Newsletter Juni 2008 Nr. 23
INHALT
"Rational betrachtet gibt es keinen Anlass so fundamental pessimistisch wie früher zu sein."
Professor Herrmann-Pillath ist Ökonom und Sinologe. Seit 2008 hat er eine Professur für Business Economics an der Frankfurt School of Finance & Management inne. Mehrere chinesische Hochschulen wie die Zhejiang Universität, die Renmin Universität und die Nanjing Universität haben ihn auf Lebenszeit zum Gastprofessor ernannt. Seine internationalen Publikationen umfassen unterschiedliche Bereiche wie Evolutionsökonomik, internationalen Handel und Handelspolitik, die Wirtschaft Chinas und der Russischen Föderation sowie den Transfer wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse in Transformationsländer. SHAN sprach mit ihm über die Anwendbarkeit wirtschaftswissenschaftlicher Theorien auf China und die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Reichs der Mitte.
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SHAN-Bewerbungsworkshop
Die perfekte Bewerbung gibt es nicht. Nichtsdestotrotz gibt es jede Menge Tipps und Tricks, um sich ihr anzunähern. Und natürlich Fallen, Fehler und Fettnäpfchen, die man vermeiden kann. Unter dem Motto "Tipps und Tricks für eine erfolgreiche Bewerbung" veranstaltete SHAN am 24. Mai 2008 zum ersten Mal einen Bewerbungsworkshop.
Von Sichuan nach Deutschland und Spanien: Xie Weijin (1900-1978)
Vor 30 Jahren starb der KP-Funktionär Xie Weijin, der in den zwanziger Jahren in Deutschland gearbeitet und in den dreissiger Jahren am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen hatte. Sein - in Berlin geborener - Sohn Han Sen hat vor wenigen Jahren die Autobiographie Ein Chinese mit dem Kontrabass veröffentlicht und damit an die Aktivitäten chinesischer Studenten in Europa erinnert; in den letzten beiden Jahrzehnten sind auch zahlreiche chinesische Artikel über Xie Weijin und andere Chinesen im Spanischen Bürgerkrieg erschienen.
DianMo - Zeitung Leipziger Sinologie-Studenten
DianMo wurde im März 2008 von Studenten der Leipziger Sinologie gegründet. Der Name leitet sich von einem Chengyu ab - "keinen Tropfen Tusche in der Brust haben", was "völlig ungebildet sein" bedeutet. Die Zeitung will sich "mit dem chinesischen Kulturraum in all seinen Facetten auseinandersetzen" und soll zwei Mal im Semester erscheinen.
Veranstaltungskalender
Ringvorlesung im Rahmen der Exzellenzinitiative: "Transculturality - Theories and Explorations"
01.07.08, 19 Uhr, DAI, Sophienstrasse 12, Heidelberg: Prof. Monica Juneja (Atlanta). "Worshipping Siva in the museum. Alterity and the challenges of writing art history in a transcultural frame"
08.07.08, 19 Uhr, DAI, Sophienstrasse 12, Heidelberg: Prof. Gayatri Spivak (New York). "Varieties of Transculture"
15.07.08, 19 Uhr, DAI, Sophienstrasse 12, Heidelberg: Prof. Dipesh Chakrabarty (Chicago). "History and the Idea of the Public Sphere in India."
Buchvorstellung: "Kulturrevolution als Vorbild? Maoismen im deutschsprachigen Raum"
27.06.08, 18 Uhr, Institut für Sinologie, Akademiestraße 4-8, Raum 201, Heidelberg.
Vortragsreihe: Tina Chen (University of Manitoba)
02.07.08, 12-14 Uhr: "Cultures of Militarism and Female Fashion in Mao's China: Rethinking the Body Politics of Socialism"
04.07.08, 18-20 Uhr: "Cashless Economies, Modernity, and Chinese Futures: Thoughts on Cultural Representations of the Disappearance of Paper Money in Socialist and Neoliberal China"
08.07.08, 16-18 Uhr: "Socialist Modernity, Transnational Cinematic Practices, and Traveling Film Technologies: Soviet Film and the Chinese Film Industry in Maoist China"
Die Vorträge finden jeweils in Raum 201 des Instituts für Sinologie, Akademistraße 4-8, Heidelberg statt.
