Nicht nur in Stanford, Harvard oder Johns Hopkins
Neubau Bioquant: Experiment trifft auf das Know-how aus Biophysik, Biochemie und Wissenschaftlichem Rechnen
Mit Bioquant bekommt die Universität Heidelberg in einem ihrer wichtigsten Forschungsbereiche, nämlich in den Lebenswissenschaften, weitere Verstärkung. Im August 2006 soll das Gebäude für das neue Forschungsnetzwerk fertig sein. Der Grundstein dafür wurde jetzt gelegt.
Blick von Südosten: Der Neubau von Bioquant wird eine Nutzfläche von 5.300 m2 haben. Abb.: Universitätsbauamt |
Ziel von Bioquant ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen auf dem Gebiet „Quantitative Analyse molekularer und zellulärer Biosysteme“ zusammenzubringen. Experimentell arbeitende Gruppen aus Biologie und Medizin werden mit dem Know-how aus Biophysik, Biochemie und Wissenschaftlichem Rechnen zusammengeführt. Dahinter steckt der Gedanke, dass man biologische Prozesse als Ergebnis der Interaktionen molekularer und zellulärer Ensembles quantitativ statt nur qualitativ analysieren muss. Bioquant hat sich die Aufgabe gestellt, Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge von Prozessen in Zellen und Zellverbänden zu klären. Dabei erhofft man sich unter anderem grundlegende Erkenntnisse für die Therapie und Prophylaxe von Krankheiten.
Prorektor Professor Jochen Tröger wies bei der Grundsteinlegung darauf hin, dass Bioquant nicht nur den Wissenschaftlern der Universität zur Verfügung stehen werde, sondern von Anbeginn an eine Arbeitsfläche für die Kooperation mit den außeruniversitären wissenschaftlichen Instituten vor Ort sein soll. Auch eine Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Region wünscht sich die Universität, wenngleich hier die steuerrechtliche Situation, wie Tröger kritisch anmerkte, einige „nicht unerhebliche Einschränkungen“ verursache.
Im Antragsverfahren befindet sich derzeit schon das Promotionskolleg Bioquant, durch die Public-Private-Partnership BIOMS konnte bereits eine wissenschaftliche Initialzündung gestartet werden, wofür Prorektor Tröger der Klaus Tschira Stiftung und der Landesregierung dankte. In BIOMS werden Modellierung und Computersimulationen zur Erforschung biologischer Systeme eingesetzt. Dank dieser Methoden können komplexe biologische Prozesse nicht mehr nur „in vivo“ (am lebenden Organismus) oder „in vitro“ (im Reagenzglas), sondern auch verstärkt „in silico“ (mit Hilfe von Computerprogrammen) erforscht werden. Die Mittel für BIOMS fließen ausschließlich in die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern.
Professor Klaus Unsicker von der Medizinischen Fakultät blickte bei der Grundsteinlegung auf vier Jahre Entstehungsgeschichte zurück: „Die Idee erinnerte mich an Diskussionen mit Konrad Beyreuther und Felix Wieland, mit Hans-Georg Kräusslich, auch mit Herrn Jäger, in der Biologischen Fakultät, im Rektorat, bei der damaligen Kanzlerin, Gräfin vom Hagen, im privaten Kreis.“ Klar war man sich auch darüber, dass ein solches Projekt „nicht nur in Stanford, Harvard oder Johns Hopkins möglich sein durfte, und dass Heidelberg ein sehr geeigneter, wenn nicht der beste Standort in Deutschland für die Realisierung dieser Gedanken sei.“ Auch über die Voraussetzungen war man sich einig: „hohe wissenschaftliche Leistungsfähigkeit mit großer internationaler Sichtbarkeit, Leitungsstrukturen mit flachen Hierarchien, unabhängige Nachwuchsgruppen, regelmäßige Evaluierungen, hohe Drittmittelaufkommen und Fächer-spezifische und -übergreifende Studienprogramme.“
Das jetzt im Neuenheimer Feld entstehende Forschungsgebäude wird eine Hauptnutzfläche von rund 5.300 m2 haben. Nördlich wird es vom Hörsaalgebäude der Chemischen Institute, östlich von den Instituten der Zoologie und der Umweltphysik begrenzt. Im Westen schließt der Gebäudekomplex der Chemischen Institute an. Den südlichen Abschluss werden die Gebäude der 2. und 3. Bauabschnitte der Physikalischen Institute bilden. Finanziert wird die Baumaßnahme unter anderem aus Mitteln der Zukunftsoffensive III des Landes, wie Finanzminister Stratthaus erläuterte.