DFG-Projekt "Handbuch und Untersuchung antiker Zauberzeichen von ihren Ursprüngen bis in das 7. Jahrhundert"

Leitung: Dr. Kirsten Dzwiza

Zeitraum: 01.01.2017 – 31.12.2019

 

Kurzdarstellung

Zauberzeichen bilden eine formenreiche, bisher nicht gedeutete Gruppe antiker Zeichen, die ausschließlich in Kontexten der Interaktion mit höheren Mächten auftreten und als nicht lesbar oder kryptisch klassifiziert werden. Die frühesten Belege aus dem 1. Jh. n. Chr. sind in griechischer, kurz darauf in hebräischer und lateinischer Sprache aus Griechenland, Großbritannien und Frankreich überliefert, etwa gleichzeitig mit einer griechischen Ritualanleitung aus Ägypten, in der erstmals der antike Fachbegriff Charaktêres in Erscheinung tritt. Bereits im 2. Jh. ist die Verwendung von Zauberzeichen im gesamten Römischen Reich und in Verbindung mit griechischen, ägyptischen, römischen und jüdischen Elementen verbreitet. Seit dem 3. Jh. finden sich die Zeichen in demotischen und koptischen Texten und seit dem 4. Jh. in aramäischen.

Das Ziel des ab 2017 für drei Jahre von der DFG geförderten Projekts ist es, die seit gut 100 Jahren formulierten Forschungslücken mit der Erstellung eines Inventars der Zauberzeichen und der Beantwortung der dringlichsten Fragestellungen zu schließen. Diese umfassen thematisch 1.) den Ursprung, das Vorkommen und die Verbreitung der Zauberzeichen, 2.) ihre Verwendung und Funktion, 3.) ihre Lesbarkeit sowie 4.) die religiösen Kontexte, in denen Zauberzeichen auftreten. Der Weg dahin beginnt bei der erstmaligen Zusammenstellung, Ordnung und Deutung der Quellen zur antiken Zauberzeichenpraxis, zu denen schrifttragende Artefakte, Ritualanleitungen und literarische Texte gehören.

Die Beantwortung der Fragen soll auf dieser Materialbasis aufbauend anhand von fünf Untersuchungen erfolgen. Die erste Untersuchung umfasst statistische Analysen ausgewählter Merkmale der Artefakte mit dem Ziel, belastbare Aussagen insbesondere über die religiösen und sprachlichen Kontexte der Zeichen formulieren zu können. Daran schließt sich die Erstellung und Interpretation parametervariabler Verbreitungskarten zur Unterstützung einer Rekonstruktion des Ursprungs und der Verbreitung der Zeichen an. Die dritte Studie konzentriert sich auf das Vorkommen antiker Fachtermini für Zauberzeichen und die Auswertung der mit ihnen verbundenen Informationen. Die vierte Studie betrifft die Ritualanleitungen, die einen detaillierten Einblick in die Herstellung und Handhabung der Zeichen gewähren und die einzige Quelle bilden, in der auch verbale Ritualkontexte überliefert sind. Ziel ist es, den „Lebenszyklus“ von Zauberzeichen zu rekonstruieren: Von der Herstellung über die rituellen Handlungen, die an ihnen vollzogen werden, bis hin zu ihrer postrituellen Verwendung. Die letzte Studie widmet sich der Frage nach der Lesbarkeit der Zeichen. Dazu sollen die lesbaren Zeichen erstmals zusammengestellt und untersucht werden. Anschließend ist eine computerunterstützte Suche nach wiederholten Sequenzen auf Artefakten unter Einbeziehung der mit den Zauberzeichen kontextualisierten Inhalte für die Rekonstruktion einzelner Bedeutungszuweisungen geplant. Die Untersuchung ist als explorativ und hypothesengenerierend zu verstehen, als ein erster Ansatz, sich der Problematik systematisch anzunähern.

Die fünf Untersuchungen wurden mit dem Ziel zusammengestellt, eine differenzierte Beantwortung der Fragestellungen zu ermöglichen, um so einer einseitigen Interpretation vorzubeugen, wie sie bei bisherigen Arbeiten zu beobachten ist. Die gewonnenen Ergebnisse sollen eine substantielle Grundlage für zukünftige Untersuchungen zur Verfügung stellen, auf die fachübergreifend aufgebaut werden kann.

 

Kontaktdaten: kirsten.dzwiza@uni-heidelberg.de

 

Weiterführende Informationen finden Sie auf der Webseite des Projekts unter

https://charakteres.com/

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 17.01.2018
zum Seitenanfang/up