"Rational betrachtet gibt es keinen Anlass so fundamental pessimistisch wie früher zu sein."
Professor Herrmann-Pillath ist Ökonom und Sinologe. Seit 2008 hat er eine Professur für Business Economics an der Frankfurt School of Finance & Management inne. Mehrere chinesische Hochschulen wie die Zhejiang Universität, die Renmin Universität und die Nanjing Universität haben ihn auf Lebenszeit zum Gastprofessor ernannt. Seine internationalen Publikationen umfassen unterschiedliche Bereiche wie Evolutionsökonomik, internationalen Handel und Handelspolitik, die Wirtschaft Chinas und der Russischen Föderation sowie den Transfer wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse in Transformationsländer. SHAN sprach mit ihm über die Anwendbarkeit wirtschaftswissenschaftlicher Theorien auf China und die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Reichs der Mitte.
SHAN: Sie haben zu einer Zeit studiert, in der Sinologie noch ein sehr kleines Fach war und in der noch nicht vorauszusehen war, dass China wirtschaftlich und politisch eine so relevante Rolle spielen würde, wie es das heute tut. Woher rührte ihr Interesse an China, was bewog Sie zu einem Sinologiestudium?
Herrmann-Pillath: Da haben Sie völlig Recht. Damals im Jahr 1977 war es wirklich sehr außergewöhnlich so etwas zu studieren. China war ja noch voll kommunistisch und die ersten Änderungstendenzen hat man hier noch nicht gesehen. Ich habe mich bereits in der Schule, mit 14, 15 Jahren dafür interessiert und damit begonnen, selbst etwas Chinesisch zu lernen. Als ich mit dem Studium begann, haben mir alle davon abgeraten. Um auch etwas zu studieren, mit dem man sein Brot verdienen kann, habe ich dazu noch Volkswirtschaftslehre belegt.
Sie sind nicht nur ausgebildeter Sinologe, sondern auch Professor für Wirtschaft. Haben westliche ökonomische Modelle angesichts der kulturellen und systemischen Besonderheiten Chinas überhaupt Aussagekraft, und welche Zuverlässigkeit besitzen sie?
Wirtschaftswissenschaftliche Theorien besitzen entgegen der allgemeinen Annahme Schnittstellen, an denen historische und kulturelle Dinge miteinbezogen werden können – diese Möglichkeiten werden nur nicht genutzt. Orthodoxe Wirtschaftswissenschaftler wollten kulturelle Faktoren nicht anerkennen. Das hat sich in den letzten Jahren zum Glück geändert, dennoch treffen viele ökonomische Modelle nicht immer zu, das sehen wir beispielsweise an der Asienkrise in den neunziger Jahren. Zu oft wird versucht, ein generalisiertes Modell anwenden zu wollen. Wirtschaftswissenschaftliche Theorien sind eben sehr abstrakt.
Heute gibt es viele Studiengänge, die Wirtschaftswissenschaft und Chinakompetenz miteinander kombinieren, es gibt auch die Moderne Sinologie. Würden Sie heute dennoch wieder Klassische Sinologie studieren wollen?
Nein, für die Karriere machen die heutigen kombinierten Studiengänge mit Wirtschaft mehr Sinn – es sei denn, man interessiert sich wirklich für die klassischen Dinge.
Der Sinologie wird manchmal vorgeworfen, sie sei methodenresistent. Aus Sicht vieler Sinologen sind dagegen die Sozialwissenschaften wie etwa Politik- und Wirtschaftswissenschaften ignorant gegenüber den besonderen kulturellen, historischen und ideengeschichtlichen Eigenschaften asiatischer Gesellschaften. Inwiefern sind diese Vorwürfe berechtigt?
