5. Arbeitsgespräche zum Verwaltungsrecht
19.04. - 20.04.2024
In der deutschen Verwaltungsrechtswissenschaft wird seit den 1990er Jahren intensiv über die Grundlagen des Fachs und seinen Gegenstand reflektiert. Die Verzahnung von Verwaltungsrechtswissenschaft und Verwaltungsrechtspraxis ist indes bislang noch weitgehend unterbelichtet. Über die Auseinandersetzung der exekutiven, judikativen und legislativen Praxis mit wissenschaftlichen Innovationen ist so gut wie nichts bekannt. Umfang und Art der Rezeption neuer wissenschaftlicher Ansätze durch die Praxis sind ebenso im Dunkeln wie die Gründe für eine indifferente bis zurückhaltende oder gar ablehnende Haltung der Praxis gegenüber wissenschaftlichen Innovationen. Dies gibt Anlass, nach Wahrnehmung, Aufnahme und ggf. Umsetzung vom Stand der Wissenschaft in der Praxis der Verwaltung, Verwaltungsgerichtsbarkeit und Verwaltungsgesetzgebung zu fragen. Forschung hierzu existiert bislang nicht. Vor diesem Hintergrund will das vorliegende Projekt ganz konkret fragen, inwieweit wissenschaftliche Neuerungen der Verwaltungsrechtswissenschaft von der Praxis wahrgenommen werden und für die Praxis an-schlussfähig sind bzw. schon von ihr aufgenommen wurden. „Fragen“ ist hierbei wörtlich zu verstehen, denn Klärung verspricht nur ein unmittelbarer Dialog von Vertretern der Wissenschaft mit Vertretern der Praxis.
Der Dialog von Rechtswissenschaft und Rechtspraxis wird dadurch erleichtert, dass mit der Rechtsdogmatik bereits ein „Kommunikationsformat“ bereitsteht, auf dessen Grundlage ein Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis stattfinden kann. Da Rechtsdogmatik sich durch einen ausgeprägten Anwendungsbezug auszeichnet, eröffnet sie einen Bereich, in dem Wissenschaft und Praxis aus ihrer jeweiligen Perspektive, im Idealfall aber nicht „nebeneinander her“, sondern kooperativ und dialogisch, über die Lösung konkreter Rechtsprobleme nachdenken können und jeweils Beiträge zur Systembildung leisten. Diese – auch im (internationalen) Vergleich – einzigartige Eigenschaft hat verschiedene Facetten. Das vorliegende Projekt möchte aber die in ihr liegenden Chancen fruchtbar machen und die bereits diagnostizierte Möglichkeit der Dogmatik, ein Instrument zur Überbrückung der „Theorie-Praxis-Kluft“ zu sein, positiv nutzen.
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Kahl
kahl(at)jurs.uni-heidelberg.de
Prof. Dr. Ute Mager
Ute.mager(at)jurs.uni-heidelberg.de