Erfahrungen von Loic, Master im Sommersemester 2023 abgeschlossen
Was sind die Vorteile des Programms im Vergleich zu anderen Masterstudiengängen und Doktorandenprogrammen, die angeboten werden?
Im deutsch-französischen Programm lernt man auf profunde Weise zwei ganz unterschiedliche Wissenschaftssysteme kennen, was ich als ungemein bereichernd wahrgenommen habe. Bereits zu Beginn des Studiums setzt man das Thema der eigenen Masterarbeit fest, das sich zwar noch nachträglich ändern lässt, aber eben von vorn herein einen Anker bietet, an dem man eine ganze Reihe von verschiedenen historiographischen, methodischen und quellenkritischen Herangehensweisen ausprobieren kann, die man im Laufe des Studiums kennenlernt. Das ermöglicht, dass Ansätze, wie etwa Interdiszipinarität nicht im luftleeren Raum stehen, sondern sich immer mit der Frage “wie kann ich das für die eigene Arbeit nutzen?” verbinden lassen. Weiterhin ermöglicht die Nähe und Ausrichtung im Programm zur aktiven Forschung das eigene Thema über lange Zeit detailliert zu bearbeiten und etwa auch viele Quellen aus Archiven miteinzubeziehen, was für eine Masterarbeit nicht selbstverständlich ist. Dadurch wird es möglich auch den Arbeitsort “Archiv” im deutsch-französischen Vergleich kennenzulernen.
Wie war das für dich, ein Jahr lang in einem anspruchsvollen Studiengang im Ausland zu studieren?
Das Studium im Ausland stellt einerseits eine besondere Herausforderung dar, da sowohl Sprache als auch Umfeld neu sind – andererseits bietet es aber auch die Chance an seinen Aufgaben zu wachsen. Mir persönlich hat das Auslandjahr besonders viel in Bezug auf Selbstständigkeit, persönliche Reife und Verantwortungsbewusstsein gebracht. Darüberhinaus ist das Kennenlernen von vielen neuen Personen und Kulturen, wie es besonders durch die internationale Cité Universitaire de Paris befördert wird, ein ganz besondere Erfahrung. Schließlich ist die Möglichkeit, eine Stadt nicht nur im Rahmen eines kürzeren Aufenthaltes, sondern eines ganzen Jahres kennen lernen zu können, eine ganz andere Erfahrung. So war es mir etwa eine Freude, nicht nur die Highlights des Louvre, sondern durch mehrfache Besuche die gesamte Bandbreite der Sammlungen bestaunen zu können.
Konntest du dich schnell an das Leben im Ausland anpassen?
Gerade durch die kleine Gruppengröße des Masters stellt sich das Gefühl ein, zusammen im gleichen Boot zu sitzen. Dadurch entsteht im Angesicht den Herausforderungen, die das französische Hochschulsystem mit sich bringt eine große Hilfsbereitschaft untereinander. Andererseits besteht durch die lange Aufenthaltsdauer auch die Möglichkeit die “Erasmusblase” zu verlassen und weitere Beziehungen zu knüpfen. Dank dieser sozialen Einbettung, hatte ich keine größeren Schwierigkeiten, mich in Paris einzufinden. Gewöhnungsbedürftig sind allenfalls etwa das bewusste Ignorieren von Ampeln, die französische Protestkultur oder die Sprechgeschwindigkeit mancher Einheimischer.
Wie hat dich das Programm im Hinblick auf deine Berufswahl/auf deinen weiteren Lebensweg beeinflusst?
Das Programm hat zentralen Einfluss auf meinen weiteren Werdegang, da meine jetzige Aussicht auf eine Promotionsstelle unmittelbar auf das Vorhandensein eines deutsch-französischen Abschlusses, der damit verbundenen Sprachkompetenz und des während des Studiums etablierten persönlichen deutsch-französischen Netzwerkes zurückgeht.
Welche Tipps hast du für zukünftige Teilnehmer des Studien- und Doktorandenprogramms?
Wichtig ist der beständige Kontakt mit den Verantwortlichen des Studienganges, durch den sich viele Herausforderungen flexibel lösen lassen. Mit Blick auf die Wohnungsfrage sollte man sich möglichst frühzeitig in Heidelberg beim Studierendenwerk und in Paris bei der Cité Universitaire melden. Im Hinblick auf das Zeitmanagement in Frankreich sei erwähnt, dass die Hausarbeiten im Gegensatz zur deutschen Tradition nicht in den Semesterferien geschrieben werden (die es zwischen Winter- und Sommersemester nicht gibt). Ein Praktikum in den Sommerferien ergibt daher besonders Sinn. Schließlich noch der Aufruf, auch während dem Studienalltag einen gewissen touristischen Blick beizubehalten.
Wie hast du deinen Alltag im anderen Land erlebt? An einem Studientag, an einem Wochenende? Beschreibe uns einen typischen Tag im Leben eines Studenten in diesem Programm.
Da sich der Campus der EHESS neuerdings nicht mehr in Stadtmitte, sondern im Norden befindet, geht damit eine nicht zu vernachlässigende Fahrzeit damit einher. Je nach Stundenplan variierte daher mein Arbeitsort beträchtlich zwischen Campus, Wohnheim, Bibliothek und Archiv. Wichtig war dabei ein sinnvolles Management des recht umfangreichen Lesepensums. Besonders beliebt in Frankreich sind auch Buchrezensionen als Hausaufgaben. Was Freizeit betraf, fand ich gerade die Abwesenheit von regelmäßigen Veranstaltungen und Verpflichtungen als Chance, flexibel und spontan unterwegs sein zu können. Das hatte etwa zur Folge, dass ein Verlaufen in Paris sich als entspanntes Erkunden eines neuen Stadtteiles umdeuten ließ. Besonders gut zum gemeinsamen Ausgehen bietet sich der Abend nach dem wöchentlichen deutsch-französischen Kolloquium an, das in Paris am DHI in Stadtmitte stattfindet.