Forscher-Alumni-Arbeit hat sich etabliert
Die zu Beginn des Jahrzehnts gestartete Forscher-Alumni-Arbeit ist an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen mittlerweile fest verankert. Viele forschungsstarke Hochschulen nutzen das Potenzial internationaler Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler als „Brückenbauer“ und haben entsprechende Angebote etabliert und professionalisiert. Auf strategischer Ebene sind Forscher-Alumni damit für den Forschungsstandort Deutschland zu wichtigen Akteuren im internationalen Marketing geworden: Während sie von ihren deutschen Gasteinrichtungen passgenau zugeschnittene Angebote erhalten, können diese mit Hilfe ihrer Forscher-Alumni ihr internationales Profil und damit ihre globale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Die Universität Heidelberg gehört mit ihren Konzepten, die im Ideenwettbewerb wie auch in den Folgeausschreibungen der Humboldt-Stiftung ausgezeichnet und von anderen Einrichtungen aufgegriffen wurden, zu den Vorreitern erfolgreicher Forscher-Alumni-Arbeit.
Forscher-Alumni-Arbeit baut auf der Idee auf, dass internationale Wissenschaftler, die in Deutschland geforscht und ihre Laufbahn danach in einem anderen Land fortgesetzt haben, mit ihrer Innensicht der deutschen Forschungslandschaft als Multiplikatoren fungieren können: Als Botschafter ihrer Gasteinrichtung in Deutschland können sie erfahrene Kollegen ebenso wie den wissenschaftlichen Nachwuchs über die Möglichkeiten eines Forschungsaufenthalts in Deutschland informieren. Den Hochschulen bieten sich mit der Einbindung ihrer Gastwissenschaftler große Chancen bei der Umsetzung ihrer Internationalisierungsstrategien: Forscher-Alumni können sie dabei unterstützen, Netzwerke und strategische Partnerschaften mit internationalen Einrichtungen aufzubauen und hoch qualifiziertes Personal zu gewinnen. Mit speziellen Angeboten der Hochschulen für ihre Forscher-Alumni, die auf deren Bedürfnisse zugeschnitten sind, entsteht so eine Win-win-Situation mit Mehrwert für beide Seiten.
Die Alexander von Humboldt-Stiftung, die selbst seit mehr als 60 Jahren ein weltweites fächerübergreifendes Netzwerk herausragender Wissenschaftler aufgebaut hat, die für den Forschungsstandort Deutschland ansprechbar sind, begann 2011 mit der Förderung von Forscher-Alumni-Arbeit an deutschen Hochschulen. Im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium geförderten Verbundprojekts „Internationales Forschungsmarketing“ veranstaltete sie mehrere Ideen- und Strategiewettbewerbe und setzte damit wichtige Impulse für den Aufbau, die Verankerung und die Weiterentwicklung einer eigenen Forscher-Alumni-Arbeit an zahlreichen Einrichtungen. Insgesamt 36 Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben erfolgreich an den Ausschreibungen der Stiftung zu Forscher-Alumni-Strategien teilgenommen.
Die Universität Heidelberg gehörte beim Start des Programms zu den drei Preisträgern des Ideenwettbewerbs „Forscher-Alumni deutscher Universitäten“: Ihr Konzept zur Begleitung und Einbindung aktueller und ehemaliger Gastwissenschaftler erhielt als Best-Practice-Modell einer besonders aktiven und nachhaltigen Zusammenarbeit mit Forscher-Alumni im Ausland zur Umsetzung ein Preisgeld von 130.000 Euro. 2014 konnte die Ruperto Carola erneut im Wettbewerb „Forscher-Alumni-Strategien“ überzeugen: Ihre Idee, Gastwissenschaftler beim Erstaufenthalt einzubinden und dabei geeignete Forscher-Alumni als „Research Ambassadors“ zu gewinnen, wurde als besonders gelungene Nachhaltigkeitsstrategie mit 30.000 Euro ausgezeichnet. In der letzten Ausschreibungsrunde im Jahr 2017 erhielt sie noch einmal 40.000 Euro für die Durchführung eines Forscher-Alumni-Treffens im japanischen Kyoto, um das dortige Alumni-Netzwerk zu aktivieren und zu erweitern. Mit den Fördergeldern konnten seit 2011 unter anderem vier internationale Netzwerktreffen im Ausland, Wiedereinladungsstipendien für einen kurzen Forschungsaufenthalt in Heidelberg und der Aufbau des „Research Ambassador Netzwerks“ finanziert werden. Die Schwerpunkte der Forscher-Alumni-Arbeit der Universität Heidelberg liegen in den Regionen Indien, Italien, USA und Ostasien, entsprechend wurden Netzwerktreffen in New Delhi (2012), Boston (2012), Rom (2013) und Kyoto (2018) veranstaltet.
