Newsletter Oktober 2006 Nr. 4
INHALT
Spenden für Afghanistan
Anne Labitzky-Wagner, Leiterin der Institutsbibliothek, und Dozentin Eva Goldschmidt haben seit Montag eine Spendendose an der Ausleihe aufgestellt.
Ihr Ziel: einen Obolus für den Aufbau der Qala-E-Dasht Schule zu sammeln, die rund 80 km von Kabul entfernt liegt. Der studentische Beitrag beträgt symbolische 50 Cent. Gebaut wurde die Schule von der Independent Afghan Women Association e.V. Das untere Bild zeigt einen Teil der rund 100 Kinder an dieser Schule, die etwa 80 km von Kabul entfernt liegt.
Eva Goldschmidt, die bislang drei Mal in Afghanistan war, betont, dass bei diesem Projekt alle Schulmöbel von ortsansässigen Kleinbetrieben hergestellt werden. Mit den Spenden aus Heidelberg sollen Tische und Stühle finanziert werden wie sie auf dem unteren Bild zu sehen sind. "Dass die Kinder auf Stühlen sitzen können, ist besonders im Winter wichtig", sagt Eva Goldschmidt. Mit den Spendengeldern sollen außerdem aktuelles Lehrmaterial und Schreibutensilien gekauft werden.
"Die Spendenbereitschaft hängt meiner Meinung nach immer stark davon ab, ob man den Initiator kennt oder nicht", meint Eva Goldschmidt. Mitinitiatorin Anne Labitzky-Wagner ist überzeugt: "Für Bildung kann nie genug Geld ausgegeben werden."
SHAN unterstützt diese Aktion und findet, dass das von den Initiatorinnen gesteckte Ziel von 50 Euro - der Monatslohn eines afghanischen Tischlers - locker getoppt werden sollte.
"FotoChina" in den Reiss-Engelhorn Museen, Mannheim, 8. Oktober 2006 - 7. Januar 2007
"FotoChina“ präsentiert die Preisträger eines chinaweiten Fotowettbewerbes, den die BASF 2005 anlässlich des 120-jährigens Engagements in China und der Eröffnung des neuen Werkes in Nanjing durchgeführt hat. Aus mehr als 25 000 Einsendungen wählte eine Jury unter der Leitung der Fotografin Wang Xiaohui 120 Siegerfotos aus, die bis Januar - erstmalig außerhalb Chinas - in Mannheim zu sehen sind.
"Tibet - Klöster öffnen ihre Schatzkammern" in der Villa Hügel, Essen, 19. August - 26. November 2006
Die Ausstellung "Tibet - Klöster öffnen ihre Schatzkammern" in der Villa Hügel in Essen ist eine Premiere: noch nie wurden religiöse Kultgegenstände aus verschiedenen tibetischen Klöstern und einem Provinzmuseum in Zentraltibet, also aus Sammlungen
außerhalb der Hauptstadt Lhasa, in einer Ausstellung gezeigt.
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„China braucht sich um sein Image keine großen Sorgen zu machen"
Reinhard Zöllner, 1961 in Bloemfontein (Südafrika) geboren, hat Latein und Geschichte in Kiel und Japanologie in Hamburg und Tokyo studiert. Seit 1999 ist er Lehrstuhlinhaber für Ostasiatische Geschichte der Universität Erfurt. SHAN traf den Historiker und Japanologen zum Gespräch.
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Ruth Werner - Sonjas Rapport
„Sonjas Rapport“ gehörte seit seinem Erscheinen 1977 zu den erfolgreichsten Büchern der DDR. Nun ist das Buch als "Erste vollständige Ausgabe" neu auf dem Markt.
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Georg Armbrüster u.a. - Exil Shanghai
Shanghai als Ort des Exils ist erst in den letzten Jahren wieder ins öffentliche Bewusstsein gelangt. Die vorliegende Anthologie fasst die Veröffentlichungen zum Thema zusammen.
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>> umfassende Bibliographie zum Thema
Guy Delisle - Shenzhen
Shenzhen, Ende der 90er. Was macht ein Frankokanadier, wenn er kein Wort versteht? Er greift zum Kohlestift und behält so seinen Humor.
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Antje Hinz - China Hören, das China-Hörbuch
Das erste deutschsprachige China-Hörbuch - eine atmosphärisch gelungene und kompakte Einführung in die Geschichte und Kultur Chinas.
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Praktika
Sino Infrastructure Partnership Ltd. (SIP)
Sino Infrastructure Partnership Ltd. (SIP) was established in 1993 to provide business, commercial and engineering services in China for a group of leading companies in the building and construction industry.With offices in Shanghai, Suzhou and Beijing we employ about 100 staff and operate throughout China. Our Shanghai office is certified to ISO 9002 (SGS) and we carry professional indemnity insurance.
Abteilung: Marketing/Vertrieb
Berufsfeld des Praktikums:
• Telefonmarketing
Aufgaben:
- Make cold calls to foreign companies operating in China using the SIP Database. Identify companies with plans for development of facilities in China. Complete the necessary documents to pass to BDM (Business Development Manager).
