von zwei Direktoren geleitet wird: von dem Soziologen Wolfgang Schluchter und dem Virologen Hans-Georg Kräusslich. Schluchter führte aus, dass jetzt Fellows aus neun Heidelberger Disziplinen am Marsilius-Kolleg tätig sind, die zuerst die Barrieren zwischen ihren Wissenschaftssphären überwinden mussten. Dennoch wollen die Forscher an den traditionellen universitären Leitideen der Einheit von Forschung und Lehre, der Einheit von Lehrenden und Lernenden und der Einheit der Wissenschaft festhalten. Gerade für die Letztere stellen Expertenkulturen die größten Hindernisse dar. Dieser Zersplitterung will das Marsilius-Kolleg eine Vielfalt in der Einheit entgegensetzen.
Für Annette Schavan bedeutet Universitätsgeschichte im 21. Jahrhundert vor allem eine fortschreitende Internationalisierung, wie sie sich etwa im Bologna-Prozess zeigt, der auf vergleichbare Wissenschaft in Europa zielt. Diese Entwicklung schlägt auch auf die politische Ebene durch, weshalb der „Dialog zwischen Wissenschaft und Politik zwingend“ notwendig ist. Der Ministerin zufolge kommt kein G8-Gipfel mehr ohne wissenschaftliche Unterfütterung – etwa in Gestalt des Weltklimaberichts – aus. Und diese „Zuspitzung ist neu“. Nun wird Forschung der verschiedensten Bereiche strukturell in die Debatten einbezogen. Besonders die Exzellenzinitiative hat viel Dynamik in die Wissenschaftslandschaft gebracht. Dieser Wandel hat auch zu wichtigen Allianzen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geführt.
Schavan begrüßte die Intention des Marsilius-Kollegs, von der Vielheit der Disziplinen zur Vielfalt der Wissenschaft zu gelangen. Demnach muss nicht an jedem Wissenschaftsstandort jedes Fach angeboten werden, aber „bei kleinen Fächern müssen wir strategisch aufpassen“. Die Politikerin betonte die Wichtigkeit dieser Fächer, die nicht voreilig abgeschafft werden sollten.
Und „die Exzellenzinitiative wird weitergehen“, kündigte Schavan an – sie soll verstetigt werden. Deshalb gilt es, auch auf internationaler Ebene gute Ideen einzubringen. Denn „Deutschland ist ein starker Partner in Europa und in der Welt“.
Schließlich krönte Günter Blobel, Medizin-Nobelpreisträger des Jahres 1999 und Forscher an der Rockefeller University New York, die Veranstaltung mit der ersten Marsilius-Vorlesung zum Thema „Die Zelle als Kunstwerk“. Allerdings schickte er seiner Festrede den handfesten Vorschlag voraus, analog zu den USA in Deutschland „eine Art Superstiftung“ zu etablieren, welche die besten Wissenschaftler an den Universitäten hält und ihre Abwanderung zu außeruniversitären Forschungseinrichtungen verhindert.
Und dann war auch die Vorlesung ein wissenschaftliches Kunstwerk aus Verständlichkeit und so noch nicht gesehenen attraktiven Fotos und Filmsequenzen aus dem Universum der Zellen, die inzwischen vier Milliarden Jahre alt sind. Ohne größere Probleme wechselte Blobel von der Totalität der Naturgeschichte zur Ganzheit der Kulturgeschichte, die es zu bewahren gilt. Zum Beispiel im Falle Dresdens, wo Blobel den Wiederaufbau der Frauenkirche mit Nachdruck förderte. Die geplante Waldschlösschenbrücke jedenfalls, eine vierspurige „Güterbahnhofbrücke“, sei in diesem gewachsenen Ambiente „unverantwortlich“. Ein Tunnel hingegen wäre mit dem Welterbetitel vereinbar.
Heribert Vogt
(c) Rhein-Neckar-Zeitung
(c) Rhein-Neckar-Zeitung
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Pressesprecher der Universität Heidelberg
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