Rückblickend gesehen war das Jahr 2005 ein gutes Jahr für die Universitäten in Deutschland. Die "Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder" ist gewiss ein Meilenstein der deutschen Hochschulpolitik und wird gezielt den Universitäten helfen, zumindest in Teilen zur Weltspitze aufzuschließen. In Baden-Württemberg hat das neue Landeshochschulgesetz die Autonomie der Hochschulen erheblich ausgebaut. Ganz auf dieser Linie hat das Bundesverfassungsgericht die Rolle der Länder und die Autonomie der Hochschulen erneut gestärkt.
Dass die Bilanz so positiv ausfallen würde, war im Verlauf des Jahres 2005 nicht immer absehbar. Im Gegenteil. Die Richtung der Hochschulpolitik in Deutschland war 2005 nur selten klar erkennbar - Blockaden und machtpolitische Winkelzüge drohten, die Aufbruchstimmung des Vorjahres verpuffen zu lassen. Die Universität Heidelberg ist sehr froh darüber, dass die Politik die Chancen für den Wissenschaftsstandort Deutschland letztlich doch noch genutzt hat. Der Kompromiss zur Exzellenzinitiative war dabei sicherlich das herausragende hochschulpolitische Ereignis des gesamten Jahres. Dies wegweisende Programm zur Förderung der Spitzenforschung an Universitäten wird die Ausstattung der besten Universitäten verbessern, deren Profilbildung unterstützen und die weitere Differenzierung unter den deutschen Hochschulen vorantreiben. Das wird die Struktur der Hochschullandschaft in der nächsten und mittleren Zukunft nachhaltig prägen. Der ca. 1,9 Mrd.€ "schwere" Wettbewerb ist im Sommer 2005 mit einem sehr engen Zeitplan angelaufen; bereits Ende 2006 sollen die ersten Gelder fließen. Die Exzellenzinitiative ist auf zunächst fünf Jahre angelegt und in drei Förderlinien aufgefächert. In der ersten Förderlinie werden etwa 40 Graduiertenschulen mit durchschnittlich je 1,0 Mio. € pro Jahr gefördert. Für ca. 30 so genannte "Exzellenzcluster" (Forschungsverbünde) stehen in der zweiten Förderlinie jeweils durchschnittlich je 6,5 Mio. € pro Jahr zur Verfügung.
Universitäten, die in den beiden ersten Förderlinien erfolgreich sind, können sich schließlich in der dritten Förderlinie mit einem "Zukunftskonzept zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung" bewerben. Die dabei ausgewählten zehn "Elite-Universitäten" sollen durchschnittlich 21 Mio. € pro Jahr inklusive der Graduiertenschulen und der Exzellenzcluster erhalten. Die Universität Heidelberg hat die Herausforderung angenommen und insgesamt zehn Skizzen für alle drei Förderlinien eingereicht. In der Vorausscheidung war sie in allen drei Förderlinien erfolgreich und hofft nun auf die Aufnahme in den Kreis der Eliteuniversitäten mit internationaler Sichtbarkeit.
Das Bundesverfassungsgericht hat auch 2005 eine gewichtige Rolle in der Hochschulpolitik gespielt. Mit seinem Urteil zu Studienbeiträgen hat es die Verantwortung der Länder weiter und mit großer Intensität zu Lasten des Bundes gestärkt. Den Ländern werden weitreichende Freiheiten für die Einführung und Ausgestaltung von Studienbeiträgen eingeräumt. Zusammen mit den anderen Universitäten Baden-Württembergs hat die Universität Heidelberg dies Urteil uneingeschränkt begrüßt und betont, dass sozialverträgliche Studienbeiträge als zusätzliche Einnahmen ausschließlich für die Verbesserung der Lehre eingesetzt werden sollen und in dieser Verwendung unverzichtbar sind, um die Hochschullehre in Deutschland auf internationales Niveau heben zu können. Die Bemühungen der Landesregierung, die neu gewonnenen Freiräume so schnell wie möglich zu nutzen, wurden deshalb nachdrücklich unterstützt. Die im Dezember 2005 mit der Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes beschlossene Einführung von Studienbeiträgen ab dem Sommersemester 2007 ist deshalb aus Sicht der Universität Heidelberg ein richtiger und notwendiger Schritt zur Verbesserung der Studienbedingungen.