Diese Vorwürfe kenne ich gut, weil sie mir auch begegnet sind. Dazu kann ich nur sagen, dass es sehr wünschenswert wäre, beide Sichtweisen zu akzeptieren.Die These einer besonderen China-Wirtschaftswissenschaft würde ich nicht für sinnvoll halten. Vielmehr müssen sich die Disziplinen einander öffnen. Vor allen Dingen sollten Ökonomen nicht versuchen, sich als Königsdisziplin darzustellen. Es gibt viele Dinge, die in Daten nicht erfasst werden, auch wenn man versucht, die Datenerhebung zu verbessern. Die Ökonomen sehen ihre Probleme nur in Bereichen für die sie Daten haben, das ist methodisch ganz gefährlich. Meiner Meinung nach müsste man den Schritt machen, auch andere Fakten als Daten anzuerkennen, wie die der Geisteswissenschaften.
In den letzten Monaten wurden erneut Ängste vor einer Rezession in Asien und auch China laut, gerade vor einigen Tagen stürzte die Börse in Shanghai um 8 Prozentpunkte ab. Wie berechtigt sind solche Ängste? Wird sich das Wirtschaftswachstum Chinas weiterhin auf hohem Niveau fortsetzen?
Die Börse in China ist quantitativ gesehen noch sehr klein, zudem ist sie global kaum vernetzt. Das ist auch eine Frage der Wahrnehmung, denn in Wirklichkeit hat in China derzeit solch ein Kursrutsch kaum Auswirkungen auf die reale Entwicklung. Dennoch sollte man nie Prognosen machen, da sich vieles auch ganz anders entwickeln kann. Ausgehend von den etablierten Theorien hat man, speziell um die Zeit um das Jahr 1990, immer gedacht, es dauere noch zwei oder drei Jahre bis alles kollabiert. Das war eine weit verbreitete Meinung, die allerdings nicht so eingetreten ist.
Mittlerweile sehe ich die Entwicklung sehr optimistisch, denn es gibt Gründe, die dafür sprechen: In den nächsten 10 Jahren wird China seine Infrastruktur verstärkt ausbauen. Außerdem wird massiv in die Ausbildung investiert. Wenn man diese Dinge zusammen nimmt, wird verständlich, warum viele Experten sagen, dass in den nächsten 2 Jahrzehnten ein Wirtschaftswachstum von 8 bis 10 Prozent durchhaltbar sein wird. Diese Prognosen können zwar falsch sein, aber rational betrachtet gibt es keinen Anlass so fundamental pessimistisch wie früher zu sein.
Trotz dieser Entwicklung ist die Angste groß, dass Chinas Wirtschaft in die Brüche gehen könnte, schließlich gibt es auch viele Probleme in China. Inwieweit ist die Berichterstattung hier verzerrt?
Viele Journalisten machen eine gute Arbeit, dennoch werden sie durch ihren Beruf dazu gezwungen, über Dinge zu berichten, die auffällig sind. Sie berichten sozusagen nicht über das Durchschnittliche, sondern eher über Negatives, oder Exotisches, das die Menschen bewegt und anspricht. Dadurch kann Polarisierung entstehen, die eigentlich nicht nötig ist.
Welche Bedeutung hat die Produktpiraterie und wie sehen Sie hierbei die Entwicklungen für die Zukunft?
Durch die verbesserte Ausbildung wird China immer kreativer und innovativer. Für den Volkswirt ist nur wirklich wichtig zu sehen, das China in dieser Hinsicht auf aktuellem Stand ist. Betrügerische Aktionen müssen wir hinnehmen, aber auch dagegen vorgehen. Es darf einem aber nicht den Blick versperren, denn auch in anderen Bereichen gibt es eine ungeheurere Dynamik. So sehen das auch die Firmen, die ihre Forschung und Entwicklung nach China transferieren und keine Sorgen haben, dass irgendetwas gestohlen wird, wobei wir wieder beim Thema Presse wären: Betont man einen Aspekt aufgrund dieser verzerrten Wahrnehmung, übersieht man, was eigentlich viel wichtiger ist.
Als wie stark schätzen Sie die Auswirkungen des tragischen Erdbebens in Sichuan auf die wirtschaftliche Entwicklung Chinas ein?
Das Erdbeben könnte insgesamt positive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, da der Aufbau die Wirtschaft belebt, auch wenn das jetzt ungeheuer zynisch klingt. Sichuans wirtschaftliche Schwerpunkte, nämlich Bildung und Tourismus, müssen jetzt wieder aufgebaut und belebt werden. Ich denke, dass sich da ganz viele Unternehmer Gedanken machen werden. Es wäre gut, wenn jetzt nach der Hilfe auch die internationale Zusammenarbeit mit bedacht würde und man vielleicht das ein oder andere Kooperationsprojekt, das man woanders hat, auch in Sichuan machen könnte, wie zum Beispiel im Bildungsbereich.
