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August Hermann Francke als Unternehmer

 

 

August Herrmann Francke:
Der Unternehmer und Gründer wirtschaftlicher Betriebe 1698-1727
 

 

Bauunternehmungen, Frömmigkeit und Capital
1698 beginnt Francke mit dem Bau des Waisenhauses, dessen Hauptgebäude im Jahre 1700 fertiggestellt wird. Die Motivation, für seine pädagogischen und sozialen Anstalten die notwendigen Bauten zu schaf­fen, ist nur im Zusammenhang mit seiner Frömmigkeit zu verstehen. »Als ich (…)  [die vier Thaler und sechszehn Groschen] in die Hände nahm, sagte ich mit Glaubens-Freudigkeit: Das ist ein ehr­lich Capital, davon muß man etwas rechtes stifften; ich will eine Armen-Schule damit anfangen«.  Mit diesem Gottvertrauen und Spenden finanziert Francke die ersten Jahre seiner Arbeit. Den Bau des Waisenhauses versteht Francke als »Fußstapfen des noch lebenden und wal­tenden liebreichen und getreuen Gottes«. Es werden bewusst keine Rücklagen angelegt, sondern das von Gott gegebene  „gieng drauf“. Durch Grundstückskäufe in unmittelbarer Nähe zum Hauptgebäude kann er die bauliche Zukunft sichern. Für die Bauunternehmungen sind Freimeister tätig.

Selbstversorgung
Zur Versorgung der Schüler und als Lehrer tätigen Studenten werden Backhaus und Brauhaus gebaut. Desweiteren erwirbt Francke einen Steinbruch und Ländereien, um einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Viehhandel aufzubauen. Diese Einrichtungen dienen jedoch nicht als Einnahmequelle, sondern hauptsächlich der Selbstversorgung. Haupteinnahmequellen stellen die in die ganze Welt exportierende Apotheke und der Buchhandel dar. Der Buchhandel floriert so sehr, dass die hallischen Druckereien nicht termingerecht liefern können. So beschließt Francke, eine eigene Druckerei zu betreiben. Mit dem Buchhandel und der angeschlossenen Druckerei gelingt es, Bibeln zum Selbstkostenpreis zu verkaufen sowie Franckes eigene Schriften und Predigten zu vertreiben. Somit tragen beide Einrichtung neben der wirtschaftlichen Absicherung zur Verbreitung des hallischen Pietismus bei. Der Erfolg der Betriebe beruht letztlich auf dem Glauben Franckes und seiner klaren Einschätzung wirtschaftlicher Möglichkeiten. Zusätzlich gründet Francke eine Zeitung, die jedoch in ihrer Auflage unbedeutend bleibt. Später kommen noch zu den Betrieben Strumpfmanufaktur und Leinenverarbeitung hinzu.


Spenden
Die Spenden, mit deren Hilfe Francke seine Arbeit finanziert, nehmen 1695 sprunghaft zu. Sie liegen jährlich selten unter 5.000 Thalern. Francke erzielt mit den Spenden ein geschätztes Gesamtaufkommen (1694-1727) von ca. 150.000 Thalern. Neben den Geldspenden kommen auch viele Sachspenden hinzu. 1726 nehmen die Spendeneinnahmen ab, so dass nur 2.500 Thaler an Spendengelder eingenommen werden.  Die Gesamtausgaben betragen aber ca. 15.000 Thaler pro Jahr. Dennoch entsteht kein Finanzierungsdefizit, da Francke u.a. durch die Selbstversorgung Sicherheiten geschaffen hat.


Abhängigkeit von der Obrigkeit
Francke verdankt trotz allen Geschicks mit Finanzen und seines unerschütterlichen Glaubens einen großen Teil seines Erfolges den kurfürstlichen / königlichen Privilegien, die er und seine Stiftung erhalten: 1. Das Recht einen Buchladen, eine Drucke­rei und eine öffentliche Apotheke zu führen; 2. Manufakturen aufzubauen und Waren zu vertreiben, also Leinen zu weben oder Strümp­fe zu stricken; 3. die Steuerfreiheit, die Befreiung von Akzi­se, die Freiheit des Geleits und die Steu­erfreiheit für alle Produkte, die in den An­stalten hergestellt oder verwendet wurden; 4. die Befreiung von Steuern für alle Perso­nen, die in den Stiftungen tätig waren und 5.die Befreiung von der Grundsteuer der Ge­bäude. Ohne diese staatliche Unterstützung wäre der unternehmerische Erfolg Franckes nicht denkbar gewesen.

 

von Christoph Brandt

 
Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 29.05.2018
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