Bei der konkreten Ausgestaltung jedoch sieht die Universität noch erheblichen Nachbesserungsbedarf. Die Akzeptanz der Studienbeiträge wird maßgeblich davon abhängen, dass sie möglichst ungeschmälert für die Verbesserung der Lehr- und Studienbedingungen zur Verfügung stehen und, dass die Studierenden über die konkrete Verwendung der Mittel prägend mitentscheiden können. In dieser Einschätzung sind sich alle Leitungsgremien der Universität einig. Diese wird hierzu ihren Beitrag leisten, ist aber sehr besorgt darüber, dass dies neue Gesetz einen absehbar hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringt und die finanziellen Risiken für die notwendigen Studienkredite allein den Hochschulen aufbürdet.
Die Bundestagswahl 2005 hat auch für die Hochschulen wichtige Konsequenzen gebracht. Die neue Bundesregierung möchte der Bildungs- und Forschungspolitik einen noch höheren Stellenwert beimessen. Das Bekenntnis zum Ziel der europäischen Regierungen, bis zum Jahr 2010 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen, sieht die Universität Heidelberg als überaus bedeutsam an. Um allerdings dies ehrgeizige Ziel zu erreichen, müssen alle Beteiligten - insbesondere Bund, Länder und die Wirtschaft - konsequent ihre Investitionen in Bildung und Wissenschaft erhöhen. Ein erster Schritt hierfür ist der von der Hochschulrektorenkonferenz geforderte "Hochschulpakt 2020", der im Zusammenwirken der Länder mit dem Bund den Hochschulen erlauben könnte, trotz steigender Studierendenzahlen die Qualität ihrer Lehrangebote aufrecht zu erhalten und nach Kräften weiter zu verbessern. Zusammen mit der Exzellenzinitiative könnte so die strukturelle Unterfinanzierung der deutschen Universitäten, in der Vergangenheit dramatisch angewachsen, abgebaut werden. Wenigstens zum Aufwuchs der Studierendenzahlen ab 2011/2012 hat das Land Baden-Württemberg ermutigend Hilfen zugesagt.
Die neue Bundesregierung hat sich vorgenommen, die im Dezember 2004 zunächst gescheiterte Reform der bundesstaatlichen Ordnung auf der Basis der bereits weitgehend konsentierten Ergebnisse der Föderalismuskommission erneut auf den Weg zu bringen. Diese Pläne hätten gravierende Auswirkungen auf die Hochschulpolitik und die einzelnen Hochschulen. Durch den Wegfall der Rahmengesetzgebung (und damit des Hochschulrahmengesetzes) und der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau würden dem Bund in der Hochschulpolitik fast alle Kompetenzen entzogen, während die Länder deutlich gestärkt würden. Lediglich in der Forschungspolitik sollen die Gestaltungsmöglichkeiten des Bundes weitgehend erhalten werden. Die Universität Heidelberg sieht hierin einerseits Chancen für landespolische Gestaltungen, die der führenden Rolle Baden-Württembergs in der deutschen Bildungs- und Wissenschaftspolitik Rechnung tragen.
Andererseits birgt der geplante Kompetenzzuwachs für die Bundesländer erhebliche Risiken für die deutsche Wissenschaft: Werden die Gestaltungsmöglichkeiten finanziell unterlegt sein? Indes - die Universität Heidelberg ist sich gewiss: Baden-Württemberg mit seiner besonders leistungsfähigen und ausgeglichenen Hochschulstruktur wird seine besondere Aufgabe zukunftsgerichtet und erfolgreich wahrnehmen. Gemeinsam mit den anderen Landesuniversitäten hofft die Ruperto Carola deshalb, dass das Land der gewachsenen Verantwortung gerecht wird und sich weitsichtig einer sinnvollen und dringend notwendigen Koordination zwischen den Bundesländern, aber auch mit dem Bund nicht entziehen wird. Namentlich im Hochschulbau dürfen die Investitionen weder verringert, noch aufgeschoben werden. Im Gegenteil: Der Sanierungsstau muss beherzt abgebaut werden - und zwar ganz maßgeblich durch das Land; für einen wesentlichen Beitrag der Universitäten fehlen diesen schlicht die Mittel.
