Weitere ERC Grants für Heidelberg
Die Universität Heidelberg hat erneut hochdotierte Förderungen des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten: Die interdisziplinären Forschungsarbeiten der Historikerin Prof. Dr. Stefanie Gänger zur Geschichte des Fiebers werden mit einem ERC Consolidator Grant mit Fördermitteln in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro unterstützt. Zudem wurden in der jüngsten Bewilligungsrunde fünf weitere ERC Starting Grants an die Ruperto Carola vergeben: Diese gehen an Juniorprof. Dr. Daniela Duarte Campos, Prof. Dr. Kerstin Göpfrich und Dr. Stefan Pfeffer vom Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg, an Dr. Victoria Ingham von der Medizinischen Fakultät Heidelberg, die sich am Universitätsklinikum Heidelberg der Malaria-Forschung widmet, sowie an Dr. Kathryn Kreckel, deren Forschungsvorhaben am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) angesiedelt ist. Für diese Forschungsarbeiten stellt der ERC insgesamt rund 7,5 Millionen Euro – jeweils 1,5 Millionen Euro pro Starting Grant – zur Verfügung.
Mit dem ERC Consolidator Grant wendet sich der Europäische Forschungsrat an hervorragende Forscher:innen mit dem Ziel, deren wissenschaftliche Unabhängigkeit zu festigen. Zentrales Förderkriterium ist die wissenschaftliche Exzellenz. Mit ERC Starting Grants werden herausragende Nachwuchswissenschaftler:innen aller Disziplinen unterstützt, die sich bereits durch exzellente Arbeiten ausgewiesen haben und als Projektleiter:innen richtungsweisende Forschung durchführen wollen. Alle Förderungen werden für einen Zeitraum von fünf Jahren bewilligt.
Stefanie Gänger
Stefanie Gänger, die als Professorin für Neuere Geschichte am Historischen Seminar lehrt und forscht, erforscht in ihrem ERC-Projekt „FEVER – Global Histories of (a) Disease, 1750-1840“ die Verbreitung und Wahrnehmung von „Fieberkrankheiten“ in der Atlantischen Welt, insbesondere in den südwesteuropäischen Küstenländern, im westafrikanischen Raum und den südlichen Amerikas. Dabei geht es auch um den historischen Fieberbegriff sowie zeitgenössische Erklärungsansätze und Heilmittel. Prof. Gänger verfolgt dabei eine globalhistorische, das heißt über europäische Perspektiven hinaus erweiterte Geschichte der Medizin, des Körpers und der Krankheiten. Das Projekt, das maßgeblich im Rahmen des Marsilius-Kollegs der Universität Heidelberg entstand, steht in einem interdisziplinären Austausch mit den Medizin- und Naturwissenschaften: Als Marsilius-Fellow hatte Prof. Gänger gemeinsam mit Kollegen aus der Parasitologie und Biophysik zum „Phänomen Fieber“ geforscht.
Daniela Duarte Campos
Auf ein neuartiges biotechnologisches Verfahren zur Behandlung von Herzversagen zielt das Projekt „LIGHTHEART – Surgical optogenetic bioprinting of engineered cardiac muscle“ von Daniela Duarte Campos. Hierfür wird sie Bioprinting – aus körpereigenen Zellen werden neue zelluläre Strukturen erzeugt und anschließend „gedruckt“ – mit Optogenetik kombinieren. Mit dieser Technologie können zelluläre Strukturen mithilfe von Licht zusammengefügt werden. Die Grundlage von LIGHTHEART bildet die Entwicklung eines innovativen, chirurgischen Bioprinting-Tools, mit dem aus Stammzellen gewonnenes und durch Lichteinwirkung angeordnetes Muskelgewebe direkt am Herzen erzeugt werden soll. Es soll als Ergänzung zur herkömmlichen Transplantationsmedizin neue Perspektiven für Patient:innen eröffnen, die auf ein Spender-Herz warten.
