1896 – 1911 Henry Thode und das erste Ordinariat
„Ein Verkünder der Kunst‟
Richard Benz: Lebens-Mächte und Bildungs-Welten meiner Jugend. Hamburg 1950, S. 96.
Henry Thode ca. 1900. Fotografie: Max Kögel.
© Universitätsbibliothek Heidelberg, Graphische Sammlung P_1860.
Mit Henry Thode (1857-1920) kommt 1894 nicht nur ein anerkannter Kunsthistoriker nach Heidelberg, sondern auch eine prägende Persönlichkeit. Thodes Schüler erinnern sich noch Jahrzehnte später an die mitreißende Wirkung seiner Vorlesungen. Mit Vorliebe stellt Thode, selbst begeisterter Wagnerianer, seine rhetorische Begabung auch in den Dienst des „Kunstwerks von Bayreuth.“ Bedenklicher ist Thodes Nähe zur völkischen Bewegung, die seine spätere Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten begünstigt.
„Ich vertrete ein herrliches Wissensfach: die Wissenschaft, die sich mit der Welt der Kunst befasst.‟
Kunst, Religion und Kultur. Ansprache an die Heidelberger Studentenschaft. Heidelberg 1901, S. 3.
In Forschung und Lehre liegt Henry Thodes Schwerpunkt auf der Malerei und Bildhauerei der italienischen Renaissance. Bis zur Niederlegung seiner Professur liest Thode regelmäßig über die Kunst der Renaissance. Zeitgenössische Malerei behandelt er nur ein einziges Mal: Seine Vorlesung „Arnold Böcklin und Hans Thoma“ (SoSe 1905) löst einen öffentlichen Streit mit dem Maler Max Liebermann und dem Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe aus.
„Schwärmer, Forscher, Denker, Dichter zugleich‟
F. Storck: Henry Thode 1857-1920, in: Repertorium für Kunstwissenschaft.
Darstellung aus „Der Ring des Frangipani“, Frankfurt a.M. 1895.
© Institut für Europäische Kunstgeschichte, Universität Heidelberg.
Neben seinen wissenschaftlichen Publikationen verfasst Thode auch literarische Texte. In der Kunstnovelle Der Ring des Frangipani (1895) spürt Thode der Geschichte eines geheimnisvollen Rings nach, den ihm ein Bibliothekar in der Marciana-Biblithek mit folgenden Worten überreicht haben soll: „Sehen Sie, was mir da eben gebracht wird! Ein bei einer Erdarbeit von Bauern gefundener alter Ring, der mit fein ciselirten Ornamenten und einer Inschrift in gothischen Lettern verziert ist.“
Publikationen (Auswahl)
- Die Antiken in den Stichen Marcantons, Agostino Venezianos und Marco Dentes. Leipzig 1881. (Dissertation)
- Franz von Assisi und die Anfänge der Kunst der Renaissance in Italien. Berlin 1885. (Habilitation)
- Michelangelo und das Ende der Renaissance. 6 Bände. Berlin 1902-13.
- Böcklin und Thoma: Acht Vorträge über neudeutsche Malerei. Heidelberg 1905.
Schülerinnen und Schüler (Auswahl)
- Max Wingenroth (1897)
- Karl Steinacker (1899)
- Josef August Beringer (1902)
- Max Geisberg (1902)
- Rosa Schapire (1904)
- Eberhard von Bodenhausen (1905)
- Ernst Kühnel (1906)
- Edwin Redslob (1906)
- Wilhelm Valentiner (1904)
- Hermann Voss (1907)