Zum Jahreswechsel 2004/2005 löste das Landeshochschulgesetz (LHG) das Universitätsgesetz (UG) ab. Das neue Gesetz enthält viele zum Teil weitreichende Änderungen, die von der Universität spätestens bis zum 30. September 2006 umgesetzt werden müssen. Die intensiven Diskussionen innerhalb der Universität sollen in einer neuen Grundordnung Niederschlag finden, für die eine Senatskommission einen Entwurf erarbeitet hat. Zentrales Ziel war es dabei, die Freiräume, die das LHG den Universitäten eröffnet, im Sinne größtmöglicher Autonomie zu nutzen und dabei insbesondere den Senat, aber auch die Fakultätsräte im Vergleich zu der im LHG vorgesehenen Minimalbeteiligung möglichst weitgehend zu stärken. So sieht die neue Grundordnung etwa vor, dass Berufungslisten auch weiterhin der Zustimmung des Fakultätsrats und der des Senats bedürfen. Der Austausch zwischen Senat und Universitätsrat wird durch die Einrichtung eines Ersten und Zweiten Sprechers des Senats intensiviert und institutionalisiert.
Ihre Existenz und ihr Wirken hat sich im Berichtsjahr schon überaus förderlich ausgewirkt. Schließlich erachtet es die Universität als unabdingbar, dass ihre Mitglieder im Universitätsrat vertreten sind, um die Fächervielfalt und die damit verbundenen Erfahrungen und spezifischen Sichtweisen in die strategischen Entscheidungen einfließen zu lassen: nach den in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen haben die internen Mitglieder des Universitätsrates dessen Beratungen mit dem Rektorat erheblich bereichert und ausgerundet. Dem Universitätsrat sollen deshalb neben sechs externen auch unter dem neuen Recht fünf interne Mitglieder angehören. Der Entwurf der neuen Grundordnung wurde am 15.11.2005 und 14.02.2006 vom Senat mit großer Mehrheit beschlossen, vom Universitätsrat am 03.03.2006 befürwortet und liegt nun dem Ministerium zur Genehmigung vor.
Die Universität Heidelberg hat sich an den lebhaften hochschulpolitischen Debatten auf Landes- und Bundesebene engagiert beteiligt. Als Sprecher der Mitgliedergruppe Universitäten und Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat Rektor Hommelhoff insbesondere eingehende Diskussionen über die langfristige Entwicklung und Gestaltung des Hochschulsystems angestoßen und den Universitäten in Deutschland eine deutlich vernehmbare Stimme verliehen. In der rechtspolitischen Debatte um einen eigenständigen Wissenschaftstarifvertrag hat er sich als zuständiges Präsidiumsmitglied der HRK gemeinsam mit Kanzlerin Frost, die eine für diesen Fragenkreis zuständige Arbeitsgruppe der deutschen Universitätskanzler leitet, vielfältig dafür eingesetzt, dass die Besonderheiten des Wissenschaftsbetriebes auch in die tarifrechtlichen Bestimmungen für die Hochschulen Eingang finden. Die HRK hat hierfür eigene Entwürfe für Tarifverträge vorgelegt und ist in die Verhandlungsdelegation der Tarifgemeinschaft der Länder eingebunden. Den aktuellen Arbeitskampf in den Universitätsklinika unter Einschluss des Heidelberger Klinikums beobachtet die Leitung der Ruperto Carola daher mit gespannter Aufmerksamkeit.