Europäischer Forschungsrat fördert exzellente Heidelberger Forscher
Zwei Wissenschaftler der Universität Heidelberg erhalten eine hochdotierte Förderung des Europäischen Forschungsrats (ERC) für exzellente Forscher: Der Mathematiker Dr. Bastian Goldlücke wird mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnet, der Astrophysiker Prof. Dr. Ralf S. Klessen mit einem Advanced Grant. Die Arbeiten an den beiden Forschungsprojekten starten Anfang 2014 und werden für fünf Jahre gefördert. Bastian Goldlücke stehen für sein Projekt zur Bildverarbeitung von Lichtfeldern, das am Heidelberg Collaboratory for Image Processing (HCI) des Interdisziplinären Zentrums für Wissenschaftliches Rechnen angesiedelt ist, rund 1,5 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Ralf Klessens Projekt zur Entstehung der ersten Sterne am Institut für Theoretische Astrophysik am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) wird mit rund 2,5 Millionen Euro gefördert.
Der 2007 eingerichtete Europäische Forschungsrat setzt sich für eine Förderung der grundlagenorientierten Forschung ein, um visionäre Projekte voranzutreiben und neue interdisziplinäre Wissensgebiete zu erschließen. Seine Förderprogramme sind für Spitzenforscher jeder Nationalität und jedes Alters offen, die ihre Pionierforschung in den EU-Mitgliedstaaten oder in assoziierten Staaten durchführen möchten. Die Förderlinie ERC Starting Grants ist aufgeteilt in ERC Starting Grants für vielversprechende Wissenschaftler am Beginn einer unabhängigen Forscherkarriere und ERC Consolidator Grants für exzellente Wissenschaftler, deren kürzlich etablierte eigene unabhängige Arbeitsgruppe sich in der Konsolidierungsphase befindet. Advanced Grants erhalten exzellente etablierte Wissenschaftler. Außerdem gibt es Synergy Grants für Gruppen von zwei bis vier Forschenden. Für Personen, die bereits einen Starting oder Advanced Grant erhalten haben, gibt es zusätzlich das "Proof of Concept"-Schema, mit dem Ideen aus den Projekten in Innovationen überführt werden können.
Bastian Goldlücke befasst sich in seinem Projekt „Light Field Imaging and Analysis“ mit der Aufnahme und Bildverarbeitung sogenannter Lichtfelder. „Das Lichtfeld einer Szene lässt sich am besten als eine Sammlung von Aufnahmen beschreiben, die aus unterschiedlichen Ansichten gewonnen wurden“, erläutert er. Dank moderner Kameratechnologie ist es möglich, solche Lichtfelder unmittelbar aufzunehmen. Sie enthalten dabei anders als konventionelle Bilder auch richtungsabhängige Informationen. „Ziel unserer Forschungsarbeiten ist es, robuste neuartige Verfahren zu entwickeln, mit denen die geometrische Struktur einer Szene, die Oberflächeneigenschaften der Objekte und die Beleuchtung rekonstruiert werden können. Aus Lichtfeldern lassen sich viel mehr Informationen gewinnen als aus Bildern“, erklärt der Mathematiker. „Anwendungen für Verfahren ergeben sich neben der Erstellung von dreidimensionalen multimedialen Inhalten bei der industriellen Qualitätskontrolle, bei Fahrerassistenzsystemen, bei Robotnavigation sowie in den Bio- und Umweltwissenschaften.“
Bastian Goldlücke (Jahrgang 1974) studierte Mathematik und Informatik an der Technischen Universität Ilmenau und an der Universität Marburg und wurde am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken promoviert. Von 2006 bis 2008 arbeitete er als Softwareingenieur auf dem Gebiet der industriellen Bildverarbeitung, ehe er 2008/2009 als Postdoktorand an der Universität Bonn und 2010/2011 als Akademischer Rat an der Technischen Universität München tätig war. Nach einer Lehrstuhlvertretung am HCI leitet Bastian Goldlücke dort seit März 2012 die Arbeitsgruppe „Light Field Analysis“. Am Heidelberg Collaboratory for Image Processing, einem der „Industry on Campus“-Projekte der Ruperto Carola, wird Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung in der Bildverarbeitung zusammen mit namhaften Partnern aus der Wirtschaft durchgeführt.
Ralf S. Klessen untersucht in seinem Forschungsprojekt „STARLIGHT: Formation of the First Stars“ mit seinem Team die früheste Sterngeneration in unserem Kosmos, die sich nur wenige 100 Millionen Jahre nach dem Urknall gebildet hat. Diese ersten Sterne beendeten das sogenannte „Dunkle Zeitalter“, in dem es keinerlei für das menschliche Auge sichtbare Strahlung im Universum gab. Darüber hinaus spielten sie eine zentrale Rolle bei der Entstehung der ersten schweren Elemente und bei der Geburt der Galaxien, wie wir sie heute kennen. „Während wir die physikalischen Prozesse, die zur Bildung von Sternen in unserer kosmischen Nachbarschaft in der Milchstraße führen, recht gut verstehen, wissen wir sehr wenig über die Entstehungsgeschichte der ersten Sterne im Universum“, erläutert Prof. Klessen. „Die bestehenden Theorien sind zum Teil sehr spekulativ, und direkte Beobachtungsdaten gibt es nicht.“ Um einen tieferen Einblick in den Ursprung der ersten Sterne zu erhalten, werden die Heidelberger Astrophysiker neuartige theoretische und numerische Methoden mit detaillierten astronomischen Beobachtungen kombinieren.
Ralf S. Klessen (Jahrgang 1968) studierte Physik an der Technischen Universität München und an der University of Illinois at Urbana-Champaign. Nach der Diplomarbeit am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching wurde er 1998 an der Universität Heidelberg promoviert. Die Forschungsarbeiten dazu führte er am Max-Planck-Institut für Astronomie durch. Als Postdoktorand arbeitete Ralf S. Klessen an der Sterrewacht Leiden in den Niederlanden und an der University of California at Santa Cruz/USA, ehe er 2002 die Leitung der Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe „Theorie der Sternentstehung“ am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam übernahm. 2004 folgte die Habilitation an der Universität Potsdam. 2006 wurde er als Professor für Theoretische Astrophysik an die Ruperto Carola berufen. Prof. Klessen ist stellvertretender Sprecher des Heidelberger Sonderforschungsbereichs „Das Milchstraßensystem“.