- Maintain and update database information based on calls made, look to update with new information and correct/replace invalid data.
- Support the BDM in maintaining ongoing relationships with prospective clients once a qualified project has been identified. This may include attending subsequent meetings and presentations.
- Utilise individual skills and abilities, such as IT or languages, on various administrative tasks, as and when needed.
Anforderungen:
- A good command of the English language
- Excellent telephone communication skills
- Professional manner
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Frühester Beginn:
sofort
Ort:
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Dauer:
6 Monate
Vergütung:
3500 RMB/mntl., Wohnung muss selber gesucht werden, die ersten 5 Tage in Shanghai/Suzhou werden bezahlt.
Kontakt:
Sino Infrastructure Partnership Ltd. (SIP)
Frau Faith Fei
0086-21-62360978
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Jobs
Als führender Importeur von Natursteinprodukten haben wir in der V.R. China ein Tochterunternehmen gegründet, das hauptsächlich für die Beschaffung und Qualitätssicherung vor Ort zuständig ist. Da wir ständig expandieren, suchen wir für die Finanzabteilung unserer Tochtergesellschaft in Xiamen, V.R. China,
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Stellenbeschreibung:
Sie sind verantwortlich für die Überwachung täglichen Finanzgeschäfte vor Ort in Xiamen und darauf aufbauend für ein monatliches Reporting an die Muttergesellschaft, das ebenso zu Ihrem Aufgabenbereich gehört wie das Erstellen von Liquiditätsplanungen. Sie stehen als Ansprechpartner für Kollegen der Muttergesellschaft ständig zu Verfügung und dienen somit als Schnittstelle zwischen Mutter- und Tochterunternehmen.
Ihr Profil:
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in Finanzen und Controlling
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Als junges Tochterunternehmen besteht unser Team vor Ort aus jungen und hoch motivierten Mitarbeitern. Sie arbeiten in einem angenehmen Umfeld deutscher Prägung und lernen das chinesische Import/Exportgeschäft vor Ort kennen.
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Wigastone GmbH & Co. KG
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Tel.: 06371/981812
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WWW: www.wigastone.de
Mobil: 0170-2125923
Tipp
Wissenschaftliche Paper kostenlos zum Download Teil II
SHAN präsentiert in loser Folge wissenschaftliche Paper namhafter Institutionen zum Download. Sollte ein Link nicht mehr funktionieren, bitten wir um eine Nachricht an uns.
Social Science Research Network (Aufsätze aus der Soziologie, den Wirtschafts- und Rechtswissenschaften)
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Nicolas Widera, "Werbung in China heute", Studienarbeit, Berlin 2004
>> zum Download (PDF, 300 kB)
„China braucht sich um sein Image keine großen Sorgen zu machen"
Reinhard Zöllner, 1961 in Bloemfontein (Südafrika) geboren, hat Latein und Geschichte in Kiel und Japanologie in Hamburg und Tokyo studiert. Seit 1999 ist er Lehrstuhlinhaber für Ostasiatische Geschichte der Universität Erfurt.
Herr Zöllner, Sie sind der einzige Lehrstuhlinhaber Deutschlands für „Geschichte Ostasiens“. Warum gibt es diesen Lehrstuhl nur einmal in Deutschland, was ist das Besondere an ihm?
Innerhalb der deutschen Geschichtswissenschaft hat die außereuropäische Geschichte bislang nur eine marginale Rolle gespielt. Man war seit dem 19. Jahrhundert immer der Meinung, diese sei die Domäne der Regionalwissenschaftler - Sinologen, Indologen, Japanologen. Dies lag daran, dass die in Deutschland entwickelte historisch-philologische Methode besonderen Wert auf die hermeneutische Interpretation von Schriftquellen legte. Dafür aber brauchte man profunde Sprachkenntnisse, die man eben nur als Spezialist einer außereuropäischen Philologie erwerben konnte. Diese Argumentation war im Zeitalter des Historismus in Wirklichkeit ein Vorwand dafür, die so genannten geschichtslosen Völker außerhalb Europas aus dem allgemeinen Diskurs auszublenden und damit zur Manipulationsmasse zu machen. Dies funktioniert heute nicht mehr. Ostasien in die deutsche Geschichtswissenschaft zurückzuholen bedeutet daher eine Absage an den Historismus und damit Orientalismus. Damit verändert sich der Stellenwert aller ostasiatischer Philologien grundlegend. Aber dies ist ein langsamer Prozess, der aus der Gunst der Stunde der Neugründung im Jahr 1994 heraus in Erfurt begonnen hat.
Sie haben Japanologie unter anderem in Kiel und Tokyo studiert. Wie wird man zum Ordinarius für Ostasienwissenschaften, zumal diese in den neuen Bundesländern kaum vertreten sind?
