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Franckes Ansätze zur Gemeinde- und Studienreform

 

August Hermann Francke – der pietistische Theologe (1692-1714)

 

 

Die Situation in Glaucha und Halle

Als Francke im Dezember 1691 zum Pfarrer in Glaucha (St.-Georgen-Gemeinde) und zum Professor der griechischen und orientalischen Sprache an die philosophischen Fakultät der Universität Halle berufen wird, herrscht unter der Bevölkerung in Glaucha ein hohes Maß an Unbildung, Armut und Trunksucht. Obendrein verliert die Stadt durch die Pest im Jahre 1682 40 Prozent der Bevölkerung. Die wirtschaftlich und sozial schwache Stadt liegt zudem kirchenpolitisch in der Spannung zwischen der lutherischen Orthodoxie und dem Pietismus. Kurfürst Friedrich III. versucht den Pietisten eine sichere Position zu verschaffen, da er ihre auf Disziplinierung und Toleranz gerichtete Haltung für hilfreich erachtet. Schließlich setzt sich der Pietismus v.a. an der Universität durch.


Die Reformbemühungen Franckes

 

 

Die Gemeindereform
Die Grundsätze einer Gemeindereform veröffentlicht Francke im Zusammenhang von Streitigkeiten mit der Orthodoxie im „Glauchischen Gedenkbüchlein“ von 1693. Ihm ist daran gelegen, die Kirchlichkeit und das kirchliche Leben der Menschen zu vertiefen. Er verschärft darum die Beichtstuhlpraxis, indem er „Unwissenden“ und „Unversöhnlichen“ den Zugang zum Abendmahl verweigert. Außerdem verlängert er den Katechismusunterricht auf ein Jahr und ergänzt ihn durch eine Katechisation der Kinder im Gottesdienst am Sonntagnachmittag. Er bietet Abendgebetstunden an (ein Collegium pietatis der spenerschen Tradition) und verankert die Beschäftigung mit der Predigt im Gemeindealltag.

Die Studienreform
Franckes Sünden- und Menschenverständnis, welches die Welt in zwei gegensätzliche Bereiche gliedert, erklärt auch die Differenz, die er zwischen Glauben und Wissen aufmacht. Zwar erkennt er die Wissenschaft an, aber er ordnet sie dem Glauben zeitlich nach und hält fest, dass das oberste Studienziel nicht der Wissenserwerb und die Kompetenz der Forschung sei, sondern die Rechenschaft des Herzens.
Im Rückgriff auf Luther stellt Francke die Exegese an zentrale Position der universitären Ausbildung, weil er die Bibel als Erkenntnisprinzip der Theologie versteht. Neben der Exegese gewinnt die Praktische Theologie an besonderer Bedeutung, da Praxis-Tauglichkeit für Francke maßgeblich ist. Im Rahmen seines generellen Interesses der Bildung und Erziehung zur Sittlichkeit, hielt er Vorlesungen im sog. „parätetischen Kolleg“, in welchem er die Studenten in ihrem Christsein und ihrer Studiendisziplin führte (Verwirklichung der Praxis pietatis).

 

 

 

 

 

 

 

von Christine Siepmann

 

 
Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 29.05.2018
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