Der Wettbewerb um die besten Köpfe, um Mittel und um herausragende Leistungen in Forschung und Lehre wird das Verhältnis der Universitäten zueinander, ihrer Fakultäten und Einrichtungen national und international jetzt und in den nächsten Jahren immer stärker prägen. Auf diesen vielfältigen Wettbewerb ist die Ruprecht-Karls-Universität als klassische Institution der Wissenschaft mit ihrer vollen Fächerbreite in den Geistes- und Naturwissenschaften und in der Medizin schon heute gut vorbereitet.
Dennoch muss sich die Ruperto Carola breitflächig und teilweise tiefgreifend modernisieren und weiter internationalisieren, um nicht
im scharfen Wettbewerb zurückzufallen, aber auch um hier und da
deutlich wahrnehmbare Mängel möglichst schnell zu beseitigen. – In
diesem Wettbewerb stellt sich die Universität der Auseinandersetzung
mit aktuellen Problemen, Diskussionen und Entwicklungen in
der Gesellschaft – getreu ihrem Motto „Semper Apertus“.
Diesen Anforderungen will das Rektorat in den Jahren 2001 bis 2004
unter folgenden Leitpunkten gerecht zu werden versuchen:
1. Im Bereich der Forschung sind die vorhandenen Quellen der
Exzellenz zahlenmäßig spürbar zu erhöhen und auf größere Einheiten
auszudehnen. Das Rektorat strebt an, Exzellenzen frühzeitig zu
erkennen und zu fördern. Forscher-Netzwerke und Forschungszentren
sind gerade in den Geisteswissenschaften zu ermutigen.
2. Das Rektorat wird die erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln im
Rahmen des Budgetierungsmodells honorieren und neue
Antragstellungen administrativ unterstützen. Besonderes Augenmerk
ist der zurzeit nur in geringem Maße genutzten Forschungsförderung
durch die Europäische Kommission zu widmen. Sogenannte
„Overheads“ aus existierenden Projekten sollen verstärkt zur
professionellen Unterstützung bei der Durchführung des
aufwändigen Antragsverfahrens eingesetzt werden. Auch in den
Geisteswissenschaften sollte neben den bisherigen Formen der
Forschungsförderung Drittmittel-geförderte Forschung vermehrt
genutzt werden.
3. Im Bereich der Lehre bilden die Einführung und Ausgestaltung von
BA/MA-Studiengängen einen Schwerpunkt. Hier geht es zunächst um
die Möglichkeit und Notwendigkeit, Bachelor-Abschlüsse inhaltlich
und organisatorisch sinnvoll in vorhandene Studiengänge
einzubauen. Zusätzliche Master-Abschlüsse kommen vornehmlich für
Aufbaustudiengänge und neue anwendungsorientierte Studiengänge
in Betracht; diese sind als Exzellenz-Studiengänge zu konzipieren und
stehen konsequent nur den wissenschaftlich ausgewiesen besten
Studierenden offen. Davon sind die weiterführenden Studiengänge
abzugrenzen, die künftig in der Regel mit einem Diplom abschließen.
Des Weiteren werden insbesondere Fragen der Abstimmung der
Studieninhalte innerhalb des jeweiligen Studiengangs, der Akzeptanz
dieser Abschlüsse bei den potentiellen Arbeitgebern sowie die
Vergleichbarkeit dieser Abschlüsse mit den Abschlüssen in anderen
europäischen und außereuropäischen Ländern eine gewichtige Rolle
spielen. – Für überdurchschnittliche Masterabsolventen kann sich
eine Promotion anschließen. Inwieweit die in den Heidelberger
Graduiertenkollegs gesammelten Erfahrungen für die generelle
Einführung von Doktorandenstudien nutzbar gemacht werden
können, wird zu prüfen sein.
4. Weiterer Schwerpunkt im Bereich der Lehre wird eine stärkere
Betonung der Lehrtätigkeit sein. Dabei geht es zunächst um das
Erfassen der Lehrleistungen im Wege von Evaluationen und
anschließend um die Berücksichtigung dieser Ergebnisse bei der
Mittelvergabe (z.B. im Verhandlungsteil des Budgetierungsmodells).
Im Vordergrund wird die Belohnung guter Lehrtätigkeit stehen.
Konsequent unterstützt das Rektorat und in ihm namentlich die
Prorektorin für Lehre die Studiendekane in ihrer Funktion und stellt
diese weithin erkennbar heraus. – Das Rektorat möchte die Fakultäten
ermutigen, auch in geeigneten Bereichen der Lehre beispielgebende
Exzellenz zu formen.
5. Parallel zu der unveränderten und weiterhin zu sichernden
Bedeutung von Deutsch als Wissenschaftssprache werden im
Hinblick auf die Stärkung der Ruperto Carola im internationalen
Wettbewerb zum einen in Heidelberg verstärkt Workshops,
Sommerkurse und praxisorientierte Seminare in englischer Sprache
stattfinden. Darüber hinaus sollen in Disziplinen, in denen dies
Rechenschaftsbericht des Rektorats 2001/2002 sinnvoll und im Hinblick auf die vorhandenen Kapazitäten möglich
erscheint, neue englischsprachige Studiengänge initiiert oder
englischsprachige Lehrveranstaltungen in existierende Studiengänge
integriert werden. Für an der Universität Heidelberg studierende
Ausländer sollen allgemeine Deutschkurse obligatorisch sein.