Richtig, Ostasienwissenschaften gibt es in den neuen Bundesländern nur in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Aber es handelt sich hier eigentlich mehr um ein Nord-Süd- als um ein Ost-West-Gefälle, wenn Sie an die Situation in Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein denken. Aber gleich, in welchem Bundesland: Auf eine Professur berufen zu werden, hängt von vielen Bedingungen ab, unter denen zwei - nämlich erstens zum rechten Zeitpunkt die gerade richtigen Leistungen erbracht zu haben und zweitens bei entscheidenden Meinungsbildnern in guter Erinnerung zu sein - ehrlicherweise die wichtigsten sein mögen. Der Zufall wollte es, dass ich mich in meiner Dissertation neben japanischer auch mit thüringischer Geschichte befasst habe, und dies mag bei meiner Berufung eine Rolle gespielt haben. Wenn Sie so wollen, ist das Fügung. Planen lässt sich so etwas nicht.
Verstehen Sie sich eher als Japanologe, als Sinologe oder als Historiker? Welches Gebiet reizt Sie persönlich am meisten?
Ich habe außer Geschichte und Japanologie auch eine klassische Philologie studiert, nämlich Latein, und kann deshalb recht objektiv sagen, dass mir Philologien im herkömmlichen Sinne nicht viel sagen - gleich, ob Japanologie oder Sinologie. Mein Doktorvater Hermann Kulke war eigentlich Indologe, aber von ihm habe ich gelernt, dass man wissenschaftlich am erfolgreichsten ist, wenn man den Mut hat, disziplinäre Grenzen zu ignorieren. Ich arbeite über Japan, vorzugsweise im 19. und 20. Jahrhundert, und dies bedeutet zwangsweise, dass ich auch über China und Korea arbeite und dass ich das mit den Methoden tue, die ich aus der Geschichtswissenschaft kenne. Natürlich baue ich dabei auf den Kenntnissen, die ich aus der Japanologie bezogen habe auf.
Woran liegt der Vorteil, sich bei der Studienfachwahl nicht auf ein Land zu konzentrieren, sondern gleich ganz Ostasien abdecken zu wollen? Will man da nicht auch zuviel auf einmal?
Die Spezialisierung ist inzwischen soweit vorangeschritten, dass auch die professionellen Spezialisten z.B. für chinesische Geschichte nur noch relativ geringe Gebiete wirklich gut überblicken. Bei uns steht im Vordergrund, die Geschichte Ostasiens als gemeinsames Wirkungsgefüge zu erfahren und nicht vorschnell in die Fallen nationalgeschichtlicher Verengungen zu fallen. Wer diesen Überblick hat, soll sich dann - auch durch sprachliche Ausbildung - auf ein Land besonders konzentrieren, aber die übrigen ostasiatischen Kulturen nicht aus den Augen verlieren. Seit ich in Erfurt daran arbeite, mich mit dem Gesamtbild ostasiatischer Geschichte zu befassen, weiß ich, wie vergleichsweise beschränkt und langweilig demgegenüber nationalgeschichtliche Standpunkte sein können.
Nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden wirtschaftlichen Gewichts der ostasiatischen Staaten steigen die Studienbewerberzahlen in diesen Fächern in den letzten Jahren deutlich an. Dennoch ist die Zahl der Lehrstühle fast konstant geblieben - wo liegen für Sie die Versäumnisse?
Im mangelnden Transfer der eigenen Ergebnisse und in der beschränkten Wahrnehmung der deutschen Öffentlichkeit. Beides hängt durchaus miteinander zusammen. Der Ausstoß der Ostasienwissenschaften an publikumswirksamen Publikationen und Aktionen war bisher verheerend gering. Sich darauf zu beschränken, alle zwanzig Jahre ein dickes Buch in einem Spezialverlag in 200 Stück Auflage zu veröffentlichen, reicht nicht. Ohne den Ausbruch aus den Fesseln der so genannten kleinen Fächer wird die Situation nicht besser.
Wird die derzeitige Ausrichtung der Ostasienwissenschaften in Deutschland dem aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Bedeutungsgewinn des ostasiatischen Raumes gerecht?
Die Zahl derjenigen, die ostasiatische Sprachen lernen, ist ja deutlich gestiegen. Das ist allerdings nicht das Verdienst der Ostasienwissenschaften. Die jungen Leute merken schon, dass Chinesisch und auch Japanisch immer wichtigere Sprachen werden. Im Übrigen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze, um auf die Nachfrage vom Arbeitsmarkt zu reagieren. Nicht alle davon mögen überzeugen. Die Studierenden orientieren sich (leider, möchte man sagen) ohnehin kaum daran. Der deutschen Politik ist, von Einzelfragen abgesehen, Ostasien so fern wie je und damit auch nicht zu erwarten, dass Politikberatung in Zukunft eine wesentlich größere Rolle spielen wird als heute. Was als kleines Fach gilt, definieren die Kultusministerien, nicht die Diplomaten.
Halten Sie die Umstellung auf Bachelor und Master für sinnvoll? Inwiefern?
