Eiskalte Atome
Noch ein Nobelpreisträger zu Gast am Neckar
Der Nobelpreisträger Professor Wolfgang Ketterle mag es gerne kalt. Immerhin hält er den Weltrekord für die niedrigste jemals in einem Labor erzeugte Temperatur. Diese ist nur noch ein halbes Nanograd (0,0000000005 Grad) von der absoluten Tiefsttemperatur von Minus 273,15 Grad Celsius entfernt. Nun weilte der gebürtige Heidelberger zu Besuch an seiner ehemaligen Wirkungsstätte.
Wolfgang Ketterle in Heidelberg. |
Für seine Forschungen benötigt Wolfgang Ketterle unbedingt diese Kälte. Denn nur unter diesen Bedingungen ist es beispielsweise möglich, Materie in einen besonderen Zustand zu bringen, das so genannte Bose-Einstein Kondensat. Hierbei verhalten sich die Atome wie ein riesiges Superatom. Dieser Materie-Zustand wurde 1925 von dem indischen Physiker Satyendra Bose und Albert Einstein vorhergesagt. 1995 gelang es erstmals das Bose-Einstein Kondensat zu erzeugen und dafür bekamen die Physiker Carl Wieman, Eric Cornell und eben Wolfgang Ketterle 2001 den Physik-Nobelpreis.
Der gebürtige Heidelberger Ketterle war nun anlässlich des 65. Geburtstages von Professor Dr. Jürgen Wolfrum vom Physikalisch-Chemischen Institut an seine ehemalige Wirkungsstätte zurückgekehrt, wo er bis 1990 als Post-Doktorand tätig war. Von dort zog es ihn in die USA und zwar nach Boston an das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT). Damit folgte er, wie Ketterle sich ausdrückt, der guten deutschen Wissenschaftler-Tradition, im Ausland Erfahrungen zu sammeln. Gleichzeitig bot sich damit für ihn die Möglichkeit, auf einem ganz neuen Forschungsgebiet tätig zu werden, nämlich der Tieftemperaturphysik.
Die Arbeitsatmosphäre in den amerikanischen Instituten mit vielen Topleuten empfindet Ketterle als besonders stimulierend und wählt dabei den Vergleich zu Hochleistungssportlern: Ein hervorragender 100-Meter-Läufer wird seine Leistung dann ganz besonders steigern können, wenn er mit anderen Spitzensprintern trainiert. Das amerikanische System mit Spitzenuniversitäten hält der Nobelpreisträger für sehr gut. Auch wenn, seiner Ansicht nach, der durchschnittliche Ausbildungsstand der Studenten aller amerikanischen Universitäten unter dem der Deutschen liegen dürfte. So sind, seiner Meinung nach, deutsche Absolventen, die ins Ausland gehen, sehr gut ausgebildet und brauchen sich nicht zu verstecken. So steht Wolfgang Ketterle auch der vorgesehenen Einführung von Elite-Universitäten in Deutschland positiv gegenüber, ebenso wie den neuen Bachelor- und Master-Abschlüssen. Denn dadurch, so der Nobelpreisträger, würden die Abschlüsse international vergleichbar.
Seine neuesten Forschungsergebnisse vergleicht der 47-jährige Ketterle übrigens von der Bedeutung her mit denen, die zum Nobelpreis führten. Erstmals sei es gelungen, eiskalte Atome zu paaren. Damit wird es nämlich nicht nur möglich, die Eigenschaften von Materie besser zu verstehen, sondern auch ganz neue Materialien zu entwickeln.