Theologie > DWI >  Aktuelles >

Die Jugendwerkstatt Bauhof

 

100 2275

Auf dem Gelände der Frankeschen Stiftungen befindet sich die Jugendwerkstatt Bauhof, die im September 1992 vom ev. Kirchenkreis Halle a.d. Saale gegründet wurde und nach einem Insolvenzverfahren jetzt Teil des Diakonieverbandes Kyffhäuser ist. Wir trafen uns in gemütlicher Atmosphäre in den Räumen der Werkstatt, wo wir herzlich von Dagmar Reinisch, der Leiterin der Einrichtung, empfangen wurden. Leonard Dölle, der leitende pädagogische Mitarbeiter des Bauhofs, stellte uns die Jugendwerkstatt mit ihren Projekten und Zielen für die Zukunft vor.

 

 

 

Zur Geschichte

Da Halle 1992 in Deutschland die Stadt mit dem höchsten Prozentsatz an Kinder- und Jugendarmut war (und sich auch heute mit 16,2% allein an Jugendarbeitslosigkeit noch an zweiter Stelle dieser traurigen Liste befindet), bestand großer Bedarf, eine Einrichtung zu schaffen, die demotivierten Jugendlichen die Perspektive auf einen ordentlichen Schulabschluss und auf Ausbildungsmöglichkeiten bietet. Außerdem wurden in Halle unter den Jugendlichen selbst zunehmende Tendenzen zu Rassismus und sozialer Ausgrenzung von Minderheiten beobachtet. So entstand der Verein Jugendwerkstatt Bauhof e.V., der sich diesen beiden Problemen zuwendete. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wurden durch das Arbeitsamt gefördert, integrative Initiativen wurden eigenständig auf die Beine gestellt. Später konnten zusätzliche Ausbildungsplätze zum Beruf des Tischlers und Malers/Lackierers geschaffen werden. Ab dem Jahr 2000 wurde aus dem Verein eine gGmbH, die Kofinanzierungen für neue Projekte, wie z.B. „Gut Stichelsdorf“, ein ökologisches Zentrum am Rande von Halle, ermöglichte. 2007 ging diese gGmbH dann in ein Insolvenzverfahren, das inzwischen unter Beibehaltung eines großen Teil der Initiativen abgewendet werden konnte.

 

 

 
 

Gegenwart des Bauhofes

Der Bauhof hat sich gegenwärtig zwei Schwerpunkte gesetzt: zum einen aktive Jugendhilfe und zum anderen die Arbeit mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Insgesamt laufen derzeit acht verschiedene Projekte in der Jugendwerkstatt, in denen 60 Jugendliche betreut werden. Hinzu kommt noch eine große Zahl Jugendlicher, die die Beratungsmöglichkeiten der Einrichtung nutzen. An den Projekten nehmen sowohl deutsche als auch Jugendliche mit Migrationshintergrund zusammen teil, was Vorurteile untereinander abbauen soll und die Integration fördert. Der Erstkontakt zu den Jugendlichen entsteht entweder durch persönliche Kontakte unter den Jugendlichen oder über die Schulen und das Jugendamt. Ein besonderes Problem stellen Schulverweigerer dar, von denen aber auch 75-80% durch gute persönliche Begleitung und feste Rahmenbedingungen einen Schulabschluss erlangen. Insgesamt steht für die Mitarbeiter der Werkstatt im Vordergrund, die Jugendlichen in ihrer Situation ernst zu nehmen und im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten auf  „emotionale Bildung“ hinzuwirken.

 

Die persönliche Begleitung der Jugendlichen bzw. „Modell Jüngerschaft“, wie Herr Dölle es nannte, zeigt sehr große Erfolge in jedem der acht Projekte. Hierzu gehört auch der Kontakt zu den oft überforderten Eltern der Jugendlichen, die meistens dankbar für die Unterstützung seitens des Bauhofs sind. Da in 80% der Fälle eine väterliche Bezugsperson in den Familien fehlt, übernehmen die männlichen Sozialarbeiter oft diese Rolle im Rahmen der Begleitung und sind auch dafür zuständig, den Jugendlichen klare Grenzen zu setzen.

 

Außerdem bietet diese Art der Begleitung den Raum für religiöse Gespräche und religiöse Bildung, wie z.B. wöchentliche Andachten und Gottesdienste an Feiertagen. Besonderer Wert wird in Bezug auf die Einstellung neuer Mitarbeiter daher auch auf deren religiösen Hintergrund gelegt, und kirchlich gebundene Mitarbeiter werden bei der Einstellung bevorzugt. Von den Mitarbeitern wird verlangt, sich mit dem Leitbild der Diakonie identifizieren zu können, da ein besonderer Fokus auf den gesellschaftlichen Auftrag der Diakonie in Bezug auf Bildung gelegt wird.            

 
 
 

Unterstützt werden die Mitarbeiter des Bauhofs in ihrer Arbeit gegenwärtig durch drei abgeordnete Lehrkräfte. Auch gibt es eine Einbindung in die Frankeschen Stiftungen, die die Jugendwerkstatt mit Aufträgen versorgt und in ihr Gesamtkonzept einbindet. Ebenfalls besteht ein enger Kontakt sowohl zu den Schulen der Jugendlichen als auch zu den verschiedenen Beratungsstellen. Unterstützung erfolgt außerdem durch den Kirchenkreis und das Diakonische Werk.        

  

 

Visionen und Aufgaben für die Zukunft

 

Für die Zukunft sieht sich die Jugendwerkstatt Bauhof vor allem vor finanzielle Probleme gestellt, die einerseits die Fortführung bisheriger Projektförderungen und andererseits die Bereitstellung von Geldern für neue Projekte betreffen. Eine bisher wenig erreichte Zielgruppe bilden die Teenager im Alter von 12-15 Jahren, die oft nicht in der Lage sind ihre Freizeit angemessen zu gestalten, so dass die Jugendwerkstatt ihr Angebot in diesem Bereich gern verstärken würde. Auch für Eltern sollen bald Fortbildungskurse angeboten werden, die den Familien ihre Verantwortung bewusst machen und die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern fördern sollen. 

 

 

Fazit

 

Angetan war ich nicht nur von der Art der Arbeit, die der Bauhof leistet, sondern besonders faszinierend fand ich die Hingabe, mit der Herr Dölle über seine Arbeit und die persönlichen Beziehung zu den Jugendlichen sprach. Man konnte spüren, dass das gewählte Motto der Jugendwerkstadt Bauhof „Versage keine Wohltat, dem, der sie braucht, wenn es in deiner Macht steht Gutes zu tun” (Spr. 3, 27) hier gelebt wird.

 

von Fabian Eusterholz

Weiterführender Link:

http://www.jw-bauhof.de

 

 

 

 
Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 29.05.2018
zum Seitenanfang/up