Sie ist schon deshalb sinnvoll, weil sich niemand dem Bologna-Prozeß entziehen kann. Sie zwingt außerdem zu wesentlich dichteren Ausbildungsprogrammen. Und sie verringert die Zahl derjenigen, die in ostasienwissenschaftliche Master- und Doktorandenprogramme gehen. Das ist natürlich eine Gefahr, auf die man nur mit wirklich attraktiven, am Ende vermutlich standortübergreifenden Programmen für Graduierte antworten muss. Darin liegt dann auch eine große Chance. Aber die alte Philologie ist jetzt definitiv ein Auslaufmodell.
Gerade wurde ein neuer japanischer Ministerpräsident gewählt. Viele Kommentatoren bezweifeln, ob Shinzo Abe eine ähnlich reformorientierte Agenda wird durchsetzen können wie sein Vorgänger. Wie sehen Sie das?
Koizumis einzige mutige Reform war die Postreform, die massiv zu Lasten der Klientel seiner Partei ging. Die Folge war eine erneute Spaltung der Partei. Das kann sich Abe gar nicht erlauben. Die Verfassungsänderung wird er auf keinen Fall durchsetzen können. Ich erwarte unter Abe keine wesentlichen Änderungen, dafür fehlt ihm jede Grundlage.
Welche Auswirkungen wird seine Wahl auf die sino-japanischen Beziehungen haben?
An der Großlage wird sich kaum etwas ändern. Japan fühlt sich durch Chinas Aufstieg bedroht und misstraut China. China schafft es immer wieder, Japan in die Defensive zu drängen, so dass der Weltöffentlichkeit die Besuche des ehemaligen japanischen Ministerpräsidenten im Yasakuni-Schrein, die China reizten, wichtiger erscheint als jede Menschenrechtsverletzung in Beijing oder Shanghai.
Stichwort "ostasiatische EU": als deren mögliche Vorläufer werden zuweilen ASEAN und die Shanghai Cooperation Organisation (SCO) gehandelt. Glauben Sie an eine solche Entwicklung?
Freihandelszonen arbeiten immer am stärksten zugunsten der schwächeren Mitglieder. Dazu gehört China ja gar nicht mehr. Also wird China es gar nicht so eilig haben, seine Märkte für Südostasien zu öffnen. Korea und Japan natürlich auch nicht. Das Politische ist bei solchen Entwicklungen sekundär. Das sieht man doch daran, dass es nicht einmal möglich ist, die demokratischen Nationen Ostasiens unter einen Hut zu bringen. Und solange zum Beispiel die gegenwärtige südkoreanische Regierung lieber von Sonderwirtschaftszonen im Norden, in China und in Russland träumt als von einer Handelszone mit Japan und Taiwan, wird sich nicht viel tun.
Wie beurteilen Sie die aktuelle deutsche auswärtige Politik gegenüber dem ostasiatischen Raum, insbesondere China und Japan?
Von der japanisch-deutschen Initiative, als ständige Mitglieder in den UN-Sicherheitsrat zu kommen, spricht schon keiner mehr. Chinas Dominanz in Ostasien gilt für die deutsche Diplomatie bereits als ausgemacht, und damit sind wir wieder auf den Stand in der Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeworfen, gäbe es nicht die stellenweise erstaunlich enge deutsch-japanische Kooperation auf anderen Gebieten als denen der Außenpolitik.
China betreibt aktiv die Verbreitung seiner Kultur und Sprache in anderen Ländern, zuletzt ist dies sichtbar geworden mit der Einrichtung zahlreicher Konfuzius-Institute auch in Deutschland. Sehen Sie dabei Gefahren, beispielsweise der aktive Versuch Pekings, sein Image aufzupolieren?
Was soll man davon halten, dass ein Land, in dem es vor nicht allzu langer Zeit gefährlich war, als Anhänger des Konfuzius zu gelten, nun keine Hemmungen hat, dessen Namen für seine eigene Kulturpolitik einzusetzen? Dabei braucht sich China um sein Image eigentlich keine großen Sorgen zu machen, es hatte immer schon eine bessere Presse in Deutschland als beispielsweise Japan. Dennoch bin ich gespannt, in welchem Maße die Konfuziusinstitute Einfluss beispielsweise auch auf die deutsche Chinaforschung nehmen werden.
Was erwarten Sie?
Angesichts knapper öffentlicher Ressourcen können die deutschen Universitäten gar nicht anders, als sich um Drittmittel, Stiftungsprofessuren und eben auch solches Großsponsoring zu bemühen.
Das wird natürlich auch Einfluß auf Themenstellungen, Methodenwahl und inhaltliche Tendenzen haben. Der laut offizieller Mitteilung seiner Ruhr-Universität Bochum 1999 angeblich "überraschend verstorbene" Helmut Martin ist doch ein Zeuge dafür, was einem Wissenschaftler passieren kann, wenn er sich dem entgegenstemmt. Aber ab jetzt geht es ja um Konfuzius und nicht mehr um Tian'anmen.
Wie kommt es, dass Japan als derzeit noch größere Wirtschaftsnation als China es nicht vermocht hat, ähnlich sichtbar seine Sprache und Kultur zu verbreiten?
