Das zum Jahresbeginn in Kraft getretene Landeshochschulgesetz (LHG) prägte die Arbeit des Senats im Jahr 2005 in besonderer Weise. Das neue Gesetz hat u. a. die Zuständigkeiten der drei Leitungsgremien Universitätsrat, Rektorat und Senat neu geordnet und dabei die gesetzlichen Befugnisse des Senats zugunsten des Universitätsrates und des Rektorats deutlich beschnitten. Die noch nicht in Kraft getretene Grundordnung der Universität wird die "Entmachtung" des Senats deutlich abfedern. Durch die im Vorgriff auf die neue Grundordnung erfolgte Wahl eines Ersten und Zweiten Sprechers des Senats wurde nicht nur die Kommunikation zwischen den Leitungsgremien erheblich erleichtert, sondern auch die Möglichkeit der frühzeitigen Einflussnahme des Senats auf Entscheidungen des Rektorats und Universitätsrats verbessert.
Die akademische Expertise und Erfahrung des Senats ist vor allem bei der Besetzung von Professuren von großer Bedeutung. Die Universität hat sich deshalb bei der Erarbeitung der neuen Grundordnung bewusst dafür entschieden, dass alle Berufungslisten auch weiterhin im Senat diskutiert und zur Abstimmung gestellt werden müssen. Auch die Entsendung eines Senatsberichterstatters in die Berufungskommissionen soll beibehalten werden. Der Senat stellt damit eine entscheidende Instanz für die Qualitätssicherung bei der sehr sensiblen Berufungspolitik dar. Er hat diese wichtige Aufgabe auch im Jahr 2005 sehr gewissenhaft ausgefüllt. Dabei wurden 32 Berufungslisten beschlossen und eine Liste zurückgezogen. Bei vier Listen wurde vom Instrument des Sperrvermerks vor dem zweiten oder dritten Platz Gebrauch gemacht. Die sehr intensiven und kritischen Diskussionen von Berufungslisten haben zweifellos auch einen vorbeugenden Effekt für die Qualitätssicherung und die Einhaltung der Regeln des wissenschaftlichen Verhaltens.
Initiativen von Senatoren und die Beratungsergebnisse von Senatskommissionen haben bei zentralen Entscheidungen über zukünftige Strukturen eine wichtige Rolle gespielt, vor allem bei der Neukonzeption der Wirtschaftswissenschaften aber auch bei der mittelfristig geplanten Zusammenführung der beiden medizinischen Fakultäten bzw. dem raschen Ausbau der Mannheimer Fakultät zu einer Vollfakultät.
Der Senat hat sich mehrfach öffentlich zu hochschulpolitischen Themen geäußert. Beispielsweise hat er im September 2005 eine ausführliche Stellungnahme zur geplanten Einführung von Studiengebühren abgegeben, dabei insbesondere vor einem zu hohen Verwaltungsaufwand gewarnt und darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen über die Verwendung der Studiengebühren zur Verbesserung der Lehre und Studienbedingungen unter angemessener Beteiligung der Studierenden in erster Linie in den Fakultäten und Instituten fallen sollten.
Die Aufbruchsituation, in der sich unsere Universität befindet, sowie die zahlreichen und langfristig wirksamen Weichenstellungen, über welche derzeit zu entscheiden ist, haben zur paradoxen Situation geführt, dass der Senat zwar durch das neue Hochschulgesetz de jure "entmachtet" wurde, de facto aber durch die Schaffung der Funktionen des Ersten und Zweiten Senatssprechers, die Aufnahme des Ersten Senatssprechers in den Strategie-Lenkungsausschuss der Universität, die enge Abstimmung und die kritisch-kollegiale Zusammenarbeit mit dem Rektorat und dem Universitätsrat mehr Einfluss hat als zuvor. Für die sehr gute Zusammenarbeit danke ich im Namen des Senats dem Rektorat, dem Universitätsrat, den Fakultäten und Einrichtungen sowie den Mitarbeitern der Administration.
Heidelberg, im Mai 2006