Medizinische Forschung im Hochgebirge
In luftiger Höhe setzen Wissenschaftler der Abteilung für Sport- und
Leistungsmedizin an der Universität Heidelberg eine über hundert Jahre alte
Forschungstradition fort. Gemeinsam mit ihren Schweizer Kollegen untersuchen
sie mehr als 4500 Meter über dem Meeresspiegel die Auswirkungen großer Höhe auf
den menschlichen Körper. Was sie in der Margherita- Hütte über das
Höhenlungenödem herausfinden, ist auch für die Behandlung anderer
Krankheitsbilder hilfreich, wie zum Beispiel der Schocklunge. Das Team von
Peter Bärtsch arbeitet auch an der Entwicklung eines einfachen Tests, um bei
Bergnovizen vor einem großen Aufstieg die Höhentauglichkeit zu ermitteln.
Auf der 4559 Meter hohen Signalkuppe, einem Gipfel des Monte Rosa-Massivs,
befindet sich, von Stahlseilen gesichert, das höchstgelegene Haus Europas. Die
Capanna Regina Margherita ist eine komfortable, geräumige Schutzhütte des
Italienischen Alpenclubs, die an der Grenze zwischen der Schweiz und Italien
steht. Auf ihrer Südseite fällt der Blick über die 3000 Meter hohe Südwand des
Monte Rosa-Massivs auf die Poebene, in der bei klaren Nächten Mailand und Turin
aufleuchten. Im Rücken des Betrachters erstreckt sich der Alpenkranz vom Bernina-Massiv
im Osten über die Zentralalpen und Berner Alpen im Norden, die Walliser Alpen
und den Mont Blanc im Westen bis hinunter zum Monte Viso und zu den ligurischen
Alpen. Die ungewöhnliche Lage für eine Schutzhütte dieser Größe wird aus dem
ursprünglichen Zweck ihrer Vorgängerin verständlich. Vor über 100 Jahren wurde
auf Initiative des Turiner Physiologieprofessors Angelo Mosso unter Einsatz von
Lasttieren und Soldaten ein Forschungslaboratorium auf der Signalkuppe errichtet,
das 1893 in Gegenwart der Spenderin, Königin Margherita von Italien, eingeweiht
werden konnte. Die Capanna Regina Margherita entwickelte sich zu einem
internationalen Zentrum höhenphysiologischer Forschung. Mosso dokumentierte die
periodische Atmung während des Schlafes mit Pausen bis zu zehn Sekunden mittels
Aufzeichnung der Bewegungen des Brustkorbes auf einer Rußtrommel. Nathan Zuntz
aus Berlin beschrieb die gesteigerte Produktion der Blutkörperchen in der Höhe
und führte mittels einer transportablen Gasuhr Atemmessungen unter Belastung
durch, während Joseph Barcroft aus Cambridge sich für pH-Änderungen im Blut und
die Sauerstoffbindung an das Hämoglobin interessierte. Über die Ursachen der
akuten Bergkrankheit, mit der alle in der Margherita- Hütte konfrontiert
wurden, stritten sich diese Gelehrten. Mosso hielt den verminderten
CO2-Partialdruck im Blut, eine Folge der wegen Sauerstoffmangels gesteigerten
Atmung, für die Ursache der Bergkrankheit, während für Zuntz der Sauerstoffmangel
im Gewebe entscheidend war. Neunzig Jahre später konnten wir mittels
kontrollierter Verabreichungen von Sauerstoff und Kohlensäure zeigen, daß Zuntz
Recht hatte. Jahrbücher bis zum Jahre 1913 belegen die rege Aktivität, die
durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges beendet wurde. In der Folge verkam
das Höhenlabor zu einer baufälligen Bergsteigerunterkunft, die im Jahr 1979
durch einen wesentlich größeren Neubau mit 80 Schlafplätzen ersetzt wurde, ohne
daß dabei noch an den ursprünglichen Zweck der Hütte gedacht wurde. Die
attraktive Lage und die einfachen Zugänge aus Westen und Norden über sanfte
Gletscher machen die Margherita-Hütte zu einem beliebten Ausflugsziel, das auch
ohne alpine Erfahrung mit entsprechender Ausrüstung und unter kundiger Führung
erreicht werden kann. Der Preis, den vor allem der eilige Bergsteiger für die
Rundsicht mit Sonnenuntergang zwischen Dent Blanche und Matterhorn bezahlen
muß, geht oft über die Kosten für Verpflegung und Unterkunft hinaus, wie das
nachfolgende Beispiel zeigt.
