„Ich bin mit vielen neuen Ideen und Projekten zurück nach Chile gegangen“
Dr. Carmen Gloria Feijoo, Immunologin an der Universidad Andrés Bello in Santiago de Chile/Chile
2016/2017 und 2019/2020 Humboldt-Stipendiatin am Centre for Organismal Studies (COS)
Wann, wie lange und in welcher Position waren Sie an der Universität Heidelberg?
Ich war schon zweimal als Gastwissenschaftlerin an der Universität Heidelberg, im Labor von Prof. Dr. Jochen Wittbrodt am Centre for Organismal Studies (COS). Das erste Mal von Oktober 2016 bis März 2017 und das zweite Mal von August 2019 bis Februar 2020.
Warum haben Sie sich für die Universität Heidelberg entschieden?
Eigentlich habe mich für das Labor von Prof. Wittbrodt entschieden! Er leitet das – wie ich zu sagen wage – beste Labor der Welt, das sich auf Forschung im Bereich der Entwicklungsbiologie konzentriert und dafür den Medaka-Fisch als Modelltier benutzt.
Was hat Ihnen besonders gut in Heidelberg gefallen, wo haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Heidelberg ist eine wunderbare, schöne Stadt – nicht nur wegen des Schlosses, sondern auch wegen der Altstadt, des Neckars, des Königstuhls, der Wälder. Besonders gut kann man die Stadt bei sonnigem Wetter genießen; im Winter ist es mit kleinen Kindern ein bisschen schwieriger, aber dennoch schön.
Wie ist Ihr weiterer Karriereweg nach Ihrer Zeit in Heidelberg verlaufen?
Ich bin mit vielen neuen Ideen und Projekten, sowohl für die Forschung als auch für unser persönliches Leben, zurück nach Chile gegangen – zum Beispiel benutzt mein Mann nun kein Auto mehr, sondern nur das Fahrrad, obwohl Santiago eine sehr große Stadt ist. In meinem Labor arbeiten wir weiter an Forschungsfragen, die sich während meines Aufenthalts in Heidelberg ergeben haben. Diese sind komplementär zur Forschungslinie des Labors, wurden aber bisher nicht von uns bearbeitet.
Wie beurteilen Sie das deutsche Wissenschaftssystem im Vergleich zu Ihrem Heimatland oder anderen Ländern, in denen Sie bereits geforscht haben?
Meiner Meinung nach funktioniert das deutsche Wissenschaftssystem gut, es ist transparent und übersichtlich. Selbstverständlich werden im Vergleich mit Chile viel mehr Projekte unterstützt, auch mit größeren Geldbeträgen. Am besten finde ich, dass es viel mehr verschiedene Institutionen als in Chile gibt, die Forschungsfinanzierungen anbieten, und dass auch bei individuellen Projekten die zugesagten Beträge den Kauf teurer Geräte ermöglichen. Das ist in Chile bei Individualprojekten nicht möglich – die Geldbeträge, um die es geht, lassen das nicht zu.
Für wie wichtig halten Sie internationalen Austausch in der Wissenschaft?
Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Südamerika ist das sehr wichtig – ich würde so weit gehen, zu sagen, dass es zentral für die Bildung von Forscherinnen und Forschern ist. Es ermöglicht, die Wissenschaft aus einem anderen Blickwinkel zu sehen – aus einem, wo alles möglich ist und der limitierende Faktor die Ideen sind und nicht das verfügbare Geld oder Equipment. Das ist etwas sehr Wichtiges, das wir in Südamerika versuchen sollten zu erreichen. Vielleicht schafft das nicht mehr meine Generation von Wissenschaftlerinnen, aber die nächste schon. Sie sollten also das Ziel haben, groß zu denken.
Empfehlen Sie einen Forschungsaufenthalt an der Universität Heidelberg an Ihre Studierenden bzw. innerhalb Ihres wissenschaftlichen Netzwerks?
Auf jeden Fall. Tatsächlich habe ich derzeit ein gemeinsames Projekt mit dem Labor, an dem ich an der Universität Heidelberg gearbeitet habe, und die Idee ist, dass meine Studierenden dort einige Experimente durchführen können. Auch als wissenschaftliche Vertreterin der Alexander von Humboldt-Stiftung in Chile habe ich vielen Studierenden und jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erzählt, welche großartigen Möglichkeiten die Universität Heidelberg bietet und wie faszinierend diese Stadt ist.