Die Zahl derer, die Japanisch lernen und Japanologie studieren, ist ja in den letzten drei Jahrzehnten nicht unerheblich gewesen. Und was die Kultur angeht, sind Manga, Anime, Sushi und J-Pop ganz bestimmt noch auf absehbare Zeit sehr wirksame Werbeelemente. Nur ist das nicht das Ergebnis auswärtiger Kulturpolitik. Für die deutsche Bevölkerung sind solche Angebote Bedarfsartikel, deren Wert vom Markt für Unterhaltungsangebote bestimmt wird - und nicht vom Vortragsprogramm irgendwelcher Kulturinstitute.
Herr Zöllner, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Das Interview führte Benjamin Kemmler.
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09 :: Ruth Werner - Sonjas Rapport
„Sonjas Rapport“ gehörte seit seinem Erscheinen 1977 zu den beliebtesten und erfolgreichsten Büchern der DDR. Nach einer englischen (1991) und chinesischen (1999) und zahlreichen osteuropäischen Ausgaben ist das Buch nun zum ersten Mal in der Bundesrepublik (im gleichen Verlag) erschienen.
Die Bezeichnung „Erste vollständige Ausgabe“ bezieht sich auf einige Abschnitte über England, die in der DDR-Ausgabe nicht enthalten waren; außerdem sind einige zusätzliche Photos und ein Interview mit den Kindern der im Juli 2000 verstorbenen Autorin enthalten.
„Sonja“ wurde als Ursula Kuczynski als Tochter eines Akademikers 1907 in Berlin geboren, ihr Bruder war der bekannte DDR-Historiker Jürgen Kuczynski. Nach KPD-Beitritt und Heirat mit einem Architekten ging sie 1930 nach China und arbeitete dort und in Polen, der Schweiz und in England 20 Jahre für die sowjetische Militärspionage.
Nach weiteren 25 Jahren in der DDR veröffentlichte sie den „Rapport“ über ihre Agententätigkeit, wobei die Darstellung ihrer Zusammenarbeit mit dem berühmten Richard Sorge im Vordergrund stand. Da sie fünf Jahre in Shanghai, Peking und in der Mandschurei tätig war, ist ihr Buch auch für ein sinologisches Publikum interessant.
Die Beschreibung ihrer illegalen Tätigkeit ist sehr knapp, dafür gibt es interessante Informationen über ihre Kontakte mit der amerikanischen Journalistin Agnes Smedley, dem tschechischen Reporter Egon Erwin Kisch, dem deutschen Sinologen Helmuth Wilhelm, dem Schriftsteller Lu Xun und dem Sozialwissenschaftler Chen Hansheng. Letzteren konnte die Autorin bei einer weiteren Chinareise 1988 noch einmal wiedersehen.
Wie bei vielen autobiographischen Texten und vor allem bei Spionagegeschichten sind die meisten Details nicht nachprüfbar; die sowjetischen Geheimdienstarchive sind nicht zugänglich. Da das Buch unter anderem zur Motivierung und Ausbildung ostdeutscher und sowjetischer Agenten dienen sollte und den osteuropäischen Zensurbehörden gefallen musste, kann man das Buch kaum als historische Quelle benutzen. Die Autorin schildert aber plastisch das damalige Leben in China, vor allem das Leben reicher Ausländer im Shanghai der dreißiger Jahre. Die vielen Photos, die fast alle von der Autorin selbst gemacht wurden, zeigen China anders als in den verbreiteten Bildbänden.
Die Neuauflage bietet in Bezug auf China und die Sowjetunion nicht mehr als die DDR-Ausgabe, leider wurde kein Versuch unternommen, den Text durch Fußnoten für Leser im 21. Jahrhundert verständlicher zu machen, im Gegensatz zur englischen Ausgabe fehlt auch ein Register. Dennoch ist das Buch unterhaltsam und lehrreich; vor allem zeigt es westdeutschen Lesern, was DDR-Leser früher konsumiert haben.
Dr. Thomas Kampen
Ruth Werner
Sonjas Rapport
371 Seiten - gebunden
Verlag Neues Leben
ISBN: 3-355-01721-3
EUR 19,90
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10 :: Georg Armbrüster u.a. - Exil Shanghai
Bis zu Beginn der 1990er Jahre war Shanghai als Exil-Ort kaum in der öffentlichen Erinnerung präsent. Erst in den Jahren danach erlebte dieses Thema eine Hochzeit. Der Grund dafür lag unter anderem in dem wachsenden Bewusstsein dafür, dass es immer weniger Möglichkeiten gab, Zeitzeugen zu befragen.
Der Sammelband Exil Shanghai. Jüdisches Leben in der Emigration 1938-1947 entstand in dieser Hochphase, in der auch mehrere Dokumentarfilme zum Thema gedreht wurden und in der eine große Anzahl von (auto-) biographischen Büchern von Shanghai-Flüchtlingen oder ihren Familienmitgliedern erschien.