Eine Gruppe von sechs Skitouristen erreicht die Margherita- Hütte nach einem
siebenstündigen Aufstieg von der Monte Rosa- Hütte (2750 m.ü.M.) aus über den
Grenzgletscher. Die letzten 500 Höhenmeter haben den Bergsteigern arg
zugesetzt, was verständlich wird, wenn man bedenkt, daß der Luftdruck und damit
der O2-Partialdruck für sie innerhalb von 24 Stunden um ein Drittel abgenommen
hat, da sie erst vor einem Tag aus dem Tiefland angereist sind. Anstatt zu 95
Prozent, ist ihr Blut während des Aufstiegs in dieser Höhe nur noch zu 70
Prozent und in Ruhe zu 80 Prozent mit Sauerstoff gesättigt. Daraus resultiert
eine etwa dreißigprozentige Reduktion der Leistungsfähigkeit. Abends in der
Hütte verspüren die meisten Bergsteiger Zeichen der akuten Bergkrankheit wie
leichte Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Appetitlosigkeit oder Übelkeit. Nach
einer mehr durchwachten als durchschlafenen Nacht haben die Beschwerden bei der
Hälfte der Gruppe so zugenommen, daß sie nur noch ein Ziel haben: diesen Ort
der Qualen so schnell wie möglich zu verlassen. Einer von ihnen ist aber dazu
nicht mehr in der Lage. Er klagt über Husten, auf der Lunge verspürt er ein
Brodeln und die kleinste Anstrengung löst stärkste Atemnot aus.
Glücklicherweise erlauben Wind und Wetter eine Evakuation per Hubschrauber ins
Regionalspital Visp, wo die Diagnose "Höhenlungenödem" bestätigt
wird. Ohne weitere Therapie kann der Patient bereits am folgenden Tag
beschwerdefrei entlassen werden, das Röntgenbild normalisiert sich innerhalb
weniger Tage und eine Woche später ist er bereits wieder, allerdings nur in
3000 Meter Höhe, auf einer Skitour anzutreffen.
Die geschilderte Begebenheit aus dem Jahre 1985 illustriert, daß rascher
Aufstieg in Höhen über 3000 Meter zur akuten Bergkrankheit und zum
Höhenlungenödem führen kann. Fünfzig Prozent der Bergsteiger, die innerhalb von
zwei Tagen zur Margherita-Hütte aufsteigen, leiden an mehr als drei Symptomen
der akuten Bergkrankheit, und fünf bis zehn Prozent erkranken an einem
Höhenlungenödem. In der Regel klingen die Beschwerden innerhalb von ein bis
zwei Tagen spontan ab, in seltenen Fällen kann sich jedoch eine Hirnschwellung
(Höhenhirnödem) entwickeln, die sich durch Bewußtseinstrübung,
Gleichgewichtsstörungen, therapieresistente Kopfschmerzen und Erbrechen
bemerkbar macht. Die akute Bergkrankheit und das Höhenhirnödem werden als
verschieden schwere Manifestationen des gleichen Krankheitsgeschehens
angesehen, das vor allem das Gehirn betrifft. Während bei schwerer akuter
Bergkrankheit mit Übergang ins Höhenhirnödem computertomographisch ein Hirnödem
nachgewiesen werden konnte, besteht über das pathophysiologische Korrelat der
leichten akuten Bergkrankheit keine Klarheit. Wir und andere Gruppen konnten
zeigen, daß das Ausmaß der Symptome mit dem Grad des Sauerstoffmangels im Blut
korreliert und daß die Beschwerden nach Verabreichung von zusätzlichem
Sauerstoff rasch verschwinden. Ob der mit Bergkrankheit assoziierten Retention
von Natrium und Wasser eine ursächliche Bedeutung zukommt, ist nicht geklärt.