China sollte Deutschland 2008 als Exportweltmeister überholen, nun scheint das nicht mehr sicher. Wann wird das kommen und ist dies für uns überhaupt ökonomisch relevant?
Ich muss sagen, dass solche Hitlisten und Weltmeisterlisten für einen Ökonomen völlig uninteressant sind. Man muss genau hinschauen, inwieweit diese Weltmeisterrolle überhaupt wünschenswert ist. So kann Deutschland beispielsweise die Solarenergie hochgradig staatlich subventionieren und dann Exportweltmeister in dieser Branche werden, aber für einen Volkswirt ist das nicht unbedingt wünschenswert. Wirklich wichtig ist die Strukturdynamik und das, was dahinter steckt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führten Christel Kemnitz und Benjamin Kemmler.
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SHAN-Bewerbungsworkshop am 24.05.2008
Die perfekte Bewerbung gibt es nicht. Nichtsdestotrotz gibt es jede Menge Tipps und Tricks, um sich ihr anzunähern. Und natürlich Fallen, Fehler und Fettnäpfchen, die man vermeiden kann. Unter dem Motto "Tipps und Tricks für eine erfolgreiche Bewerbung" veranstaltete SHAN am 24. Mai 2008 von 9 bis 17 Uhr zum ersten Mal einen Bewerbungsworkshop.
In mehreren Blöcken stellten die Referentinnen Ulrike Rott (Senior Market Managerin bei der Telekom) und Ulrike Steinbrenner (ehemalige Personalreferentin) der buntgemischten Gruppe Schritt für Schritt den Weg zu einer erfolgreichen Bewerbung vor. Thematisiert wurden unter anderem Strategien einer Selbstanalyse, wichtige Jobbörsen, Do’s und Dont’s im Bewerbungsschreiben und alles rund ums Bewerbungsgespräch – vom Dresscode bis hin zu unangenehmen und unerlaubten Fragen.
Teile des Materials wurden in Gruppen erarbeitet und danach im Plenum vorgestellt und diskutiert. Im Anschluss an den Workshop nutzten mehrere der Bewerber noch die Möglichkeit, ihre eigene Bewerbungsmappe mit den Referentinnen durchzugehen.
Fazit: Der Workshop hat sich gelohnt und wir sind der perfekten Bewerbung ein ganzes Stückchen näher gekommen.
Mareike Ohlberg
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Von Sichuan nach Deutschland und Spanien: Xie Weijin (1900-1978)
Vor 30 Jahren starb der KP-Funktionär Xie Weijin, der in den zwanziger Jahren in Deutschland gearbeitet und in den dreissiger Jahren am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen hatte. Sein – in Berlin geborener – Sohn Han Sen hat vor wenigen Jahren die Autobiographie Ein Chinese mit dem Kontrabass veröffentlicht und damit an die Aktivitäten chinesischer Studenten in Europa erinnert; in den letzten beiden Jahrzehnten sind auch zahlreiche chinesische Artikel über Xie Weijin und andere Chinesen im Spanischen Bürgerkrieg erschienen.
Xie Weijin stammte wie Ba Jin, Chen Yi, Deng Xiaoping, Hu Lanqi, Wang Guangqi, Zhu De und viele andere Auslandsstudenten der zwanziger Jahre aus der Provinz Sichuan. Sein zweiter Name, den er später auch in Deutschland benutzte, war Xie Yongchang, in westlichen Dokumenten taucht er oft abgekürzt als Y.S. Hsieh auf; in Spanien hiess er Ling Ching-siu. Sein Vater, der aus einer verarmten Großgrundbesitzerfamilie stammte, arbeitete als Photograph, Uhrmacher und Lehrer; er war 1911 an den Protestaktionen gegen die Mandschudynastie beteiligt gewesen, die zur Gründung der Republik China führten. 1916 ging Xie Weijin nach Shanghai, um eine Mittelschule zu besuchen. Er interessierte sich schon früh für Fremdsprachen und internationale Politik und verfolgte aufmerksam die Nachrichten von der russischen Revolution. 1919 beteiligte er sich an den Demonstrationen der "4. Mai Bewegung".
