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Dr. Andreas Büttner - Einblicke in studentische Forschung

Wenn Sieger die Geschichte schreiben

Zwischen tragischen Helden und treulosen Herrschern


„Die Geschichte wird von den Siegern geschrieben“ heißt es im Volksmund. Dieses Zitat wird wahlweise Napoleon oder Churchill zugeordnet. Wo es seinen Ursprung auch hat, die Aussage bleibt die gleiche: Geschichtsschreibung ist häufig erlogen. Die Sieger geben den Ton an, sie entscheiden was am Ende in den Schulbüchern steht. Die Verlierer aber müssen mit den Konsequenzen leben, sie können sich nicht rechtfertigen. Wie aber sieht es denn nun tatsächlich aus mit der Geschichtsschreibung der Sieger? Werden die Verlierer wirklich durchweg verteufelt?

Wie so häufig ist die Antwort ein klares Jein. Am Beispiel von zwei Schlachten – der Schlacht bei Cortenouva und der auf dem Marchfeld – und vier ihrer Quellen wird das besonders klar. Bei beiden wurden zwei mittelalterliche Quellen von Sympathisanten der Gewinner analysiert. Bei beiden unterscheidet sich die Darstellung der Verlierer drastisch. So werden die Lombarden – die Verlierer Cortenuovas – in der einen Quelle als widerrechtliche Genossenschaft, feige und militärisches Kanonenfutter, in der anderen als mutige, wenn auch fehlgeleitete, kompetente
Kämpfer beschrieben. Ottokar – der besiegte des Marchfeldes – wird zum einen als mutiger und edler tragischer Held, zum anderen als weitestgehend treuloser und diabolischer Feldherr, der nicht über der Verwendung von Gift und Hexerei steht, charakterisiert. Alle diese Autoren waren aber unmissverständlich eigentlich auf der Seite der Sieger. Die Unterschiede könnten trotzdem kaum drastischer sein. Es bleibt dabei nur eine Frage: Warum?

Die tatsächliche Motivation der Autoren lässt sich heute nur erahnen. In der Literaturwissenschaft spricht man von der sogenannten „Intentional Fallacy“: was in den Köpfen der Schreiberlinge vorging, wissen – sofern es uns nicht überliefert ist – eigentlich nur sie. Offensichtlich aber ist eines: Die Unterteilung von Geschichte in Sieger und Besiegte ist zu simpel gedacht. Wie so häufig bewegt die Realität sich auch hier in Grauzonen.

(Joel Pollatschek)

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Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 20.11.2019
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