Das Höhenlungenödem wird durch vermehrten Flüssigkeitsaustritt aus den
Lungengefäßen ins Lungengewebe und in die Lungenbläschen verursacht, was zu
einer zusätzlichen Beeinträchtigung des Gasaustauschs führt und den
Sauerstoffmangel im Körper verstärkt. Unbehandelt führen Höhenlungenödem und Höhenhirnödem
meist innerhalb weniger Tage zum Tode. Die kausale Therapie all dieser
letztlich durch Sauerstoffmangel ausgelösten Krankheiten besteht in der
Verbesserung der Sauerstoffversorgung, was am einfachsten durch Abstieg
erreicht wird. Leider ist diese Behandlung gelegentlich wegen schlechten
Wetters, Dunkelheit, Lawinengefahr oder fortgeschrittener Krankheit nicht
sofort möglich. Glücklicherweise stehen heute für solche Fälle Medikamente zur
Verfügung, die überbrückend bis zum Abstieg eingesetzt werden können.
Seit 1983 haben bergbegeisterte Schweizer Ärzte aus den Universitätskliniken
Zürich und Bern die höhenmedizinische Forschung in der Margherita-Hütte wieder
aufgenommen. Über die Jahre entstand eine Kooperation zwischen vielen
Forschergruppen der klinischen und theoretischen Medizin der Universitäten
Zürich, Bern, Lausanne, Innsbruck und Heidelberg. Nach meinem Wechsel von Bern
nach Heidelberg erfolgte die Organisation und Koordination der
wissenschaftlichen Aktivitäten in der Margherita-Hütte vorwiegend von
Heidelberg aus. Seit Mossos Zeiten haben sich die Voraussetzungen für klinisch
angewandte Forschung im Hochgebirge wesentlich verbessert. Der Hubschrauber
ersetzt die Lasttiere, und die technische Entwicklung hat zu transportablen
Geräten geführt, die zur Aufarbeitung und Asservierung von Blutproben, zur
Blutgasanalyse, zur Untersuchung des Herzkreislaufs und der Lunge mit Ultraschall
sowie mit radiologischen und nukluearmedizinischen Methoden eingesetzt werden.
Atemgase lassen sich heute kontinuierlich messen. Als Stromquelle steht ein
25-Kilowatt- Generator zur Verfügung. Dank der Entwicklung des Bergsteigens von
einem elitären Freizeitvergnügen für englische Aristokraten hin zum
Breitensport, sind wir im Gegensatz zu Mosso nicht mehr auf die Abkommandierung
von Soldaten angewiesen. Wir finden heute genügend Probanden, die sich im
eigenen Interesse gerne auf ihre Höhentauglichkeit untersuchen lassen.
Die wichtigsten Ergebnisse unserer Untersuchungen zur akuten Bergkrankheit
können wie folgt zusammengefaßt werden: Die Krankheit ist mit Salz- und
Wasserretention sowie mit einer Beeinträchtigung der Sauerstoffaufnahme in der
Lunge assoziiert. Obwohl eine geringe Steigerung der Atmung unter Hypoxie
(Sauerstoffmangel) mit einer erhöhten Anfälligkeit zur akuten Bergkrankheit
einhergeht, scheint ein hoher Atemantrieb unter Hypoxie nicht vor der
Bergkrankheit zu schützen. Neue interessante Aspekte ergeben sich aus
präliminären, unkontrollierten Befunden, wonach die Höhenkopfschmerzen gut auf
das Medikament Sumatriptan ansprechen, einen Agonisten von Rezeptoren an den
Hirngefäßen, die bei Migräne eine zentrale Bedeutung haben. Therapeutisch sind
Kortikosteroide bei akuter Bergkrankheit und Höhenhirnödem hochwirksam. Sie
sollen überbrückend eingesetzt werden, wenn bei schwerer Erkrankung ein Abstieg
nicht sofort möglich ist und keine Therapie mit Sauerstoff zur Verfügung steht.
Erkenntnisse, die aus höhenmedizinischen Untersuchungen hervorgehen, sind
aber nicht nur für Bergsteiger, Trekker oder Touristen, welche die Hochgebirge
unseres Planeten aufsuchen, relevant. Sie können auch bedeutsam sein für die
klinische Medizin, da bei solchen Untersuchungen Erkenntnisse über die
Auswirkungen eines akuten Sauerstoffmangels auf den gesunden Organismus
gewonnen werden. Insbesondere fasziniert die Mediziner das Höhenlungenödem.