Den Herausgebern Georg Armbrüster, Michael Kohlstruck und Sonja Mühlberger ist es gelungen, einen umfassenden Überblick über das Thema zu geben. Die 16 vorwiegend deutschsprachigen Aufsätze lassen sich drei großen Themenbereichen zuordnen: Shanghai als Fluchtort und das Leben der Flüchtlinge, politische Rahmenbedingungen und der Einfluss des Deutschen Reiches, und die Beziehung zwischen Juden und Chinesen. Durch die Beiträge von Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen – Historikern, Japanologen, Sinologen und Literaturwissenschaftlern – werden ganz unterschiedliche Facetten beleuchtet, zum Beispiel die Beziehung der verschiedenen jüdischen Gruppen in Shanghai untereinander oder die japanische Judenpolitik. Die Autoren machen Shanghai als „Exil der kleinen Leute“ greifbar.
Man kann den Band auch als thematische Ergänzung zu der Quellensammlung von Mechthild Leutner "Deutschland und China, 1937-1949. Politik, Militär, Wirtschaft, Kultur; eine Quellensammlung" betrachten, die 1998 im Berliner Akademie-Verlag erschienen ist.
Für dieses Anliegen spricht auch die "Exil Shanghai" beiliegende CD, die eine Reihe von Originalquellen zugänglich macht, darunter: eine Datenerhebung über die staatenlose Flüchtlinge in Shanghai vom 17. Mai 1943, einen Bericht des Generalkonsulats Shanghai über das Judentum in Shanghai vom 11. Januar 1940 und ein Verzeichnis Shanghais, das historische und aktuelle Straßennamen zusammenführt.
Natürlich wird auch immer wieder die Einzigartigkeit Shanghais als Fluchtort thematisiert. Die Stadt am Huangpu war seit November 1937 in japanischer Hand, einem Bündnispartner von NS-Deutschland. Dennoch gewährte die Stadt jüdischen Flüchtlingen Asyl. Diese Tatsache erscheint um so bemerkenswerter, als die meisten anderen Länder schon längst ihre Türen für Emigranten geschlossen oder Einwandererquoten verhängt hatten. So reisten trotz zunehmender Schwierigkeiten bis August 1939 rund 16.000 mitteleuropäische Juden nach Shanghai ein. Im Februar 1943 wurde in Shanghai eine offizielle Sonderzone eingerichtet, in die „staatenlose Flüchtlinge“ innerhalb von drei Monaten ziehen mussten. Nur mit einer Sondererlaubnis durften sie dieses Ghetto wieder verlassen.
Trotz der widrigen Umstände in Shanghai bauten jüdische Exilanten ein ihnen vertrautes Kulturleben mit Theatern, Kinos und Cafés auf und gaben eine Reihe von Zeitungen heraus, unter anderem Die Tribüne, das Gemeindeblatt der jüdischen Gemeinde Shanghai, die Gelbe Post und The Jewish Voice of the Far East. Während der japanischen Besatzung in Shanghai durfte jedoch nur die deutschsprachige Zeitung Shanghai Jewish Chronicle erscheinen. Die wenigen noch existierenden Exemplare der Zeitung sind weltweit verstreut. Einige wenige jüdische Zeitschriften aus Shanghai sind jedoch über das deutsche Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek digital zugänglich.
Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, kann sich neben den bereits erschienenen Büchern und Filmen mit den jüdischen Zeitschriften in Shanghai beschäftigen, von denen die meisten nach wie vor auf eine wissenschaftliche Auswertung warten.
Sarah Luedecke
>> umfassende Bibliographie zum Thema
Georg Armbrüster/Michael Kohlstruck/Sonja Mühlberger (Hrsg.)
Exil Shanghai. Jüdisches Leben in der Emigration 1938-1947
272 Seiten - gebunden
Hentrich & Hentrich
ISBN: 3-933-47119-2
EUR 44,00
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Bibliographie zum Thema "Exil Shanghai"
1. Filmographie - Dokumentarfilme zum Thema „Exil in Shanghai“
Escape to the rising sun – Survivre à Shanghai (Flucht zur aufgehenden Sonne – Überleben in Shanghai). Regie: Diane Perelsztejn. Belgien 1990, 95 min.
Exil Shanghai. Regie: Ulrike Ottinger. Deutschland/Israel 1997, 275 min.
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Die Flucht nach Shanghai. Regie: Lutz Mahlerwein. Deutschland 1982, 58 min.
Hier sind meine Wurzeln, hier bin ich zuhaus´…. Regie: Crissy Hemming. Deutschland 1991, 25 min.
A place to save your life. Regieh: Karen Shopsowitz. Kanada 1992, 52 min.
Zuflucht in Shanghai – The Port of Last Resort. Regie: Grossman, Joan und Rosdy, Paul.
Österreich/USA 1998, 76 min.
>> zur Homepage des Films
2. (Auto-)Biographische Schriften
Benz, Wolfgang (Hrg.): Das Exil der kleinen Leute. Alltagserfahrungen deutscher Juden in der Emigration. München: Beck, 1991.
Burkhard, Hugo. Tanz mal Jude! Von Dachau nach Shanghai. Meine Erlebnisse in den Konzentrationslagern Dachau, Buchenwald, Getto Shanghai. 1933-1948. Nürnberg: Reichenback, 1967.
