Mehr internationale Forschung
Frankwalt Möhren als Gastprofessor an der École nationale des Chartres
Für das Wintersemester 2004/2005 erhielt der Heidelberger Professor Frankwalt Möhren einen Ruf an die École nationale des Chartes. Seit ihren Anfängen leitet er die Forschungsstelle „Dictionnaire étymologique de l’ancien français“ (DEAF) – zu deutsch: „Altfranzösisches Etymologisches Wörterbuch“ der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
Foto : Schnurr |
Der DEAF, der seit rund 30 Jahren in Deutschland erarbeitet wird, gilt als das mit weitem Abstand renommierteste etymologische Wörterbuch des Altfranzösischen. „Die etymologische Forschung stößt gerade bei unseren Nachbarn auf öffentliches Interesse. Weit stärker als in Deutschland fragt in Frankreich ein breites Publikum nach Herkunft und Bedeutung der im Alltag verwendeten Wörter. Deshalb genießt der DEAF dort auch eine solch große Aufmerksamkeit“, erläutert Möhren. Doch nicht nur für professionelle Sprachforscher oder interessierte Laien ist der DEAF von Bedeutung. Vor allem auch von Studenten wird er als Standardwörterbuch genutzt.
„Hier liegt eine der zentralen Herausforderungen für die Zukunft“, so Möhren. „Weit stärker als bisher muss die Erforschung der europäischen Textkultur als internationale Aufgabe begriffen werden. Sowohl was die Methodik der Lexikographie, als auch was die Einbeziehung moderner computergestützter Editions- und Archivierungsverfahren angeht.“ Ein Ziel seines Aufenthaltes wird es deshalb sein, den Studenten in Seminaren gewissermaßen hautnah den Stand sowie die neuesten Verfahren der Wörterbuchschreibung zu vermitteln. Zu diesem Thema wird Möhren während des Wintersemesters zwei Seminare und einen öffentlichen Vortrag an der École nationale des Chartes halten. Entscheidend sei der persönliche Kontakt zwischen dem praktisch tätigen Wissenschaftler und den Studenten. Nur wenn es gelinge, ihnen die große kulturgeschichtliche Bedeutung der Lexikographie zu vermitteln, könne man auch künftig die besten Nachwuchswissenschaftler für dieses Fachgebiet begeistern. Aber auch die weitere Quellenforschung vor Ort für den DEAF wird viel Zeit seines Aufenthaltes an der École und der Sorbonne in Anspruch nehmen, so der Heidelberger Wissenschaftler.
Möhren begrüßt ausdrücklich die gute Kooperation zwischen dem DEAF und der École nationale des Chartes. Sie ist eine der sogenannten Grandes Écoles, eine Hochschule für Archivistik und Philologie. Ihre Ansolventen sind Paläographen, Archivare, Bibliothekare und Museumsfachleute. Die jeweils eingeladenen Gastprofessoren werden in den Lehrkörper aufgenommen. Offenheit gilt überdies geradezu als das Markenzeichen: Jeder Raum in der École gehört zur Bibliothek – und deshalb gibt es in ihr auch für die Professoren keine separaten Büros. Fast alle führenden Köpfe der französischen Philologie der letzten Jahrhunderte haben an der École gelehrt.