Innerhalb von wenigen Tagen nach Höhenexposition über 3000 Meter kommt es dabei
in einer vorher gesunden Lunge zum Austreten von Blutflüssigkeit ins Gewebe und
in die Lungenbläschen. In klinischen Situationen, zum Beispiel nach schweren
Unfällen, Verbrennungen oder Operationen, tritt gelegentlich ein dem
Höhenlungenödem ähnlicher Lungenschaden auf, der "Schock-Lunge" oder
"acute respiratory distress syndrom (ARDS)" genannt wird.
Unsere Untersuchungen in der Margherita-Hütte belegen, daß manche Menschen
eine erhöhte Anfälligkeit für ein Höhenlungenödem haben. Es drängt sich deshalb
die Frage auf, die auch im Hinblick auf die Schock-Lunge bedeutsam sein könnte:
Welche physiologischen oder pathophysiologischen Besonderheiten weisen die für
ein Höhenlungenödem Anfälligen auf? Frühere Untersuchungen mittels Herzkatheter
zeigten, daß das Höhenlungenödem nicht auf eine Funktionsstörung der linken
Herzkammer mit Rückstauung des Blutes in den Lungenkreislauf zurückzuführen
ist. Hingegen wurde ein übermäßiger Druckanstieg in den Lungenarterien
festgestellt, der sich nach durchgemachtem Höhenlungenödem auch im Tiefland
während einer kurzfristigen Exposition mit sauerstoffarmer Luft nachweisen
läßt. Unsere Untersuchungsergebnisse unterstreichen die Bedeutung des hohen
Lungenarteriendrucks, da dieser dem Höhenlungenödem vorausgeht. Ferner konnten
wir zeigen, daß durch Senkung des Lungenarteriendrucks mittels eines Kalziumkanalblockers
das Höhenlungenödem erfolgreich behandelt und durch prophylaktische
Verabreichung in den meisten Fällen verhindert werden kann.
Bei vermindertem Sauerstoffdruck, Hypoxie, verengen sich die kleinen
Lungenarterien, die Arteriolen, und dadurch steigt der Druck in den
Lungenarterien. Da radiologische Befunde dafür sprechen, daß der
Flüssigkeitsaustritt beim Höhenlungenödem in den Kapillaren erfolgt, die den
Arteriolen nachgeschaltet sind, liegt der Zusammenhang zwischen erhöhtem Lungenarteriendruck
und der Ödembildung nicht auf der Hand. Es wird deshalb vermutet, daß die
Konstriktion der Arteriolen inhomogen ist und daß dadurch Gebiete mit
unterschiedlicher Durchblutung (Perfusion) resultieren. In überperfundierten
Lungenbezirken würde der Druck in den Kapillaren ansteigen, da sich diese nicht
wesentlich erweitern können. Im Tierexperiment läßt sich die
Überperfusionshypothese nachvollziehen. Ferner konnten wir kürzlich mittels nuklearmedizinischer
Methoden in der Margherita-Hütte zeigen, daß in Ödemgebieten eine hohe
Lungenperfusion besteht. Untersuchungen der Höhenlungenödemflüssigkeit, die am
Mount McKinley in 4400 Meter Höhe bei Lungenödempatienten mittels Bronchoskopie
gewonnen wurde, zeigen Hinweise auf eine erhöhte Durchlässigkeit für
hochmolekulare Proteine, was auf eine zusätzliche erhöhte Gefäßpermeabilität
deutet. Ob es sich dabei um eine primäre Ursache oder eine Folge der
Lungenödembildung handelt, ist nicht geklärt.
Auch beim Gesunden sind die Lungenbläschen von einem dünnen Flüssigkeitsfilm
ausgekleidet, dessen Ausmaß durch aktive Rückresorption kontrolliert wird.
Deshalb untersuchen wir in meiner Abteilung zurzeit an Lungenzellkulturen, ob
Sauerstoffmangel den Transport von Elektrolyten in die Alveolar- Epithelzelle
beeinträchtigt und dadurch die Entstehung des Höhenlungenödems begünstigen
könnte.
Ein weiteres Charakteristikum der für ein Höhenlungenödem anfälligen
Personen betrifft die Atemregulation. Sauerstoffmangel führt zu einer
Atemsteigerung. Diese hypoxische Atemantwort weist eine große interindividuelle
Variation auf mit Maximal- und Minimalwerten, die sich um das Zehnfache unterscheiden.
