Das größte Geschenk seit 1945
Ein neues Gebäude für eine ganze Fakultät: Von der Zusammenführung der Mathematik und der Informatik unter einem gemeinsamen Dach – dem von der Klaus Tschira Stiftung (KTS) finanzierten Mathematikon – werden Wissenschaftler, Mitarbeiter und Studierende aber auch die Universität und die Wissenschaftslandschaft insgesamt profitieren. In dieser Einschätzung waren sich alle Redner einig. Sie sprachen von „einem besonderen Tag“ und würdigten den herausragenden Einsatz Klaus Tschiras (1940 bis 2015). Mit einer Festveranstaltung ist der in dreijähriger Bauzeit errichtete Gebäudekomplex auf dem Campus im Neuenheimer Feld jetzt offiziell eröffnet worden.
Die außergewöhnliche Unterstützung für Forschung und Lehre hoben die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und der Rektor der Ruperto Carola, Prof. Dr. Dr. h.c. Bernhard Eitel, hervor. Es sei die „bedeutendste Zuwendung an die Universität nach 1945“, so Eitel. „Das Mathematikon lag meinem Mann sehr am Herzen, wie er überhaupt in alle ,seine‘ Gebäude viel Liebe und vor allen Dingen viel Enthusiasmus hineingelegt hat“, sagte Gerda Tschira mit Blick auf das Engagement ihres verstorbenen Mannes. Die KTS hat als Bauherrin den sogenannten Bauteil A, in dem die Fakultät für Mathematik und Informatik sowie das Interdisziplinäre Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) einziehen werden, der Universität Heidelberg und damit auch dem Land zum Geschenk gemacht.
Das Mathematikon umfasst zwei Gebäudeteile: Der sechsgeschossige Bauteil A bietet Studierenden und Wissenschaftlern der Fakultät und des IWR dringend benötigte neue Räumlichkeiten. Dazu wurden auf rund 10 000 Quadratmetern Büros für die Institute sowie Flächen für die Lehre mit Hörsaal, Seminar- und Gruppenarbeitsräumen geschaffen. Auch die Fakultätsbibliothek wird hier untergebracht. Sonderflächen sind für Großrechner, EDV-Räume und das Robotiklabor vorgesehen. Bisher waren die Institute und Einrichtungen der Fakultät und das IWR auf sieben Gebäude verstreut.
Faszinierende Wissenschaft erhält ein faszinierendes Gebäude: Über die Eröffnung des Mathematikon freuten sich (von links nach rechts) Dekan Michael Gertz, KTS-Geschäftsführer Udo Tschira und Beate Spiegel, Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, Universitätsrektor Bernhard Eitel und Baudirektor Bernd Müller.
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Foto: Rothe
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In den beiden fünfstöckigen Gebäudeteilen B sind in den Obergeschossen Labor- und Büroräume entstanden, die vorrangig für universitätsnahe Mieter gedacht sind. Im Parterre stehen Handels- und Gewerbeflächen zur Verfügung, die mit neuen Einkaufsmöglichkeiten sowie gastronomischen Offerten für Anwohner, Studierende und Besucher aufwarten sollen. Die Vermietungen ermöglichen der Stiftung die Förderung weiterer gemeinnütziger Projekte.
In seiner Begrüßungsansprache erinnerte der Rektor an die „komplexen Umsetzungsherausforderungen“. Dennoch sei Klaus Tschira nie von dem Ziel abgerückt, die gesamte Fakultät unter einem physischen Dach zu vereinen. „Mit dieser baulichen Infrastruktur prägt Klaus Tschira künftige Generationen, bereitet er das Feld für neue Kreativität, auf die unsere Gesellschaft weit über den Campus hinaus angewiesen ist. Zugleich gibt er ein Beispiel dafür, wie wichtig Stiftungsengagement heute geworden ist, füllt es doch die Lücken, die der Staat offen lässt – mangels Möglichkeiten oder aus andersgeleiteter Prioritätensetzung. Mit dem Mathematikon wird einmal mehr deutlich, wie sehr Klaus Tschira als ,enabler‘ agierte, als Ermöglicher, als Ermöglicher von Zukunft“, strich Bernhard Eitel heraus. Als Mäzen und Wissenschaftsfreund mit Herzblut sei sich Klaus Tschira bewusst gewesen, „welche Bedeutung die Disziplinen Mathematik und Informatik für alle universitären Fachrichtungen und für die Gesellschaft als Ganzes haben.“
Wie der Rektor verwies auch die Ministerin in ihrem Grußwort auf die hohe wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz, die heute der Mathematik zukomme. Mit dem Mathematikon erhalte „eine faszinierende Wissenschaft ein faszinierendes Gebäude“, betonte Theresia Bauer. Dies sei eine „großartige Stärkung der Universität Heidelberg und der Wissenschaftslandschaft Baden-Württemberg insgesamt“. Ihr Dank für die großzügige Förderung galt dabei der Klaus Tschira Stiftung ebenso wie der Familie Tschira.
Klaus Tschira war ein „Ermöglicher von Zukunft“: Seinen persönlichen Dank richtete Universitätsrektor Bernhard Eitel an Gerda Tschira, die während der Eröffnungsveranstaltung über das Engagement ihre Mannes und seine besondere Beziehung zum Projekt Mathematikon sprach.
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Foto: Rothe
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Für die KTS übergaben die Geschäftsführer Udo Tschira und Beate Spiegel in einem symbolischen Akt den Schlüssel für das neue Gebäude an den Rektor der Ruperto Carola und den Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik, Prof. Dr. Michael Gertz. Zuvor hatten der Leitende Baudirektor Bernd Müller (Amt Mannheim und Heidelberg) und Architekt Manfred Bernhardt die architektonischen Besonderheiten des Gebäudes, das zugrundeliegende städtebauliche Konzept und die Herausforderungen bei der Realisierung des Großprojekts beschrieben.
Das Schlusswort sprach Heidelbergs Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner. Die Stadt hat den Platz vor dem Haupteingang an der Südseite des Komplexes nach dem Physiker, Unternehmer und Stifter benannt. Sie ehre damit Klaus Tschira als „eine Persönlichkeit, die junge Menschen für Forschung und Wissenschaft begeistert hat. Er hat stets den Austausch zwischen Menschen gefördert. Diesem Ziel soll nicht nur der Raum im neuen Mathematikon dienen sondern auch der öffentliche Raum davor.“
Siehe auch: „Festveranstaltung zur feierlichen Eröffnung des Mathematikon“
Siehe auch: „Klaus-Tschira-Platz am Mathematikon feierlich eingeweiht“
Die Klaus Tschira Stiftung wurde 1995 von dem Physiker Klaus Tschira (1940 bis 2015) gegründet. Sie fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik sowie die Wertschätzung für diesen Fächerkanon. Das bundesweite Engagement beginnt in Kindergärten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Dabei macht sich die KTS für neue Formen der Vermittlung naturwissenschaftlicher Inhalte stark. Sie unterstützt sowohl die Erarbeitung als auch die verständliche Darstellung von Forschungsergebnissen. Die Stiftung ist operativ wie fördernd tätig – sie verwirklicht eigene Projekte und vergibt Fördermittel.