„Meine Frau und meine beiden Kinder haben sich in Heidelberg verliebt“
Prof. Dr. Izak Cornelius, Altorientalist an der Universität Stellenbosch in Stellenbosch/Südafrika
1996 einjähriger Aufenthalt als Humboldt-Stipendiat an der Universität Heidelberg
Wann, wie lange und in welcher Position waren Sie an der Universität Heidelberg?
Die Cornelius-Familie aus Stellenbosch in Südafrika war von Dezember 1995 bis Dezember 1996 für ein Jahr in Heidelberg. Ich war dort als Forschungsstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung während eines Sabbatjahres.
Warum haben Sie sich für die Ruperto Carola entschieden?
Ich habe mich hauptsächlich aus zwei Gründen für Heidelberg entschieden:
Zum einen wegen des Fachwissens der renommierten Wissenschaftler Jan Assmann (Ägyptologie) und Manfred Weippert (Altes Testament und Religionen des Antiken Nahen Osten). Ich arbeitete damals an einem Buch über die Göttinnen der Levante, die eine sehr wichtige Rolle in Ägypten spielten, und in dieser Hinsicht hat sich das Fachwissen dieser beiden Wissenschaftler sehr gut gegenseitig ergänzt. Zum zweiten wegen Spezialliteratur in den Heidelberger Bibliotheken (speziell für Ägyptologie), die an meiner eigenen Universität nicht vorhanden war.
Welche Erfahrungen konnten Sie in Heidelberg sammeln?
Ich habe Seminare der beiden Wissenschaftler besucht und dabei eine Menge gelernt. Oft habe ich mit Prof. Weippert nach seinem Seminar noch Kaffee getrunken, wobei wir Niederländisch (was er gelernt hatte, da er auch Professor im niederländischen Utrecht war) und meine Muttersprache Afrikaans (die sich am Kap der guten Hoffnung aus dem Niederländisch des 17. Jahrhunderts entwickelt hat) miteinander verglichen. Zu einem seiner Seminare gehörte auch eine Exkursion in das Archäologische Museum in Istanbul. Das war eine einzigartige Gelegenheit und eine gute Erfahrung, bei der ich von solchen Experten wie Prof. Dr. Stefan Maul und Prof. Weippert einiges über die Monumente in diesem Museum erfahren konnte. Prof. Maul war gerade neu ernannt worden, als ich in Heidelberg war, und ich habe seine Veranstaltungen zu antiken Religionen des Nahen Ostens besucht, die mich sehr beeindruckt haben. Außerdem hatte ich engen Kontakt mit Dr. Felix Blocher, der heute Professor für Vorderorientalische Archäologie in Halle ist und immer gerne bereit war, mit mir über gemeinsame Themen zu diskutieren. Andere sehr liebenswürdige Kolleginnen, die ich gerne erwähnen möchte, waren Dr. Friederike Kampp-Seyfried, die damals Assistentin von Prof. Assmann war und heute Direktorin des berühmten Ägyptischen Museums in Berlin ist, Prof. Erika Feucht, ebenfalls aus der Ägyptologie, sowie Angelika Berlejung, die heute Professorin auf dem Lehrstuhl für Geschichte und Religionsgeschichte Israels und seiner Umwelt in Leipzig ist – mit ihr stehe ich immer noch in engem Kontakt und sie ist auch Gastprofessorin an meinem Institut in Stellenbosch.
Was hat Ihnen in Heidelberg besonders gut gefallen?
Die Bibliotheken und die Diskussionen mit Forschungskollegen. Außerdem ist Heidelberg eine schöne alte Stadt mit dem Neckar, dem Schloss und vielen berühmten Orten. Meine Frau und meine beiden Kinder haben sich in die Stadt verliebt. In Heidelberg hat meine Frau zahlreiche Freundschaften geschlossen und sogar gelernt, auf der „falschen Straßenseite“ zu fahren! Seit damals haben wir beide Heidelberg noch mehrmals besucht, während ich Sabbaticals in anderen deutschen Städten verbracht habe. Meine beiden Kinder haben die Schlierbacher Grundschule besucht – sie haben Deutsch gelernt und viele Freunde aus aller Welt gefunden. Auch im Gästehaus im Rombachweg haben sie mit Kindern aus aller Welt gespielt und dabei viel über andere Kulturen gelernt, beispielsweise über Indien, Russland und Costa Rica. Das Gleiche gilt für meine Frau, die südafrikanische Spezialitäten für ihre russischen Freunde zubereitete.
Wie ist Ihr weiterer Karriereweg nach Ihrer Zeit in Heidelberg verlaufen?
Nach meiner Zeit in Heidelberg bin ich auf meine feste Stelle als Dozent an der Universität Stellenbosch zurückgekehrt. 1991 wurde ich Professor für Altertumswissenschaften und später habe ich den Lehrstuhl übernommen.
Wie beurteilen Sie das deutsche Wissenschaftssystem im Vergleich zu Ihrem Heimatland oder anderen Ländern, in denen Sie bereits geforscht haben?
Unser System ist für Studierende vor der Promotion wohl sehr verschieden, weil diese nicht immer von sehr guten Schulen kommen. Außerdem ist unser Universitätssystem eher vergleichbar mit dem in Ländern wie Großbritannien. Was das fortgeschrittene Studium und die Forschung angeht, sind die Unterschiede allerdings nicht so groß. Was mich aber immer an deutschen Wissenschaftlern beeindruckt hat: Ihre akribische Betrachtung jedes Details und ihre Gewohnheit, ihr Forschungsmaterial „ganz genau“ zu betrachten.
Für wie wichtig halten Sie internationalen Austausch für Wissenschaftler?
Ich lebe in einem Land, das relativ weit von Europa entfernt ist – internationaler Austausch ist da wegen der hohen Flugkosten nicht immer einfach. Aber da wir aus einem anderen Teil der Erde kommen, genauer gesagt vom afrikanischen Kontinent, können wir andere Perspektiven einbringen. Im äußersten Süden lebend, glaube ich, dass wir mit einem Blick „von außen“ und mit einer Distanz auf die Wissenschaft in Europa, Nordamerika, dem Mittleren Osten und anderen Teilen der Welt schauen können. Außerdem sind wir nicht so sehr in den Sichtweisen bestimmter „Schulen“ in Deutschland gefangen. Aber internationaler Austausch ist für uns alle von höchster Bedeutung, denn wir alle bringen etwas aus unseren einzigartigen Hintergründen und Kulturen in unsere Forschung ein. Gemeinsam können wir diese Aufgabe besser bewältigen, denn „Vielfalt ist die Würze des Lebens“.
Empfehlen Sie einen Forschungsaufenthalt an der Ruperto Carola an Ihre Studierenden bzw. innerhalb Ihres wissenschaftlichen Netzwerks?
Auf alle Fälle. Einige meiner Kollegen waren bereits zu Forschungsaufenthalten in Heidelberg. Allerdings denken wir auch mit einer gewissen Traurigkeit an Heidelberg, denn leider ist einer unserer Kollegen sowie die Frau eines anderen Kollegen während eines Sabbatjahrs in unserer geliebten Stadt verstorben. Aber andererseits: Was für ein Ort, um zu sterben!