Heidelberger Poetikdozentur 2019
2019 – ULF STOLTERFOHT
»Gedichte liest man nicht, um sie zu verstehen«, konstatiert Ulf Stolterfoht 2007, »sondern um das Verstehen ein bisschen besser zu verstehen«. Diese die Hermetik rechtfertigende hermeneutische Leseanleitung gilt auch für Stolterfohts eigene poetische Produktion: In seinen Gedichten und Essays gibt er immer wieder einem gegensinnigen Grundimpuls nach, der Sinnzuschreibungen herkömmlicher Art unterläuft und Sprache stattdessen als artifizielles und experimentelles Konstrukt von Buchstaben, Wörtern, Sätzen, Lauten und Bildern sicht- und hörbar werden lässt. Dabei zerlegt, montiert und rekombiniert er Fragmente, Figuren und Bilder aus den unterschiedlichsten Wissensbereichen und Textwelten. In einerseits sprachkritischer und sprachphilosophischer, andererseits avantgardistisch-experimenteller Tradition loten seine Texte auf ironisch-witzige, mitunter auch rauschhafte Weise das existentielle Verhältnis von Sprache, Ich und Welt aus, wie es für unsere Gegenwart charakteristisch ist.
Ulf Stolterfoht wurde am 8. Juni 1963 in Stuttgart geboren, studierte Germanistik, Allgemeine Sprachwissenschaft in Bochum und Tübingen und lebt heute als freier Schriftsteller in Berlin. Poetikdozenturen an den Universitäten Hildesheim (2009) und Utrecht (2013), daneben immer wieder Lehrtätigkeiten an den Literaturinstituten in Leipzig, Wien, Biel und Kopenhagen. Stolterfoht ist Mitglied der Darmstädter und der Berliner Akademie, des Impro-Kollektivs Das Weibchen sowie der Lyrikknappschaft Schöneberg. Seit 2015 betreibt er den Verlag Brueterich Press: »Schwierige Lyrik zu einem sehr hohen Preis – dann ist es Brueterich Press!«
Werke (Auswahl)
fachsprachen XXXVII–XLV. Gedichte. Berlin (kookbooks) 2018.
was branko sagt. Ostheim/Rhön (Engstler) 2014.
Neu-Jerusalem. Gedicht. Berlin (kookbooks) 2014.
wider die wiesel. Gedichte. Mit einem Nachwort von Ulf Stolterfoht und einer Bibliographischen Notiz. Ostheim/Rhön (Engstler) 2013.
Das deutsche Dichterabzeichen. Leipzig (Reinecke & Voß) 2012.
Ammengespräche. Hg. von Urs Engeler. Berlin, Holderbank (roughbook) 2010.
das nomentano-manifest. Ostheim / Rhön (Engstler) 2009.
fachsprachen XXVIII–XXXVI. Basel, Weil am Rhein (Engeler) 2009.
holzrauch über heslach. Basel, Weil am Rhein (Engeler) 2007.
fachsprachen XIX–XXVII. Basel, Weil am Rhein, Wien (Engeler) 2005.
traktat vom widergang. Ostheim / Rhön (Engstler) 2005.
fachsprachen X–XVIII. Basel, Weil am Rhein, Wien (Engeler) 2002.
fachsprachen I–IX. Basel, Weil am Rhein, Wien (Engeler) 1998.
Übersetzungen
Gertrude Stein: »Winning His Way. A Narrative Poem of Poetry«. Ulf Stolterfoht: »wie man seine art gewinnt. ein erzählgedicht über dichtung«.
Basel, Weil am Rhein, Wien (Engeler) 2005.
J. H. Prynne: »Poems. Gedichte«. Übersetzt von Ulf Stolterfoht und Hans Thill. Heidelberg (Wunderhorn) 2007.
Tim Turnbull: »Es lebt! Gedichte«. Übersetzt von Norbert Hummelt, Birgit Kempker, Norbert Lange, Ulf Stolterfoht, Hans Thill und Jan Wagner. O.O. (roughradio) 2009.
Tom Raworth: »Logbuch. Gedichte«. Aus dem Englischen übersetzt von Ulf Stolterfoht. Heidelberg (Wunderhorn) 2011.
Auszeichnungen (u.a.)
2016 Preis der Literaturhäuser
2015 London-Stipendium des Deutschen Literaturfonds
2011 Heimrad-Bäcker-Preis
2009 Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung gemeinsam mit Barbara Köhler
2008 Peter-Huchel-Preis
2007 Stipendium der Villa Massimo
2006 Alfred Gruber-Preis beim Lyrikpreis Meran
2005 Anna-Seghers-Preis
2004 Heimrad Bäcker-Förderpreis
2003 Ernst Meister-Förderpreis
2001 Christine Lavant Preis
2000 Förderpreis für Literatur des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft
2000 Hans-Erich-Nossack-Förderpreis
1994 Open Mike – Internationaler Wettbewerb junger deutschsprachiger Prosa und Lyrik
Programm
Montag, 24. Juni 2019, 19:15 Uhr, Alte Aula:
1. Poetikvorlesung mit Ulf Stolterfoht: Methodenmann vs. Grubenzwang und mündelsichre Rübsal
Montag, 1. Juli 2019, 19:15 Uhr, Neue Universität, Hörsaal 13:
2. Poetikvorlesung mit Ulf Stolterfoht: Methodenmann vs. Grubenzwang und mündelsichre Rübsal
Freitag, 5. Juli 2019, 20 Uhr, DAI:
Ulf Stolterfoht: 20 Jahre fachsprachen. Lesung im Rahmen der Poetikdozentur
Montag, 8. Juli 2019, 19:15 Uhr, Neue Universität, Hörsaal 13:
3. Poetikvorlesung mit Ulf Stolterfoht: Methodenmann vs. Grubenzwang und mündelsichre Rübsal
Die Heidelberger Poetikvorlesungen erscheinen beim Universitätsverlag Winter
Die Heidelberger Poetikdozentur wird gefördert vom Kulturamt der Stadt Heidelberg.
Wir bedanken uns bei unseren Sponsoren Dr. Karin Koepff und Dr. Peter Koepff.
Copyright Autorenfoto: Dirk Skiba