Studium
Im Herbst 1919 reiste Xie Weijin zusammen mit über hundert anderen Studenten von Shanghai nach Frankreich. Aufgrund seiner guten Englischkenntnisse beschloss er jedoch nach England weiter zu reisen. Von 1920 bis 1923 besuchte er eine nordenglische Militärschule. Er interessierte sich besonders für die englische Arbeiterbewegung und besuchte einige Bergwerke in Yorkshire. Ab Frühjahr 1923 studierte Xie Weijin an der Universität Göttingen Mathematik, später auch Politik und Recht. Dort gab es eine kleine Gruppe chinesischer Kommunisten, darunter der spätere Armeeführer Zhu De. 1925 trat Xie dem Kommunistischen Jugendverband, 1926 der KP bei. Im gleichen Jahr wurde er – der chinesischen Einheitsfrontpolitik folgend – außerdem Mitglied der Kuomintang (KMT). Aus dieser Zeit stammt ein Photo von Xie mit dem KPD-Chef Thälmann.
Im Februar 1927 nahm Xie – mit Liao Huanxing – in Brüssel am internationalen Kongreß gegen koloniale Unterdrückung und Imperialismus teil. Im Protokoll wurde der Delegierte Y.S. Hsieh als Vertreter der Kuomintang bezeichnet – die KP-Mitgliedschaft blieb unerwähnt. Während Liao Huanxing ein überzeugter Vertreter der "rechten" Einheitsfrontpolitik war und deswegen nach der Radikalisierung der Kominternpolitik 1928 abgesetzt wurde, gehörte Xie wohl schon früh zu den "Linken" und profitierte von dem Richtungswechsel. Von 1928 bis 1933 arbeitete Xie in Berlin für verschiedene Kominterninstitutionen und Zeitschriften, darunter Inprekorr, die Internationale Pressekorrespondenz.
Propagandaarbeit
In Berlin lernte Xie Weijin auch Egon Erwin Kisch (1885-1948) und Otto Heller (1897-1945) kennen – beide tschechische Kommunisten, die in Deutschland wohnten und mit dem KPD-Reichstagsabgeordneten und Medienunternehmer Willi Münzenberg (1889-1940) zusammenarbeiteten. Als 1931-32 der chinesisch-japanische Konflikt eskalierte und die sowjetische Führung einen japanischen Angriff auf die Sowjetunion befürchtete, wurde eine internationale anti-japanische Pressekampagne gestartet. Xie berichtete später, daß in dieser Situation im Frühjahr 1932 Heller nach Nordostchina und Kisch nach Shanghai geschickt wurden. Im Mai 1932 traf Kisch in Shanghai unter anderem Agnes Smedley, die mit der Komintern und der Internationalen Arbeiterhilfe zusammenarbeitete, sowie Richard Sorge und Ruth Werner, die für einen sowjetischen Spionagering tätig waren. Am Ende des gleichen Jahres veröffentlichten verschiedene Verlage des Münzenbergkonzerns Hellers Buch Wladiwostok und Kischs China geheim. 1933 flohen Kisch, Heller, Münzenberg und Xie Weijin aus Deutschland.
Bürgerkrieg
In den folgenden drei Jahren setzte Xie Weijin seine Tätigkeit für die Komintern in Österreich und in der Schweiz fort. Er lernte die rumänische Ärztin Anna Kapeller kennen. 1936 gingen beide nach Spanien, um am Bürgerkrieg teilzunehmen. Dort trafen bald auch Egon Erwin Kisch und dessen jüngerer Bruder, der Arzt Bedrich Kisch (1894-1968, ein. Nach der Niederlage in Spanien gingen Bedrich Kisch und zahlreiche andere linke Ärzte nach China. Der bekannteste war Norman Bethune, der nach seinen frühen Tod (1939) weltberühmt wurde.
