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Den eurozentrischen Blickwinkel erweitern

Neue Professur für Japanische Kunstgeschichte: Prof. Dr. Melanie Trede kommt vom New Yorker Institute of Fine Arts

Diese Professur hat Seltenheitswert, denn das dazugehörige Fach existierte bislang nicht in Deutschland: Japanische Kunstgeschichte. Mit Melanie Trede wurde nun eine junge Wissenschaftlerin auf diese neu eingerichtete Stelle berufen, die dieser Disziplin nicht nur in Heidelberg auf die Sprünge helfen soll.

 Prof. Dr. Melanie Trede

Zurück zu den Wurzeln. Prof. Dr. Melanie Trede ist eine waschechte Heidelbergerin und wirkte bereits als Assistentin am hiesigen Kunsthistorischen Seminar. Foto : Fink


Dazu bedarf es Selbstbewusstsein. Und das vermittelt Trede im Gespräch von Anfang an. Als „exotische Pflanze“ möchte sie nicht wahrgenommen werden. Ja, die Asienstudien hätten es im Moment schwer. Doch gerade in Zeiten der Globalisierung sei es doch heutzutage ein Muss, den allzu eurozentrischen Blickwinkel zu erweitern. Ostasien ist im Kommen, auf vielen Feldern. Das belegen nicht zuletzt die Manga verschlingenden Teenager. Manche von ihnen, so bestätigt Trede, würden gerade deshalb ein Studium der Japanischen Kunstgeschichte beginnen. Was bei ihr keineswegs zu kulturkritischem Stirnerunzeln führt. Der Comic sei ein erster, ein guter Zugang, dem die „Vertiefung“ natürlich in japanischer Kunstgeschichte folgen sollte. Das ist jetzt am Neckar möglich, dank der neuen Professur.

Für Melanie Trede, Jahrgang 1963, ist es eigentlich eine Rückkehr zu den Wurzeln: Sie wurde nicht nur in Heidelberg geboren, hier ist sie auch zur Schule gegangen, hat hier studiert, wurde hier promoviert und war zwischen 1996 und 1999 Assistentin in der Abteilung Ostasien des Kunsthistorischen Instituts der Ruperto Carola. Dass es auch an anderen Orten geht, hat Trede aber auch bewiesen. In Berlin beispielsweise, ihrem zweiten Studienort, lernte sie Japanisch und wechselte von dort nach Tokyo zu einem einjährigen Sprachkurs (bei dem sie übrigens ihren heutigen Mann kennen lernte). Ebenfalls in Japan widmete sie sich während eines zweijährigen Studienaufenthalts an der Gakushûin University in Tokyo ihrer Doktorarbeit über die narrative Malerei des 17. Jahrhunderts. Betreut wurde sie dort von Chino Kaori, einer Spezialistin auf diesem Gebiet, zugleich eine der wenigen Professorinnen japanischer Kunst und Pionierin der feministischen Kunstgeschichte in Japan, die leider allzu früh verstorben ist.

Melanie Tredes Forschungsspektrum ist breit, es umfasst Kunst aus den verschiedensten Epochen, ihr methodisches Besteck reicht von der Rezeptionsästhetik über Medientheorie bis hin zu Gender-Fragen. Und die Lehre? Hier kommt sie immer wieder auf den „Unterschied“ zu sprechen, der ihr in ihrem ersten Semester nach ihrer Rückkehr an den Neckar doch aufgefallen sei. Rückkehr? Ach ja. Nicht nur im Fernen Osten (von uns aus gesehen) hat Melanie Trede den wissenschaftlichen Betrieb kennen gelernt, sondern auch den an der Ostküste der USA: zuerst an der Columbia University und zuletzt als Assistant Professor am New Yorker Institute of Fine Arts, das in inneramerikanischen Rankings als das beste kunsthistorische Institut des Landes gilt. „Amerika ist nicht das Maß aller Dinge“, sagt Melanie Trede. Aber in puncto Engagement und wissenschaftlicher Kompetenz seien ihre dortigen Studenten wirklich vorbildlich gewesen. Da könne in Heidelberg durchaus noch etwas verbessert werden, auch wenn man die Situation, wie sie ergänzt, natürlich nicht vergleichen könne, zumal das Institut in New York allein Graduierten offen steht.

Apropos Lehre. Im Moment laufen die Vorbereitungen für den Bachelor-Studiengang „Ostasien“, der in diesem Wintersemester startet. Da werden sicher weitere Erfahrungen gesammelt werden. Und auch eine Ausstellung bereitet sie gerade vor. Bereits in der Vergangenheit hat Melanie Trede, etwa in Berlin, an solchen Groß-Projekten mitgewirkt, die gerade deshalb reizvoll sind, da sie wissenschaftliche Erkenntnisse einem breiten Publikum zugänglich machen. Die nun ins Auge gefasste Ausstellung soll in Deutschland zu sehen sein, ihre New Yorker Kolleginnen und Kollegen sind ebenfalls beteiligt. Mehr will sie aber noch nicht verraten. So viel Spannung muss sein.
Oliver Fink ende

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 16.10.2004
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