6. Partnerschaften mit osteuropäischen, asiatischen und nord- wie
südamerikanischen Universitäten sollen verstärkt werden
(„Heidelberg – das Tor zu Europa“). In diesem Zusammenhang stehen
neben dem schon in Santiago de Chile begonnenen
Europastudiengang das Projekt „Amerikastudien“ sowie ein Aufbaustudiengang
für den Führungsnachwuchs vornehmlich in
Entwicklungs- und Schwellenländern unter Leitung der Wirtschaftswissenschaftler.
Die Eröffnung eines Universitätshauses in einem
anderen Land kann dabei ein erster Schritt zu möglichen Lehrexporten
sein.
7. Die Professionalisierung nach dem reformierten Universitätsgesetz
erfordert es u.a., manche der vorhandenen Fakultäten
insgesamt oder zumindest intern umzustrukturieren. Das gilt für die
Natur- und Geisteswissenschaften ebenso wie für die Medizin (Punkt
9). Diese Umstrukturierung darf sich nicht in einer bloß rechtlichen
Umorganisation erschöpfen; vielmehr wird das Rektorat mit Sorgfalt
darauf zu achten haben, dass die Neustrukturierung vor allem
inhaltlich im Zusammenwachsen der Fächer unter Wahrung ihrer
spezifischen Vielfalt Schritt für Schritt vollzogen wird.
8. Wenn insbesondere die großen Fakultäten ihre Leitungsstruktur
noch stärker professionalisieren wollen, so wird das Rektorat sie
hierbei nachdrücklich unterstützen; das kann auf der Ebene der
Fakultäten einen gewissen Verschub von Ressourcen zur Folge
haben.
9. Die Fakultäten für Medizin in Heidelberg und Mannheim haben
sich darauf verständigt, in eine Fakultät zusammenwachsen zu
wollen, und unter Beibehaltung der örtlichen Strukturen ein
einheitliches Konzept in Lehre, Forschung und akademischer
Selbstverwaltung sowie einheitliche wissenschaftliche Schwerpunkte
zu entwickeln. Strategische Entscheidungen zur fachlichen
Ausrichtung der Lehrstühle, zur wissenschaftlichen Kooperation und
zur Schwerpunktforschung sollen dann in der Gesamtfakultät
getroffen werden. Das Rektorat legt darüber hinaus Wert darauf, die
Einbindung der beiden Medizinischen Fakultäten und dann der
Gesamtfakultät in die Universität zu bewahren und zu stärken. – Das
Rektorat erwartet, dass sich gleichzeitig die Universitätsklinika
einander annähern. Über die Art und Weise der dazu notwendigen
Strukturänderungen wird erst nach Vorlage jenes Berichtes zu
befinden sein, den der Wissenschaftsrat für das Frühjahr 2002 in
Aussicht gestellt hat. Das „Universitätsklinikum Mannheim“ wird auf
jeden Fall erhalten bleiben.
10. Das in breitem Konsens von Senat und Universitätsrat
verabschiedete Budgetierungsmodell wird nun engagiert umgesetzt.
Dabei muss die Akzeptanz eines solchen Modells und der daraus
folgenden Konsequenzen bei den Beteiligten sichergestellt sein. Die
zweijährige Erprobungsphase des Modells dient seiner sinnvollen
Weiterentwicklung. Die finanziellen Gestaltungsspielräume der
Universität werden auch zu dem Zweck zu nutzen sein, Ideen und
Erfolge sichtbar zu prämieren. Das schließt umfassende
Evaluierungen über die Zeit hinweg mit ein. Voraussetzung hierfür ist
ein in Monitoring und Controlling integriertes Informationsmanagementsystem,
das zuverlässige Informationen liefert, den
Aufwand für die Informationsbeschaffung vermindert und so wieder
die Konzentration auf Forschung und Lehre erlaubt. Die
Implementierung eines solchen Systems im Rahmen des IMPULSEProjekts
wird ein weiterer Schwerpunkt des Rektorats sein. Die
ursprünglichen Ziele des IMPULSE Projektes wie die vollständige
Umstellung der Ressourcenverwaltung auf kaufmännische
Buchführung werden unverändert und konsequent weiterverfolgt.
11. Die Prozesse der Modernisierung und Internationalisierung
werden betont von den Instituten und Fakultäten her ausgehen
müssen. Deren Struktur- und Entwicklungspläne sind Grundlage der
Materialisierung und Konkretisierung auf der Ebene der Universität.
Deren Spitze wird sich auf die Stimulierung solcher Prozesse zu
konzentrieren haben; allerdings ist Initiierung dort, wo nötig, nicht
ausgeschlossen. Dazu gehören unmittelbare Begegnungen zwischen
dem Rektorat und den Akteuren in Forschung und Lehre auf
Fakultäts- und Institutsebene. Den Gremien der Gesamtuniversität
Rechenschaftsbericht des Rektorats 2001/2002
wird es vorbehalten bleiben, die Schwerpunkte in den Struktur- und
Entwicklungsplänen der Fakultäten und wissenschaftlichen Einrichtungen
gestaltend zu gewichten; das kann im Einzelfall
Abweichungen von den Vorstellungen der Fakultäten und
Einrichtungen zur Folge haben.
12. Das Verhältnis zwischen der Universität und der Politik auf allen
Ebenen wird weiter auszubauen und zu optimieren sein.