Kerstin Göpfrich
Das ERC-Projekt „ENSYNC – From engineering to evolution of synthetic cells with RNA origami“ von Kerstin Göpfrich beschäftigt sich mit der Evolution von künstlichen Zellen. Ziel ist es, einen Prototyp einer synthetischen Zelle herzustellen, die über ein wesentliches Merkmal von Leben verfügt – die Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln. Im Rahmen von ENSYNC will Prof. Göpfrich eine neue molekulare Hardware entwickeln, die auf DNA- und RNA-Origami – der „Faltkunst“ für Makromoleküle in der Nanowelt – basiert und synthetische Lipidvesikel mit zellulären Funktionen ausstattet. Mit ihrer Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln, lässt sich die Funktionalität der Vesikel und ihrer Hardware stetig verbessern. Schrittweise soll so eine künstliche Modell-Zelle entstehen, deren Bausteine zukünftig auch im kranken Organismus spezielle Aufgaben übernehmen könnten.
Stefan Pfeffer
Mit der zelleigenen Antwort auf Stress befasst sich das ERC-Projekt „RiboStress – Stress-induced structural and organizational adaptations of the cellular translation machinery“, das Stefan Pfeffer leitet. Im Mittelpunkt stehen dabei die zellulären Vorgänge zur Synthese von Proteinen. Werden sie durch Stresseinfluss gestört, können frisch entstehende aber auch bereits gefaltete Proteine destabilisiert und ihrer korrekten Funktion beraubt werden oder sogar aggregieren. Dr. Pfeffer will auf struktureller Ebene untersuchen, wie Zellen auf Stress reagieren, indem sie die Aktivität, Struktur und molekulare Organisation der Ribosomen umgestalten. Dazu nutzt er ein hochmodernes Verfahren der hochauflösenden dreidimensionalen Bildgebung, die Kryoelektronentomographie, mit der sich das Ribosom in seiner zellulären Umgebung auf molekularer Ebene darstellen lässt.
Victoria Ingham
Innovative Methoden der Malaria-Bekämpfung stehen im Mittelpunkt des ERC-Projekts „ReMVeC – How has the rapid scale up of malaria control in Africa impacted vector competence?“ unter Federführung von Victoria Ingham. Malaria wird von Parasiten verursacht, die mit dem Biss eines infizierten Moskitos auf den Menschen übertragen werden. Im Kampf gegen die Infektionskrankheit sind Insektizide und Medikamente die wichtigsten Hilfsmittel. Dagegen haben Moskitos sowie Parasiten jedoch Resistenzen ausgebildet und sterben nicht länger ab. Die medizinische Entomologin will untersuchen, wie sich die unterschiedlichen Resistenzen auf die Entwicklung der Malaria-Parasiten im Moskito auswirken. So soll ermittelt werden, wie Insektizide und Medikamente in Malaria-endemischen Gebieten bestmöglich eingesetzt werden könnten. Zudem will sich Dr. Ingham die Stressreaktion der Moskitos zunutze machen, um neue Strategien zur Minimierung von Infektionen zu entwickeln.
Kathryn Kreckel
In ihrem ERC-Projekt „ISM-METALS – Tracking galaxy evolution with precise and accurate metal abundances in the interstellar medium“ verwendet Kathryn Kreckel schwere Elemente – in der Astronomie als „Metalle“ bezeichnet – im interstellaren Medium, um grundlegende Prozesse der Galaxienentwicklung zu untersuchen. Das Leben und Sterben von Sternen produziert Metalle, die das interstellare Medium, das heißt das Gas zwischen den Sternen innerhalb einer Galaxie, mit Elementen wie Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel anreichern. Diese wiederum sind wichtig für die Bildung der folgenden Sterngenerationen. Mit dem Projekt ISM-METALS will die Astrophysikerin hochpräzise Metallizitätsmessungen in Sternentstehungsgebieten in der Milchstraße und in weiter entfernten Galaxien mit neuen optischen Spektren durchführen.