Dreifuß, Alfred. Ensemblespiel des Lebens. Erinnerungen eines Theatermannes. Berlin: Der Morgen, 1985.
Ders. „Schanghai – Eine Emigration am Rande“, in: Exil in den USA: Kunst und Literatur im antifaschistischem Exil 1933-1945. Vol. 3. Leipzig: Philip Reclam, 1983.
Eisfelder, Horst Peter. Chinese Exile. My Years in Shanghai and Nanking. Caulfield South, Austr.: Markor Jewish Community Library, 2003.
Grebenschikoff, Betty (1992): Once my name was Sara. A Memoir. New Yersey: Cape Printing, 1992.
Greenspan, Henry. On listening to Holocaust survivors: recounting and life history. Westport/London: Praeger, 1998.
Hadda, Wolfgang. Knapp davongekommen. Von Breslau nach Shanghai und San Francisco. Jüdische Schicksale 1920-1947. Konstanz: Hartung-Gorre Verlag, 1998.
Heppner, Ernest G. Shanghai refugee. A memoir of the World War II Jewish ghetto. Lincoln: University of Nebraska Press, 1993.
Heppner, Illo L. “Shanghai: An Eyewitness Report”, in: Quack, Sybille (Hrg.). Between Sorrow and Strength. Women Refugees of the Nazi Period. Cambridge: Cambridge University Press, 1995, S. 139-146.
Kaplan, Vivian Jeanette. Von Wien nach Shanghai. Die Geschichte einer jüdischen Familie. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2006.
Kauffmann, Fritz. „Die Juden in Shanghai im 2. Weltkrieg. Erinnerungen eines Vorstandsmitglieds der Jüdischen Gemeinde“, in: Bulletin des Leo Baeck Instituts 73 (1986), Königstein. S. 13-23.
Kornblum, Egon. „Rathenow – Shanghai – Seattle – Israel – Essen“, in: Jürgens, Franz, J. (Hrg.): Wir waren ja eigentlich Deutsche: Juden berichten von Emigration und Rückkehr. Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag, 1997, S. 151-177.
Kneucker, Alfred W. Zuflucht Shanghai. Aus den Erlebnissen eines österreichischen Arztes in der Emigration 1938-1945. Wien: Novographic, 1984.
Kornblum, Egon. „Rathenow – Shanghai – Seattle – Israel – Essen“, in: Jürgens, Franz, J. (Hrg.): Wir waren ja eigentlich Deutsche: Juden berichten von Emigration und Rückkehr. Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag, 1997, S. 151-177.
Krasno, Rena. Strangers Always. A Jewish Family in Wartime Shanghai. Berkely: Pacific View Press, 1992.
Lincoln, Anna. Escape to China. 1939-1948. New York: Manyland Books, 1982.
Lindenstraus, Jerry. Eine unglaubliche Reise. Von Ostpreußen über Shanghai und Kolumbien nach New York. Jüdische Familiengeschichte 1929-1999. Konstanz: Hartung-Gorre Verlag, 1999.
Lohfeld, Wiebke. Im Dazwischen. Portrait der jüdischen und deutschen Ärztin Paula Tobias 1886-1970. Opladen: Leske und Budrich, 2003.
Nobel, Günter und Nobel, Genia. „Als politische Emigranten in Shanghai“, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung. 21. Berlin (6/1979), S.882-294.
Pike Rubin, Evelyn. Ghetto Shanghai. New York: Shengold Publishers, 1993.
Reinisch, George. Shanghai Haven. Cheltenham: Standard Commercial Printers, 1984.
Stern, Hellmut. Saitensprünge. Die ungewöhnlichen Erinnerungen eines Musikers, der 1938 nach China fliehen musste, 1949 nach Israel einwandert, ab 1956 in den USA lebte und schließlich zurückkehrte als Erster Geiger der Berliner Philharmoniker. Berlin:
TransitVerlag, 1990.
Sugihara, Yukiko. Visas for life. San Francisco: Edwards Brothers, 1993.
Tausig, Franziska. Shanghai Passage. Flucht und Exil einer Wienerin. Wieb: Verlag für Gesellschaftskritik, 1987.
Sarah Luedecke
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12 :: Guy Delisle - Shenzhen
Der frankokanadische Zeichner Guy Delisle landet 1997 ohne Chinesischkenntnisse in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen, wo er für drei Monate ein Zeichentrickfilmstudio leiten soll. Drei Jahre später erscheint in Frankreich sein autobiographischer Comic „Shenzhen“, der ab diesem Sommer auch auf Deutsch vorliegt.
„Shenzhen“ ist ein graphisches Tagebuch und auf den ersten Blick vor allem eines: düster. Das Werk besteht beinahe komplett aus schwarz-weißen Kohlezeichnungen. Der Alltag des Helden in der radikal auf Profit ausgerichteten Umgebung ist einsam. Seine Gedankenwelt, aber auch die Leere und Orientierungslosigkeit der dort lebenden Menschen sind die Hauptthemen des Buches.
