Weitere drei ERC Grants für Heidelberg
Drei Wissenschaftlerinnen der Universität Heidelberg erhalten hochdotierte Förderungen des Europäischen Forschungsrates (ERC): Mit einem ERC Consolidator Grant für exzellente junge Forscherinnen und Forscher werden die Biophysikerin Prof. Dr. Frauke Gräter, die Astrophysikerin Prof. Dr. Saskia Hekker und die Physikerin Prof. Dr. Christine Selhuber-Unkel ausgezeichnet. Mit den Grants fördert der ERC ihre Forschungsarbeiten über einen Zeitraum von fünf Jahren, wofür Fördermittel in Höhe von insgesamt rund 6,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Frauke Gräter und Saskia Hekker sind – neben ihren Professuren an der Ruperto Carola – Forschungsgruppenleiterinnen am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS). Am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) hat zudem eine neue Emmy Noether-Nachwuchsgruppe unter der Leitung von Dr. Dominika Wylezalek die Arbeit aufgenommen.
Foto: HITS / Annette Mück
Frauke Gräter ist Professorin für Molekulare Biomechanik an der Universität Heidelberg; ihre gleichnamige Forschungsgruppe am HITS widmet sich mit Methoden des Hochleistungsrechnens und mithilfe von Simulationstechniken der Frage, wie mechanische Kräfte die inneren Abläufe des lebenden Organismus beeinflussen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Proteinen. In ihrem ERC-Projekt „Mechanoradicals in Collagen“ (RADICOL) beschäftigen sich Prof. Gräter und ihr Team mit den Auswirkungen mechanischer Belastung auf Kollagen, den Hauptbaustein unserer Bindegewebe. Dabei werden sie untersuchen, ob und wie hochreaktive Radikale im Kollagen zum Beispiel der Achillessehne entstehen und das Gewebe schädigen. Die Ergebnisse können wichtige Hinweise liefern für unser Verständnis von Alterung und Schmerz. Der ERC hat dafür Fördermittel in Höhe von rund zwei Millionen Euro bewilligt.
Foto: HITS / Annette Mück
Auf dem Gebiet der Astrophysik erforscht Saskia Hekker die inneren Strukturen von Sternen mithilfe ihrer globalen Schwingungen. Diese Oszillationen können Aufschluss darüber geben, welche physikalischen Bedingungen im Sterninnern vorherrschen. In ihrem ERC-Projekt „Internal structure of red-giant stars through the sound of dipole oscillation modes“ (DipolarSound) wird die Wissenschaftlerin sogenannte „Rote Riesen“ asteroseismologisch untersuchen. Die Oszillationen dieser großen, leuchtkräftigen Sterne weisen deutlich unterschiedliche Strukturen auf. Mithilfe der Oszillationsspektren will Prof. Hekker aufklären, welchen physikalischen Ursprung diese Unterschiede haben. Der Europäische Forschungsrat fördert das Projekt mit zwei Millionen Euro.
Foto: Tobias Schwerdt
Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten von Christine Selhuber-Unkel stehen neuartige strukturierte Materialien, deren Funktionen durch molekulare Bausteine und Nanoteilchen kontrolliert werden. Die Wissenschaftlerin forscht am Institute for Molecular Systems Engineering (IMSE) der Universität Heidelberg an der Schnittstelle von Chemie, Physik, Materialwissenschaft und Biologie. Mit ihrem ERC-Projekt „Photomechanical writing of cell functions“ (PHOTOMECH) verfolgt Prof. Selhuber-Unkel das Ziel, durch äußere physikalische Kräfte Zellfunktionen zu steuern. Dafür kombiniert sie photoschaltbare Materialien mit einem komplexen optischen System, das intensive Laserlichtpulse verwendet. Dieser Laser soll wie ein „Stift“ eingesetzt werden, um Zellfunktionen dreidimensional zu schreiben und das Wachstum von Zellgeweben zu ermöglichen. Diese Forschungsarbeiten werden mit rund 2,5 Millionen Euro gefördert. Dem aktuellen Grant sind ein ERC Starting Grant und drei ergänzende Proof of Concept Grants des Europäischen Forschungsrates vorausgegangen.
Wie entstehen Galaxien und welche physikalischen Prozesse beeinflussen ihre weitere Entwicklung? Mit diesen Fragen befassen sich die Mitglieder der neuen Emmy Noether-Nachwuchsgruppe am ZAH. Das Forscherteam unter der Leitung von Dr. Dominika Wylezalek konzentriert sich dabei insbesondere auf die Rolle, die aktiv wachsende supermassereiche Schwarze Löcher bei der Entwicklung von Galaxien einnehmen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Arbeiten der Physikerin über einen Zeitraum von sechs Jahren mit rund 1,6 Millionen Euro.
„Supermassereiche Schwarze Löcher sind eigentlich sehr kleine Objekte im Verhältnis zu der Größe von Galaxien, aber dennoch scheinen sie in ihren aktiven Wachstumsphasen einen großen Einfluss auf die Entwicklung von Galaxien zu haben und letztendlich darauf, wie unser Universum heute aussieht“, betont Dr. Wylezalek, deren Forschungsgruppe „Galaxy Evolution and AGN“ (GALENA) am Astronomischen Rechen-Institut des ZAH angesiedelt ist. Die Forscherinnen und Forscher werden die mit der Galaxienentwicklung zusammenhängenden physikalischen Prozesse in verschiedenen kosmologischen Epochen und auf unterschiedlichen Skalen untersuchen. Ziel ist es, Belege für die Selbstregulierung von Schwarzen Löchern und deren Galaxien zu finden. Bestimmt werden sollen außerdem Stärke, Reichweite und die Wirkung von Rückkopplungsprozessen, die durch aktive wachsende Schwarze Löcher ausgeübt werden.
Der ERC Consolidator Grant wendet sich an vielversprechende Forscherinnen und Forscher, deren eigene unabhängige Arbeitsgruppe sich in der Konsolidierungsphase befindet. Zentrales Förderkriterium ist die wissenschaftliche Exzellenz. Das Emmy Noether-Programm der DFG eröffnet besonders qualifizierten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe über einen Zeitraum von sechs Jahren für eine Hochschulprofessur zu qualifizieren.