Die Ideenwettbewerbe der Humboldt-Stiftung haben eine Schubwirkung entfaltet und die Zusammenarbeit deutscher Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit ihren Forscher-Alumni deutlich vorangebracht. Zum Abschluss der finanziellen Förderung durch die Stiftung untersuchte diese nun mit einer Umfrage an 88 forschungsstarken Hochschulen die Wirkung ihrer Förderarbeit. Dabei gaben rund 60 Prozent der befragten Einrichtungen – darunter viele Hochschulen mit mehr als 25.000 Studierenden – an, dass in den vergangenen fünf Jahren entsprechende Angebote bei ihnen an Bedeutung gewonnen hätten. Bei jeder zehnten forschungsstarken Hochschule ist die Forscher-Alumni-Arbeit weit entwickelt, bei weiteren 14 Prozent werden zumindest Teilaspekte auf einem hohen Niveau umgesetzt. Für rund ein Drittel der befragten Hochschulen ist der gezielte Einsatz von Forscher-Alumni bei strategischen Aufgaben der Universität für ihre Internationalisierung von großer Bedeutung.
Die Größe einer Hochschule wirkt sich deutlich auf die strategischen Aufgaben aus, in die diese ihre Forscher-Alumni einbinden: Mit 33 Prozent nutzen größere Hochschulen im Vergleich zu mittelgroßen Einrichtungen (20 Prozent) stärker deren Potenzial als Berater in Fragen der Internationalisierung. Die Vermittlung von Kontakten für Forschungskooperationen ist dagegen für mittelgroße Hochschulen (80 Prozent) deutlich relevanter als für große (33 Prozent). Mehr als drei Viertel der Hochschulen mit einer zentralisierten Forscher-Alumni-Struktur sehen positive Effekte durch die intensiveren Kontakte zu ihren Forscher-Alumni, die meisten konstatieren zudem, dass das Interesse am Thema innerhalb ihrer Hochschule steigt.
Auch die Forscher-Alumni selbst erkennen zunehmend Vorteile einer bleibenden Verbindung zu ihrer Gasteinrichtung: 67 Prozent der Hochschulen mit zentralisierter Forscher-Alumni-Arbeit stufen die Bereitschaft ehemaliger Gastwissenschaftler, sich an strategischen Aufgaben zu beteiligen, als „sehr hoch“ oder „eher hoch“ ein. Besonders beliebt bei den Forscher-Alumni sind dabei Wiedereinladungsstipendien nach dem Vorbild der Ruperto Carola: Inzwischen vergeben 73 Prozent der befragten Hochschulen mit zentraler Forscher-Alumni-Struktur derartige Stipendien. Auch spezielle Veranstaltungen nur für Forscher-Alumni erfreuen sich großer Beliebtheit: Wiederum 73 Prozent der befragten Hochschulen mit zentraler Forscher-Alumni-Struktur bieten auf solchen Veranstaltungen nach dem Vorbild der Heidelberger Netzwerktreffen die Möglichkeit zum direkten persönlichen Austausch.
Forscher-Alumni-Arbeit wird auch in Zukunft ein wichtiges Aufgabengebiet mit großem Potenzial für die Hochschulen darstellen. In den kommenden Jahren wollen daher die meisten der Einrichtungen, die noch keine oder nur dezentrale Forscher-Alumni-Arbeit betreiben, damit beginnen oder ihre bereits vorhandenen Aktivitäten ausbauen – was auch für die Mehrheit der Hochschulen mit zentralisierter Forscher-Alumni-Arbeit gilt. „Auch wir werden unsere bewährten Aktivitäten fortsetzen und das Forscher-Alumni-Netzwerk weiter ausbauen. Die Zusammenarbeit mit unseren Forscher-Alumni hat das weltweite Heidelberger Netzwerk enorm bereichert und der Universität neue Perspektiven eröffnet“, betont HAI-Leiterin Silke Rodenberg.