Delisles präzise Beschreibungen, der Blick des Zeichners für kleine, aussagekräftige Details machen dieses Buch äußerst lesenswert. Gerade auch für regelmäßige China-Reisende, die bei der Lektüre oftmals nicht nur schmunzeln, sondern laut lachen werden. Wer kennt nicht die Übung, an der Steuereinheit des Nachttisches auf allen Schaltern herumdrücken zu müssen, bis das Hotelzimmer tatsächlich dunkel ist? Wie wird man den hartnäckigen Chinesen wieder los, der einen in der Hoffnung auf englische Konversation den halben Nachmittag verfolgt?
Das Werk erinnert mich an ein Lieblingsbuch aus Kindertagen: Wie in Raymond Briggs „Was macht der Weihnachtsmann im Juli?“ streift Delisles Hauptfigur als Fremdkörper durch ein ihm völlig unbekannte Szenerie. Wie jener grummelige Rauschebartträger ist auch die Großnase aus Kanada sympathisch in ihrem Bemühen, Kollegen, Dolmetscher und Sportpartner näher kennen zu lernen, doch stets fehlt ihm die Sprache oder die interkulturelle Kenntnis um die Menschen wirklich zu verstehen.
Starke Momente hat Delisles Werk, wenn es die Szenerie, einem Stilleben gleich, in einem einzelnen Panel festhalten kann. Wortloses Weihnachten in der kahlen, dunklen Wohnung eines Kollegen vor dem Fernseher, der drahtige Körper eines alten Mannes in der Umkleidekabine seines Fitnesstudios oder die mächtigen, grauen Stahlgerippe der Stadt, die nicht für Menschen gemacht zu sein scheinen.
Fazit:
Guy Delisles Tagebuch ist ein persönlicher, lesenswerter Blick von außen auf den chinesischen Alltag und für China-Touristen wie Sinologen gleichermaßen zu empfehlen.
Oliver Radtke
Guy Delisle
Shenzhen
Reprodukt Verlag
ISBN 3-938511-07-9
EUR 18,00
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11 :: Antje Hinz - China hören, das China-Hörbuch
Die Autorin und ARD-Rundfunkjournalistin Antje Hinz hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: in rund 80 Minuten die lange Kulturgeschichte Chinas zusammenzufassen und mit Originalklängen ins Reich der Mitte einzuführen. Das Hörbuch verspricht „eine musikalisch illustrierte Reise von der Mythologie bis in die Gegenwart, mit über 60 Musikbeispielen.“
Eine gute Sprecherwahl hat der Silberfuchs Verlag mit Schauspieler Rolf Becker getroffen, der auch schon die Hörbucher zu Japan und den Niederlanden eingesprochen hat. Uneitel tritt er hinter den Text zurück und erzählt angenehm sonor von den chinesischen Mythen zur Entstehung des Universum, von gottgleichen Herrschern, die Paläste und Grabkammern für die Ewigkeit errichteten und von Beamten, die die Natur in kalligrafischen Versen preisen. Becker berichtet vom Schönheitskult der Lotosfüße und der Macht der Eunuchen, er entführt in die vielfarbige Unterhaltungswelt der chinesischen Varietés und der Peking-Oper, der Kriminalstücke und erotischen Sittenromane. Natürlich finden auch Marco Polos bis heute umstrittene Reise nach China Erwähnung, ebenso wie die Chinoiserie des 18. Jahrhunderts und der Boxeraufstand von 1900.
Zwei Dinge stören. Zum einen, und man mag sich darüber streiten ob das ein Manko ist oder nicht ein verstecktes Lob: Das Hörbuch ist zu kurz, das zeitgenössische China kommt nur am Rande vor. Da fällt die Erwähnung von Meinrad von Gerkans geplanter Hafenstadt in Shanghai ebenso aus dem historischen Rahmen wie der Verweis auf die guten Beziehungen zwischen Hamburg und Shanghai. Das ist sicher dem Kontext der Premiere auf dem Festival China Time geschuldet, das vor kurzem an der Alster anlässlich der 20jährigen Städtepartnerschaft mit Shanghai stattgefunden hat. Zum anderen sind die musikalischen Beispiele zwar gut ausgewählt, bleiben jedoch meist namenloses Beiwerk. Ein Sprecher ist kein Radiomoderator – was genau gesungen oder gespielt wird, interessiert den aufmerksamen Zuhörer aber schon.
Fazit:
Das erste China-Hörbuch mit einem angenehm vortragenden Rolf Becker füllt eine beinahe peinliche Lücke in der deutschen Hörbuchlandschaft. Als eine kompakte Einführung in Chinas Geschichte und Kultur ist es gut geeignet. Das 20. Jahrhundert kommt leider zu kurz. Hoffentlich hat der norddeutsche Kleinverlag die Gelegenheit für eine zweite Produktion, die sich ähnlich atmosphärisch gelungen dann der chinesischen Gegenwart widmet.
Oliver Radtke
Antje Hinz
China hören - Das China-Hörbuch
Silberfuchs Verlag
ISBN: 3-9810725-2-9
EUR 20,00
Hörproben und Bestellformular finden Sie auf der Verlagsseite.