Verschiedene Untersuchungen haben bisher nachgewiesen, daß die für ein
Höhenlungenödem anfälligen Personen einen niedrigen Atemantrieb unter Hypoxie
aufweisen. Bei geringer Atemsteigerung fällt der Sauerstoffgehalt in der Lunge
stärker ab als bei hohem Atemantrieb, was den Druckanstieg in den Lungenarterien
verstärkt.
Angesichts des zunehmenden Höhentourismus wäre es wünschenswert, wenn die
Höhentoleranz durch einfache Untersuchungen im Tiefland beurteilt werden
könnte. Doch weder der überschießende Druckanstieg noch die Atemstimulation
unter Hypoxie lassen eine sichere Identifikation von Höhenlungenödemgefährdeten
Personen zu, weil eine beträchtliche Überlappung mit Werten besteht, die bei
Nicht-Anfälligen gemessen werden. Wir untersuchten deshalb, ob durch die
gleichzeitige Bestimmung der Atemantwort und des Lungenarteriendrucks unter akutem
Sauerstoffmangel mit einfachen, nicht-invasiven Methoden die Identifikation von
potentiell Gefährdeten verbessert werden kann. Dreißig Bergsteiger, die an
früheren Höhenstudien in der Margherita-Hütte teilgenommen hatten und deren
Anfälligkeit für Höhenlungenödem und Bergkrankheit bekannt war, wurden in
Heidelberg auf diese Parameter untersucht. Wir konnten dabei zeigen, daß eine
geringe Stimulation der Atmung durch Hypoxie mit einer erhöhten Anfälligkeit
für akute Bergkrankheit und Höhenlungenödem einhergeht. Leider stellte sich
heraus, daß durch die zusätzliche Messung des Lungenarteriendrucks mittels
Doppler-Echokardiographie unter Hypoxie lediglich 30 bis 40 Prozent der
anfälligen Bergsteiger mit genügender Sicherheit erkannt wurden. Die
ungenügende Trennschärfe ist möglicherweise durch die Ungenauigkeit der nicht-
invasiven Druckmessung und durch einen zu geringen hypoxischen Stimulus
bedingt. Aus Gründen der Sicherheit und Praktikabilität kann aber das
diagnostische Verfahren kaum optimiert werden, so daß eine zuverlässige
Erfassung Höhenlungenödem-Anfälliger durch einfache Untersuchungen im Tiefland zurzeit
nicht möglich ist. Die beste Voraussage der Höhentauglichkeit beruht deshalb
weiterhin auf Angaben über die Höhentoleranz anläßlich früherer Expositionen,
was allerdings dem Arzt, der einen Bergnovizen wegen einer bevorstehenden Andenreise
oder eines Himalayatreckings berät, wenig hilft. Der beste Ratschlag in dieser
Situation lautet: so langsam aufzusteigen, daß lediglich geringe Höhensymptome
auftreten. Wenn diese nicht spontan verschwinden, soll ein Ruhetag eingeschaltet
oder bei schwerwiegenden Symptomen sofort abgestiegen werden.
Abschließend sei darauf hingewiesen, daß Höhentauglichkeit ein relativer
Begriff ist. Wichtiger als die individuelle Disposition sind äußere
Determinanten wie Geschwindigkeit des Aufstiegs, Aufenthaltshöhe und Grad der
Vorakklimatisation durch kurz zurückliegende Höhenexpositionen. Wahrscheinlich
kann jeder an einem Höhenlungenödem erkranken, wenn er schnell genug hoch genug
steigt, wie Beispiele "höhentauglicher Bergsteiger" im Himalaya
zeigen. Umgekehrt heißt es deshalb nicht, daß nach einem Höhenlungenödem ein
Höhenverbot ausgesprochen werden soll. Es gibt einige Beispiele von
Bergsteigern, die wiederholt nach einem Aufstieg auf 4500 Meter innerhalb von
zwei Tagen ein Höhenlungenödem entwickelt haben und die bei langsamem Aufstieg
mit einem durchschnittlichen Höhengewinn von 300 bis 400 Metern pro Tag ohne
gesundheitliche Probleme Höhen von 6000 bis 7000 Metern erreichen können.
Autor:
Prof. Dr. Peter Bärtsch
Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik, Abteilung Sport- und
Leistungsmedizin, Hospitalstraße 3, Gebäude 4100, 69115 Heidelberg,
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