Heimkehr
Xie Weijin kehrte 1940 – nach mehr als zwanzigjähriger Abwesenheit – nach China zurück. Er reiste mit seiner Frau und einigen Ärzten auf dem Seeweg über Indien nach Hanoi und von dort über Land nach Chongqing. Aufgrund seiner Fremdsprachenkenntnisse und der Tatsache, daß er in China nicht als Kommunist bekannt war, konnte er in der damaligen KMT-Hauptstadt Chongqing unauffällig für die KP arbeiten und traf zahlreiche Ausländer; Xie unterhielt gleichzeitig geheime Kontakte zum dortigen KP-Vertreter Zhou Enlai, den er schon aus Deutschland kannte. Seine Frau Anna eröffnete in Chongqing eine Praxis.
Nach der Gründung der Volksrepublik arbeitete Xie zeitweilig als Politkommissar bei der Luftwaffe und hatte den Rang eines stellvertretenden Ministers. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands soll er schon 1965 pensioniert worden sein und starb 1978.
Xie Weijins Leben und Parteilaufbahn ist in vieler Hinsicht ungewöhnlich; kaum ein anderer chinesischer Kommunist war so lange ununterbrochen im Ausland. Im Gegensatz zu anderen Parteifunktionären war er jedoch nie länger in der Sowjetunion. Da er erst in Europa Parteimitglied geworden war, hatte er aber auch nie eine führende Position in der KP-Hierarchie, was einen weiteren Aufstieg erschwerte.
Die wichtigste biographische Quelle ist sein schon 1953 verfaßter Lebenslauf, daher gibt es über das letzte Vierteljahrhundert seines Lebens kaum Informationen. Xie Weijins Name taucht in den gängigen Nachschlagewerken nicht auf. Im Zusammenhang mit der Erforschung der frühen europäischen Aktivitäten von Deng Xiaoping, Zhou Enlai und Zhu De wurde Xie Weijin schließlich in den achtziger Jahren "wiederentdeckt".
Literatur:
Otto Heller: Das Geheimnis der Mandschurei, Berlin, 1932.
Otto Heller: Wladiwostok!, Berlin 1932.
Egon Erwin Kisch: China geheim, Berlin, 1932.
Arno Lustiger: Schalom Libertad – Juden im spanischen Bürgerkrieg, Frankfurt, 1989.
Thomas Kampen: Deutsche und österreichische Kommunisten im revolutionären China, Jahrbuch für historische Kommunismusforschung, 1997, S. 88-104.
Han Sen: Ein Chinese mit dem Kontrabass, München, 2001.
Dr. Thomas Kampen
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DianMo – Zeitung Leipziger Sinologie-Studenten
DianMo wurde im März 2008 von Studenten der Leipziger Sinologie gegründet. Der Name leitet sich von dem Chengyu 胸無點墨 xiong wu dian mo ab – "keinen Tropfen Tusche in der Brust haben", was "völlig ungebildet sein" bedeutet. Die Zeitung will sich "mit dem chinesischen Kulturraum in all seinen Facetten auseinandersetzen" und soll zwei Mal im Semester erscheinen. Publiziert werden sowohl Beiträge von Wissenschaftlern als auch von Studenten und Ehemaligen.
Die erste Ausgabe der Zeitung vom April 2008 hält auf gut 20 Seiten, was sie verspricht: Wissenschaftliche Artikel, Rezensionen, Hintergrundwissen über China und die chinesische Sprache sowie persönliche Anekdoten – alles ist mit dabei. Sie beginnt mit einem Vergleich deutscher und chinesischer Witze, danach folgen Erlebnisberichte über Reisen, Praktika und Werdegänge, ein Interview zu zu aktuellen Entwicklungen in China im Vorfeld der Olympischen Spiele, Vorstellung neuer und Verabschiedung alter Institutsmitglieder, aktuelle Veranstaltungen mit Chinabezug und natürlich allerlei zur chinesischen Kultur: vom Schattentheater, Chengyu und dem Drachenbootfest bis hin zu angesagten chinesischen Rockbands. Auch das ansprechende Layout vermag zu überzeugen.
Nicht jeder Artikel ist für Nicht-Leipziger Sinologen relevant, aber für jeden ist etwas Interessantes dabei und wir können uns auf die nächste Ausgabe freuen, die noch im Juni erscheinen soll.
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