Philosophische Fakultät Latinistik/Klassische Philologie
Studierende der Latinistik, genauer Lateinischen Philologie, beschäftigen sich mit den aus dem Altertum überlieferten lateinischen Texten und untersuchen diese in ihrer Einbettung in den historisch-kulturellen Kontext sowie nach ihrer sprachlich-literarischen Form.
Folgende Aspekte stehen im Mittelpunkt des Studiums
- Die Sprache, die als Medium der Mitteilung Voraussetzung der Texte ist
- Die Texte als Literatur und ihre formale Gestaltung
- Die hellenistisch-römische Kultur als Kontext
Methodologisch sind zwei Fragestellungen wichtig, die sich gegenseitig ergänzen: eine historische und eine strukturelle. Die historische Fragestellung hat das Ziel, einen Text, seine Entstehung und seine Wirkung aus den Bedingungen seiner Zeit zu begreifen. Diese Fragestellung verbindet die Lateinische Philologie mit anderen Altertumswissenschaften, insbesondere der Alten Geschichte, der Archäologie und der Indogermanistik. Mit ihnen zusammen verfolgt sie das Ziel, die Kultur der griechisch-römische Antike zu erschließen. Die strukturelle Fragestellung konzentriert sich auf den Text an sich, seine Form, seinen Aussagegehalt, seine stilistisch-ästhetischen Qualitäten. Sie stellt die Verbindung mit den anderen philologischen Fächern her, die in ihren Gebieten analoge Sachverhalte erforschen und ermöglicht es, vergleichend die komplexe Beziehung antiker Texte zur europäischen literarischen Tradition zu beschreiben.
Besonderheiten und Merkmale
Studierende der Lateinischen Philologie in Heidelberg haben die Möglichkeit das Fach in allen Facetten kennenzulernen und eigene Interessen zu entwickeln. Die Studierenden profitieren vom literaturwissenschaftlich-theoretischen Schwerpunkt, der in zahlreichen Tagungen und Kooperationen (z.B. mit der Neuphilologie und Philosophie) und insbesondere der Internationalen Koordinationsstelle für die Theorie der Philologie sichtbar wird. Zudem profitieren die Studierenden vom vertieften Einbezug auch der sprachwissenschaftlichen Perspektive auf die Texte, die durch die Existenz des deutschlandweit einzigen Lehrstuhls für Lateinische und Griechische Sprachwissenschaft ermöglicht wird und sich auch im konkreten Lehrangebot niederschlägt.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an der jährlich stattfindenden Internationalen Sommerschule Lateinische Literaturwissenschaft sowie an zahlreichen internationalen ERASMUS-Austauschprogrammen (etwa nach Bologna, London oder Genf). Die Kooperation mit Forschungspartnern der Forschergruppe La poésie augustéenne eröffnet den Studierenden zudem die Möglichkeit zu einem Aufenthalt unter anderem in Cambridge, Oxford oder Rom.
Forschung
Die Lateinische Literaturwissenschaft ist auf die Erforschung der lateinischen Literatur, ihrer Geschichte und ihrer Rezeption im europäischen Kontext gerichtet. Als integraler Bestandteil der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft fragt die Lateinische Literaturwissenschaft nach den Voraussetzungen, die wissenschaftliche Aussagen über ästhetisch-kulturelle Phänomene überhaupt ermöglichen, z.B.
- Was ist (lateinische) Literatur? Was ist (Klassische) Philologie?
- Wie soll man einen lateinischen Text interpretieren? Welche Theorien und Methoden kann man zu seiner Erschließung heranziehen?
- Darf man im hellenistisch-römischen Kulturkreis von Literatur, von Geschichte sprechen?
Im Zentrum steht dabei immer der Text selbst: In textbezogenen Lektüren wird eine Methode entwickelt, die die Entdeckung strukturgesetzlicher Eigenheiten der spätrepublikanischen (Catull, Cicero), augusteischen (Vergil, Properz, Ovid) und neronischen Dichtung (Lucan, Seneca) ermöglicht. Es geht darum, die Philologie als Möglichkeit zur Erforschung der Erkenntnisleistung von Texten und als eine gegen Anachronismen gefeite „Archäologie der Moderne“ zu begreifen, die das Modernitätspotential der antiken literarischen Hinterlassenschaft verstärkt zur Geltung bringt.
Die Sprachwissenschaft versteht sich als mit der Literaturwissenschaft eng verbundene Teildisziplin der Klassischen Philologie. Sie widmet sich unter systematischen und historischen Gesichtspunkten der formalen Beschreibung der Sprache selbst. Zu ihren weiteren Aufgaben gehört die Erklärung des für die europäischen und außereuropäischen Sprachwissenschaften bis heute grundlegenden sprachtheoretischen Denkens der Griechen und Römer; auch ist sie mit der Erforschung der prosodisch-metrischen Gesetzmäßigkeiten sowie der Stilistik und Rhetorik griechischer und römischer Dichtung befasst.
Berufsfelder
Ein Großteil der Studierenden entscheidet sich für das Studium der Lateinischen Philologie, um dieses Fach als Lehrerin oder Lehrer an einem Gymnasium zu unterrichten. Neben einer Tätigkeit an der Schule gibt es aber noch weitere Berufsfelder für Latinistinnen und Latinisten: Es besteht die Möglichkeit, nach Beendigung des Studiums zu promovieren und als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler im Bereich Forschung und Lehre an einer Universität zu arbeiten. Auch sind Bibliotheken, (Schulbuch-)Verlage oder Museen weitere Tätigkeitsfelder. Die überfachlichen Kompetenzen, die beim Studium der Latinistik erworben werden (z.B. Fähigkeit zur Einarbeitung in neue Themengebiete, Kombinationsfähigkeit) qualifizieren die Absolventinnen und Absolventen aber auch zu Tätigkeiten in Bereichen wie Unternehmensberatung oder Organisationsmanagement.
Insights
Ich studiere Latinistik, da es mir Freude bereitet, Originaltexte auf Latein zu lesen. Besonders fasziniert mich hierbei, dass diese Texte heutzutage inhaltlich immer noch Gültigkeit haben und anwendbar sind. Zudem gefällt mir die Genauigkeit der Sprache, die dennoch inhaltlich zugleich sehr komplexe Interpretationen zulässt.
Christina Hermann, 22, Latinistik, 6. Semester Lehramt